Bücherschau.
199
romantischen, die noch immer die
Herrschaft bei uns führen möchte. (!)
Derartige Schlüsse zu ziehen ist ja
an sich hoch modern, ob das aber
gerade in der Aufgabe eines solchen
Werkes liegt — bezweifle ich. Um
wie viel abgeklärter, besonnener
und vorsichtiger hat doch Brinck-
mann seine1 Urtheile bisher formu-
lirt. Land und Leute, Wesen, Sitten,
Kunst und Handwerk des Mikado-
Reiches sind uns von scharf beob-
achtenden Reisenden geschildert
worden. Es sei hier nur an Pro-
fessor Rein's grosses Werk über
Japan Seidlitz nennt sonder-
barer Weise dasselbe in seinem
Literatur-Verzeichniss nicht — und
an Aussprüche Exzellenz Brandt's
erinnert, die sich als mit ost-
asiatischen Verhältnissen sehr ver-
traut erweisen. Man muss schon
mit entsprechender Vorschulung an
das Seidlitz'sche Werk herantreten,
um den wirklichen Werth des Werkes
zu erfassen. Bei Seidlitz kann man
sich des Gedankens nicht erwehren,
dass die überaus optimistische
Stimmung der modernen Kunst-
strömung, zu deren Sprechern der
Verfasser an erster Stelle zu nennen
ist, ihm Eingebungen diktirt hat, die schwer-
lich von dem Fluidium der sächsischen Staats-
Kunstschätze inspirirt sein dürften. Es geht
ein stark persönlich-verehrender, auf deutscher
Ausland-Anbetung basirender Zug durch sein
Geschichtswerk, dem Sprach- und Fernrohr
wesentliche Dienste geleistet haben. — Und
trotzdem verdient das Seidlitz'sche Werk,
dass man sich in der That ernstlich mit ihm
beschäftige, denn der Verfasser hatte ein
rapid gewachsenes und etwas überhastetes
Quellenmaterial zu bewältigen, der Schwierig-
keiten in der Beherrschung des japanischen
Idioms in Schreibung und Aussprache-Be-
zeichnung gar nicht zu gedenken. Des
weiteren handelt es sich hier um ein äusserst
bewegliches, leicht zu verzettelndes und auch
im Kunsthandel bereits in hohem Ansehen
stehendes — vergängliches Material, von
Lobende Erwähnuni;
A. MAYER — LÜBECK.
dem der geringste 1 neil in Deutschland selbst,
die überwiegende Menge dagegen im Aus-
lande — Amerika, England, Frankreich -
sich befindet. Dabei überwiegt der private
Besitz den öffentlichen und ist bekanntlich
der erstere viel schwerer zugänglich. Auf
alle Fälle müssen wir daher schon für die
in diesem Werke rein positiv geleistete um-
fangreiche Arbeit dankbar sein, die eben fast
alle bisher gezeitigten Ergebnisse in der Er-
forschung japanischer Kunst übersichtlich
vereinigt. Das Seidlitz'sche Werk wird daher
wieder dazu dienen müssen, der letzte Aus-
gangspunkt für weitere Forschung und
Klärung namentlich in ästhetischer Wertung
zu sein. Was die geschichtliche Forschung
und Festlegung von Werken, Namen und
Daten betrifft, so hoffe ich, dass das Werk
speziell von wirklichen Japan-Gelehrten und
199
romantischen, die noch immer die
Herrschaft bei uns führen möchte. (!)
Derartige Schlüsse zu ziehen ist ja
an sich hoch modern, ob das aber
gerade in der Aufgabe eines solchen
Werkes liegt — bezweifle ich. Um
wie viel abgeklärter, besonnener
und vorsichtiger hat doch Brinck-
mann seine1 Urtheile bisher formu-
lirt. Land und Leute, Wesen, Sitten,
Kunst und Handwerk des Mikado-
Reiches sind uns von scharf beob-
achtenden Reisenden geschildert
worden. Es sei hier nur an Pro-
fessor Rein's grosses Werk über
Japan Seidlitz nennt sonder-
barer Weise dasselbe in seinem
Literatur-Verzeichniss nicht — und
an Aussprüche Exzellenz Brandt's
erinnert, die sich als mit ost-
asiatischen Verhältnissen sehr ver-
traut erweisen. Man muss schon
mit entsprechender Vorschulung an
das Seidlitz'sche Werk herantreten,
um den wirklichen Werth des Werkes
zu erfassen. Bei Seidlitz kann man
sich des Gedankens nicht erwehren,
dass die überaus optimistische
Stimmung der modernen Kunst-
strömung, zu deren Sprechern der
Verfasser an erster Stelle zu nennen
ist, ihm Eingebungen diktirt hat, die schwer-
lich von dem Fluidium der sächsischen Staats-
Kunstschätze inspirirt sein dürften. Es geht
ein stark persönlich-verehrender, auf deutscher
Ausland-Anbetung basirender Zug durch sein
Geschichtswerk, dem Sprach- und Fernrohr
wesentliche Dienste geleistet haben. — Und
trotzdem verdient das Seidlitz'sche Werk,
dass man sich in der That ernstlich mit ihm
beschäftige, denn der Verfasser hatte ein
rapid gewachsenes und etwas überhastetes
Quellenmaterial zu bewältigen, der Schwierig-
keiten in der Beherrschung des japanischen
Idioms in Schreibung und Aussprache-Be-
zeichnung gar nicht zu gedenken. Des
weiteren handelt es sich hier um ein äusserst
bewegliches, leicht zu verzettelndes und auch
im Kunsthandel bereits in hohem Ansehen
stehendes — vergängliches Material, von
Lobende Erwähnuni;
A. MAYER — LÜBECK.
dem der geringste 1 neil in Deutschland selbst,
die überwiegende Menge dagegen im Aus-
lande — Amerika, England, Frankreich -
sich befindet. Dabei überwiegt der private
Besitz den öffentlichen und ist bekanntlich
der erstere viel schwerer zugänglich. Auf
alle Fälle müssen wir daher schon für die
in diesem Werke rein positiv geleistete um-
fangreiche Arbeit dankbar sein, die eben fast
alle bisher gezeitigten Ergebnisse in der Er-
forschung japanischer Kunst übersichtlich
vereinigt. Das Seidlitz'sche Werk wird daher
wieder dazu dienen müssen, der letzte Aus-
gangspunkt für weitere Forschung und
Klärung namentlich in ästhetischer Wertung
zu sein. Was die geschichtliche Forschung
und Festlegung von Werken, Namen und
Daten betrifft, so hoffe ich, dass das Werk
speziell von wirklichen Japan-Gelehrten und