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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Schmid, Maximilian: Ueber deutsche Plakat-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0086
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lieber Deutsche Plakat-Kunst.

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Ausbildung des Plakatwesens fehlte. Dem
echten Bildungsphilister waren solche das
Strassenbild belebenden bunten Papiere ein
Greuel. Der Polizei gleichfalls. Sogar die
Kirche opponirte. Jüngst haben die evan-
gelischen Kirchenvorstände von Nürnberg
beschlossen, beim Magistrat Massregeln gegen
die unsittlichen »und unschönen« Plakate zu

Druck: meisen bach, riffabth & co.—berlin.

erwirken. Was unter »unschön« von diesen
Herren verstanden wird, wissen wir schon.
Natürlich vor Allem die »Modernen«. Man
blieb und bleibt also im Wesentlichen auf
das Innenplakat beschränkt, d. h. auf An-
kündigungen in öffentlichen Wirthschaften,
in Schaufenstern etc. Im besten Falle wurde
hier ein buntes Bild durch Beifügung der
Aufschrift zum Plakat umgewandelt. Süss-
liche puppenartige Figuren oder nüchterne
Abbildungen des zu empfehlenden Gegen-
standes waren die Regel. Bei Fabrikaten
war eine Darstellung der betreffenden Fabrik
aus der Vogelperspektive, aber meist in
haarsträubender Perspektive, beliebt. Gerade
dies Beispiel zeigt, wie gedankenlos man bei
der Wahl des Bildes verfuhr, da solche An-
sichten wohl der Eitelkeit des Fabrikanten

schmeichelten, aber doch nur in den seltensten
Fällen einen Vorübergehenden festhielten oder
gar zum Kaufe veranlassen konnten. Von
künstlerischer Wirkung war dabei überhaupt
nicht die Rede. Da empfindet man es schon
wohlthuend, wenn grössere Unternehmer
ihren Ankündigungen einen künstlerischen
Anstrich geben. So die deutschen Dampf-
schiffahrts-Ge-
sellschaften,
die für ihre
Plakate eine
Folge von
See-Stücken
anfertigen Ii es-
sen in immer
grösseren Di-
mensionen u.
immer wir-
kungsvolleren
Bildern. Unter
den neueren
Arbeiten die-
ser Gattung
befinden sich

prachtvolle
Farbendrucke
nach Origina-
len des Marine-
malers Hans
Entw.: fr. wiese—Berlin. Bohr dt, von

der Firma

Mühlmeister & Johler in Hamburg gefertigt.
Auch die grossen Brauereien streben Aehn-
liches an. F. Barth entwirft für Jos. Sedlmayr,
für Gabriel Sedlmayr und die Kulmbacher
Brauerei Plakate unter Benutzung deutscher
Renaissanceformen, die als Innenplakate
ganz wirksam sind. Das Beste lieferte hierin
die Tucher'sche Brauerei, deren Mohrenkopf,
gross und charakteristisch umrahmt, trotz
seiner trüben Farben überall wirkt.

Die grösste Bedeutung hatten aber die
Ausstellungsplakate. In Süddeutschland be-
sonders sucht man dieselben als alte Per-
gamente im Stile der herrschend gewordenen
deutschen Renaissance zu entwickeln, wie
das schöne Plakat von R. Seitz für die
Münchener Kunstgewerbe-Ausstellung von
1888, das Nürnberger Plakat von 1891 von
 
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