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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 1.1897-1898

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Habich, Georg: Über deutsche Medaillen und Plaketten
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https://doi.org/10.11588/diglit.6384#0156
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Deutsche Medaillen und Plaketten.

das Selbstvertrauen und weniger gefährlich,
sich in äusserliche Nachahmung zu verlieren,
wird es sein, sich die grosse Vergangenheit

JA

Kuustvcrglasung.

k. engelbrecht—hamburg.

der deutschen Stempelschneidekunst zu ver-
gegenwärtigen. Die künstlerischen Schätze,
die in den wohlgehüteten Truhen einiger
weniger Sammler von auserlesenem Ge-
schmack oder in den Gewölben der staat-
lichen Münzen- und Medaillen - Kabinette
ruhen, sind selbst Fachleuten kaum genügend
bekannt. Und doch sind es köstliche Klei-
nodien eines feinen, karaktervollen und über-
aus fruchtbaren Kunstbetriebs, der im 16. und
17. Jahrhundert vor allem in den beiden
Reichsstädten Nürnberg und Augsburg in
höchster Blüthe stand. Eine gutbürgerliche
Kunst, der nicht nur glänzende Patrizier-
familien , wie die
Welser oder Fug-
ger, ihre Gunst be-
zeugten; nein, die
Namen der Persön-
lichkeiten , deren
biederes Aeussere
uns diese kleinen
Monumente auf-
bewahren, sind zu-
meist längst ver-
schollen. Allein ihr
Wesen ist lebendig
erhalten in diesen
kleinen Karakter-
köpfen voll Geist
und Leben, und
die Kernsprüche,
di e man nicht selten
dabei liest, geben Zeugniss von der tüchtigen,
meist sehr realen Lebensanschauung jener
ehrenfesten Männer und ihrer ehrsamen

Kunstverglasung.

Entw. : h. christiansen-paris.
Alisf. : k. engelbrecht.hamburg

Hausfrauen bis auf diesen Tag. Kaufleute
und Handwerker, Gelehrte und Künstler
hat die Stempelschneidekunst der Renais-
sance im Bilde erhalten. Fürsten, die ihr
Bild zum Zwecke von Auszeichnungen und
Geschenken in Erz schneiden liessen, auch
nicht zu vergessen die Würdenträger der
Kirche, die nur selten unterliessen, ihr meist
sehr beträchtliches sterbliches Theil durch
geschickte Stempelschneiderhände der Mit-
und Nachwelt im Abbild zu überliefern, und
manche andere, weniger hochgestellte, trink-
und streitbare Herren haben ihr würdiges
Konterfei in ed-
lem oder uu- j ■ \ ~j"~ V
edlem Metalle
ausprägen las-
sen. Es ist eine
Welt von unge-
ahntem Reich-
thum der (Ge-
stalten und von
einer über-
raschenden
Mannigfaltig-
keit in Auf-
fassung- und
Darstellung des
Menschen. Es

fehlt ihr an

Kri nsh't'rglasu Hg.

Entw.: h. christiansen-paris.

Grossartigkeit Ausf.: K;Engelbrecht-hambukg.
so wenig wie an

Schalkhaftigkeit; die Regel aber ist strenge
Sachlichkeit. Und sollte für den modernen
Künstler etwas nachahmenswerth sein, so
wäre es die Schlichtheit, diese strenge Wahr-
haftigkeit in Auffassung und Wiedergabe
des Persönlichen. Mit dem Niedergang des
deutschen Bürgerthums in und nach dem
dreissigjährigen Kriege geht der Verfall der
deutschen Privatmedaille Hand in Hand. Die
Kunst zieht sich an die Fürstenhöfe und
neben anderen Hofkünstlern bildet sich der
Stand der Hofmedailleure heraus. Früher
hatte jeder Kunstbeflissene, ob Maler, Bild-
hauer, Kupferstecher oder Goldschmied, sich
in der Technik des Stempelschneidens oder
wenigstens im Bossieren von Porträts in
Wachs geübt, und die grosse Kunst, in der
er heimisch war, hatte befruchtend und be-
 
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