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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Schulz, Fritz Traugott: Die Wiener in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0146

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Die Wiener in Nürnberg.

es zu bedauern, daß so viel gesunde Beobach-
tungsgabe massenweise hier vergeudet wurde.
Weit mehr befriedigt seine Studie „Neumarkt
in Steiermark", ein Bild, gleich reizvoll in Farbe
und Bewegung, von einem Glanz und Schmelz,
der lebhaft an die alten Niederländer, etwa
an einen PieterBreughel, erinnert (Abb.S. 128).
A. O. Alexander zeigt mit seinem „Winter-
motiv aus Agram ", wie selbst der gegenständlich
bescheidenste Winkel, künstlerisch richtig
erfaßt, zur typischen Bedeutung gesteigert
werden kann. Unter den Arbeiten August
Roths ragen seine „Versuchung" und sein
„Markt" hervor, erstere durch die neuartige,
wenn auch nicht allzu kraftvolle Auffassung
des an sich schon alten Vorwurfs, letzterer
durch die vortrefflich geratene farbige Wieder-
gabe des geschäftigen Markttreibens. Beach-
tung verdient, wie Roth Traum und Erscheinung
einerseits durch gleichmäßige kalte Töne,
anderseits durch einen mosaikartig bunt behan-
delten Untergrund zu kontrastieren gewußt hat.
Adolf Groß hat in seinem „Buchenwald" die
feinen Farbennuancen von Baum und Strauch,
von Wiese und Felsgestein überzeugend ge-
troffen, während Otto Barth in seinem
Winterbild das Dunstige, Schwere, Schmutzige
und Feuchte in der Luft, die wie ein Schleier-
gewebe über der Landschaft lastet, in selten
vollendeter Art herausgebracht hat. Fe r d i n a n d
Michls „Dresdner Hofoper" ist ein beachtens-
werter Versuch, der gedämpften künstlichen
Beleuchtung in ihrem mannigfachen Wandel
nachzugehen. D er Präsident der Gruppe Alfred
K e 11 e r ist mit drei Bildchen vertreten, von denen
ich wegen seiner Frische den Grinzinger Kirchen-
platz hervorheben möchte. Franz Barwig
weiss in seinen Kleinbronzen den Charakter der
Tiere, das Wesentliche der Bewegung und Form-
gebung überzeugend wiederzugeben.

Im allgemeinen gewährt die Sammlung des
Hagenbundes das Bild eines breiten, gleichmäßig
dahingleitenden Flusses, dessen Wasser nur hier
und da stärker rauscht und unruhiger brodelt.
Anders diejenige der Sezession! Ein buntes
Auf und Nieder, bald heroisierende, monumen-
talisierende, bald im beschaulichen Rahmen
lyrische Art, ein impulsives Erfassen das Auge
momentan reizender Erscheinungen, dann wie-
der gehaltvolle Schwere, tiefer Ernst, naive
Anmut und endlich gar geklärte Ruhe! Ich
beginne mit den Werken figuraler Art, und
zwar zunächst mit Hermann Grom-Rott-
mayers „Anbetung", einem Bilde, das auf
den ersten Blick rätselhaft anmutet. Der
Wert dieser in kräftiger Kaseintechnik ausge-
führten, auf die Tafelkunst der Gotik zurück-

greifenden Schöpfung liegt auf dekorativem
Gebiet. Es ist ein Versuch, das blendende In-
karnat des die Bildmitte einnehmenden, aus
einem tiefblauen See aufsteigenden weiblichen
Körpers durch eine Fülle keineswegs inWechsel-
beziehung zu einander gesetzter kräftiger Töne
zur höchsten Wirkung zu steigern. Dieses Ziel
wurde erreicht. Es herrscht Spannung in dem
Bilde. Einen tiefen Eindruck erweckt Rudolf
JettmarsMonumentalbildderNacht. Glänzend
gelöst ist das Motiv des Schwebens des schweren
weiblichen Körpers, nicht minder das Problem
der Verkürzung der am Boden schlafenden Ge-
stalten. Eine wackere Leistung ist mit seiner
kraf tvollenPlastik F.M.Zerlachers weiblicher
Rückenakt, der silhouettenartig aus dem
schwarzen Grund ausgespart wurde. Eine
hochentwickelte Malkultur verraten Otto
Friedrichs Brettltänzerinnen, reizende kleine
Schöpfungen, flott in den Bewegungen und
liebevoll im Detail durchgebildet. Viktor
Hammers Friauliche Bäuerin, eine Miniatur in
Öl, ist eine köstliche Probe scharfer Beobach-
tung der Eigenart der Rasse. Und ein Gleiches
gilt von seinem Abbild eines Russischen Juden.
List und rohe Gewalt, die aus den Partien um
Auge und Mund sprechen, sind überzeugend
zum Ausdruck gebracht. Ernst Stöhr hat in
seinem Bilde „Christus" dem alten Thema der
Kreuzigung dadurch, daß er den Vorgang in das
bäuerliche Leben unserer Zeit umsetzte, neu-
artige Form zu leihen gewußt. Dazu prachtvolle
Charakterköpfe und in den Figuren volle Hingabe
an den Gegenstand! Die kühle Art, in der F r a n z
Wacik die Sage von Hero und Leander in einem
dreiteiligen Zyklus behandelt, steht in inniger
Wechselbeziehung zum Vorwurf. Die großen
eckigen, ja harten Linien, die kalten reservierten
Farben, im Gegensatz dazu die auf die Gotik
zurückgreifende zierliche und unruhige Gewand-
behandlung geben diesen Schöpfungen die Note
größter Eigenartigkeit. In scharfem Kontrast
hierzu steht die liebliche, fast kindlich-naive
Form, in der Maximilian Liebenwein in 7
Einzelbildern dem Märchen vom Dornröschen
Gestalt und Leben gegeben hat. Die Farben
voll und ungebrochen, die einzelnen Szenen
voll köstlichen Humors, überall Handlung und
urwüchsige Natürlichkeit! - Die Bildniskunst ist
wenig stark vertreten. Dochverdient Ludwig
Wiedens Porträt des Kommandanten der
„Zenta", Paul Pachtner, deswegen eine Hervor-
hebung, weil es dem Künstler gelungen ist, die
Klippe des Repräsentativen glücklich zu ver-
meiden. — Dagegen hat die Landschaftskunst
eine ganze Reihe tüchtiger und befähigter Ver-
treter aufzuweisen, soAntonNowak mit seiner
 
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