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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Atelier-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0065
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A telier-Nachrichten.

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anerkannter glänzender, selbständiger und über-
aus vielseitiger Begabung. Vor vielen Gleich-
strebenden ist er ausgezeichnet durch streng
konstruktives, einfaches und praktisches Denken.
Er ist geboren im Jahre 1863 zu Kilchberg
am Züricher See. Er fand den ersten Schul-
unterricht in Sainte Barbe aux champs zu Paris,
entwickelte sich sodann durch die von seiner
Mutter geleitete, fast durchaus autodidaktische
Weiter-Bildung zu einem Jünglinge von ausser-
gewöhnlich verfeinertem Empfinden, von leiden-
schaftlichem Begehren nach Eigenart und tiefstem
Verständnisse für die Natur. Er studirte die
Naturwissenschaften zu Heidelberg. Hier be-
schäftigte sich seine Phantasie schon mit selt-
samen Gestaltungen, denen Formen des Thier-
und Pflanzenreiches zu Grunde lagen. Mit
25 Jahren ging er als Schüler an die Karls-
ruher Kunstgewerbeschule. Aber bald flüchtete
er in die Einsamkeit zurück und entwarf
keramische Arbeiten, welche in Bürgel von den
Töpfern auf Veranlassung des Grossherzogs
von Sachsen-Weimar ausgeführt wurden. Dann
begab er sich nach Paris, um Bildhauer zu

werden. Ein Brunnen, sowie Porträt-Büsten
zeugen heute von seiner Beanlagung auch für
diese Kunst. — In Florenz gründete er dann
in Gemeinschaft mit Bertha Rucket ein Atelier
für Kunststickerei, welches im Jahre 1894 nach
München verlegt wurde.

In den Kreisen der Kunstfreunde wurde
Obrist zuerst bekannt durch die Publikation
seiner Stickereien im »Pan« (I. 5. 1896), wo
Georg Fuchs und W. Bode seine Bedeutung
für das moderne deutsche Kunstgewerbe dar-
legten. Eine seiner grossartigsten Schöpfungen,
der »blühende Baum«, eine Wanddekoration
von 4 m Höhe, befindet sich im Kunstgewerbe-
Museum zu Berlin. Sonder-Ausstellungen, welche
der Künstler in München, Berlin und London
veranstaltete, hoben ihn schnell zu führender
Stellung und hohem Ansehen im Reiche der
angewandten Kunst empor. Wir werden nicht
unterlassen in nächster Zeit in einem dem
Schaffen Obrists besonders gewidmeten Hefte,
das zahlreiche Abbildungen seiner ausgeführten
Arbeiten enthalten wird, seine Thätigkeit
nach jeder Seite eingehend zu beleuchten.

Büffet für ein Speisezimmer.

Entwurf L. HOHLWEIN ; Ausführung A. PÖSSENBACHER, Hof-Möbelfabrik, Münch«
 
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