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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Endlich ein Umschwung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0032
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Endlich ein Umschwung.

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den Feste der Akademiker in München), ist
bei uns kein Mangel. Gebt dieser Kraft die
Mittel und Wege zur Aeus-
serung, schafft ihr Werk-
stätten, wo sie neben
dem eingehendsten künst-
lerischen Studium die tech-
nische Bezwingung des
Stoffes lernen kann, gründet
etwas wie handwerkliche
Akademien, ähnlich der
Schule des k. k. österr.
Museums für Kunst und
Industrie in Wien, dann
wird eine Generation er-
wachsen die in seltsamem
Kontraste zum Durch-
schnittskünstler von heute
steht. Schliessc man dabei
die Kenntniss mustergiltiger

werdenden Künstler vor allem durch die Er-
kenntniss der Natur, nicht durch Auswendig-

alter Arbeit keineswegs
aus, aber verbinde damit
keine Musterreiterei. Lasse
man die Ornamente anderer
Epochen studiren, aber
schaffe man daneben Gärten,
Aquarien, Terrarien, wo
die lebende Natur immer
wieder die einzig unaus-
löschliche Anregung bildet.
Lasse man alte Muster aller
Art auf ihre künstlerische
Wirkung, auf die Zusam-
menstellung der Farben und
deren Vertheilung in der
zu behandelnden Fläche hin
studiren, weise man aber
gleichzeitig an natürlichen
Erscheinungen die Ableit-
ung nach. Lasse man vor
Allem der unerbittlichen
Logik der natürlichen Formenentwickelung
ihr Recht zukommen und verweise man darauf
immer wieder unter Hinweis auf die stylistisch
besten Artefacte, dann wird der Weg zu ver-
nünftigem itml schönem Schaffen geebnet. Was
am lebenden Organismus Gesetz ist, gilt auch
für das Kunstwerk. Seine erste Existenz-
Bedingung sei organisches Wesen, durchdachte
Entwickelung, nicht Phrase. Lehre man den

Kachelofen mit gelber Glasur.

Münchener Ausstellung 1897.

Von J. F. P. HAUSLEITER in Nürnberg-München.

lernen der Gedanken Anderer, denken und
verwerfe man den leicht erzielten Ausdruck
oberflächlich malerischer Erscheinung. Lasse
man Akte, Thiere, Pflanzen auf ihren archi-
tektonischen Grundgedanken hin studiren ebenso
wie auf die plastische und farbige Erscheinung,
stelle man aber auch, die solches treiben, an
den Ambos, an den Webstuhl, an die Drehscheibe,
den Brennofen und die Hobelbank! Stoff-
 
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