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Melchior Lechter.
alle springenden Brunnen« (»Nachtlied«
Nietzsche's) und ein anderes: »Auf goldenen
Füssen qualmen Harz und Santel«. Ferner
das anmuthige Dielen - Fenster mit dem
» Schattenland.«
Hausspruche: »Nur Der verdient sich Frei-
heit wie das Leben, der täglich sie erobern
muss« ; und dem thematischen Verse: »Das
Leben ist ein Born der Lust!«
Mit dem»Tristan-Fenster« lenkte Lechter
in neue Bahnen ein. Mit diesem Werke
ist ein Schritt in der Kunst überhaupt weiter
gethan. Ein ungeheuerer, hinreissender Aus-
druck ist mit einfachsten Mitteln gewonnen,
der Künstler selbst drängt
mit überraschender Kraft
durch alle Erinnerungen
und Einflüsse hindurch
zu einem ganz Eigenen
und doch stilistisch Hohen,
wenn auch noch nicht
Höchsten, Reifsten. Das
scheint er mir erst zu
erreichen in dem noch
nicht ausgeführten Karton
»Ritter Keuschheit«..
In seinem Ausstellungs-
Kataloge gab der Künstler
das Thema des »Tristan-
Fensters« also an: »Lei-
dens-Sehnsuchtsmotiv aus
dem Vorspiele zu »Tristan
und Isolde«. Aus den
hinzugefügten Worten
Richard Wagner's heben
wir zur Erläuterung her-
vor: »Ewig neu sich
gebärendes Verlangen,
Schmachten und Dürsten;
— das unersättliche Ver-
langen anschwellend
von dem schüchternen
Bekenntniss der zarten
Hingezogenheit an, bis
zum mächtigsten An-
drang, zur gewaltsamsten
Mühe, den Durchbruch
zu finden, der dem Herzen
den Weg in das Meer
unendlicher Liebeswonne
eröffne. Umsonst! Ohn-
mächtig sinkt das Herz
zurück, in Sehnsucht zu
verschmachten, in Sehn-
sucht ohne Erreichen, da
jedes Erreichen nur neues Sehnen keimen
lässt, bis im letzten Ermatten dem brechen-
den Blicke die Ahnung höchster Wonne des
Erlangens aufdämmert«. Drum führt das
Glasgemälde oben die Inschrift: »Mich sehnen
MELCHIOR LECHTER.
Melchior Lechter.
alle springenden Brunnen« (»Nachtlied«
Nietzsche's) und ein anderes: »Auf goldenen
Füssen qualmen Harz und Santel«. Ferner
das anmuthige Dielen - Fenster mit dem
» Schattenland.«
Hausspruche: »Nur Der verdient sich Frei-
heit wie das Leben, der täglich sie erobern
muss« ; und dem thematischen Verse: »Das
Leben ist ein Born der Lust!«
Mit dem»Tristan-Fenster« lenkte Lechter
in neue Bahnen ein. Mit diesem Werke
ist ein Schritt in der Kunst überhaupt weiter
gethan. Ein ungeheuerer, hinreissender Aus-
druck ist mit einfachsten Mitteln gewonnen,
der Künstler selbst drängt
mit überraschender Kraft
durch alle Erinnerungen
und Einflüsse hindurch
zu einem ganz Eigenen
und doch stilistisch Hohen,
wenn auch noch nicht
Höchsten, Reifsten. Das
scheint er mir erst zu
erreichen in dem noch
nicht ausgeführten Karton
»Ritter Keuschheit«..
In seinem Ausstellungs-
Kataloge gab der Künstler
das Thema des »Tristan-
Fensters« also an: »Lei-
dens-Sehnsuchtsmotiv aus
dem Vorspiele zu »Tristan
und Isolde«. Aus den
hinzugefügten Worten
Richard Wagner's heben
wir zur Erläuterung her-
vor: »Ewig neu sich
gebärendes Verlangen,
Schmachten und Dürsten;
— das unersättliche Ver-
langen anschwellend
von dem schüchternen
Bekenntniss der zarten
Hingezogenheit an, bis
zum mächtigsten An-
drang, zur gewaltsamsten
Mühe, den Durchbruch
zu finden, der dem Herzen
den Weg in das Meer
unendlicher Liebeswonne
eröffne. Umsonst! Ohn-
mächtig sinkt das Herz
zurück, in Sehnsucht zu
verschmachten, in Sehn-
sucht ohne Erreichen, da
jedes Erreichen nur neues Sehnen keimen
lässt, bis im letzten Ermatten dem brechen-
den Blicke die Ahnung höchster Wonne des
Erlangens aufdämmert«. Drum führt das
Glasgemälde oben die Inschrift: »Mich sehnen
MELCHIOR LECHTER.