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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Schliepmann, Hans: Nationale Kunst - nothwendige Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0059
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Nationale Kunst — nothwendige Kunst.

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Nun, wir können es hervorbringen. Die
Kräfte sind vorhanden, daran ist nicht zu
zweifeln. Aber Publikum
und Fabrikanten müssen
sie beschäftigen; alle
Einsichtigen müssen auf
die Erziehung zur
Kunstfreude hinwirken,
eine Erziehung von
unten herauf, von der
nothwendigen Kunst
tortschreitend zur höchs-
ten; hinwirken auf die
Verachtung des ,Luxus'-
Bedürfnisses einer Mode-
kunst und auf die An-
erkennung des Seelen-
bedürfnisses einer ech-
ten , unser eigenstes
Innenleben aussprechen-
den Kunst, womöglich
einer Anerkennung von
.S'/rtff&wegen. Denn im
letzten Sinne hat der
Staat ein höchstes In-
teresse an der Kunst-
pflege. Ist doch die Kunst
die eigentliche »Bezäh-
merin wilder Sitten, die
dem Menschen den
Menschen gesellt«. Wäre
doch die Leitung und
Befriedigung des Freude-
bedürfnisses der Menge
die beste Abwehr aller
gährenden Unzufrieden-
heit, ganz abgesehen
davon, dass der Staat
ohne Kunstpflege nur
wie ein proletarischer

Hausvater erscheint, der nur materielle Bedürf-
nisse, nüchterne Daseinsbefriedigung kennt und
auf Kultur keinen Anspruch macht.

Die Mehrkosten für wirkliche Kunstpflege:
für jährliche Prä/niiruug trefflicher kunst-
gewerblicher Leistungen, für Ausschreibung
von Wettbewerben zur künstlerischen Lösung
von Aufgaben des täglichen Bedürfnisses, die
Unterstützung volksthümlicher Kunstver-
öffentlichungen, die Beschaffung reichsten

Auschauungsmaterialesfür Schulen, die Ver-
anstaltung von kleinen rcanderuden Aus-

»Silber'distefa, Füllung f. Flackschnitzerei.

Entw. OSK. SCHWINDRAZHEIM-Hunburg.

Stellungen mustergültiger Lirzeugnisse in
harmonischen Innenräumen bei freiem
Eintritt und verständnissvoller (mündlicher
oder gedruckter) Führung, die Ausschmück-
ung unserer öffentlichen Gebäude und Plätze,
die Begünstigimg künstlerisch geleiteter
Volksfeste, — — die Mehrkosten für diese
und manche anderen, einem Kulturstaatc von
Rechtswegen obliegenden Aufgaben würden
zum Thcil schon am Polizei-Etat gespart
 
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