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Dörpfeld, Wilhelm [Hrsg.]
Troja und Ilion: Ergebnisse der Ausgrabungen in den vorhistorischen und historischen Schichten von Ilion 1870 - 1894 (Band 2) — Athen, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.1115#0191
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Das Homerische Troja. (W. Döipfeld)

X. ABSCHNITT.
DAS HOMERISCHE TROJA

Nachdem in den vorhergehenden Abschnitten die Ausgrabungen auf dem
Burghügel von Ilion und ihre Ergebnisse im Einzelnen geschildert sind, und nach-
dem auch die Geschichte des alten Troja und des späteren Ilion, soweit sie
nach der litterarischen Überlieferung, nach den gefundenen Inschriften und nach
den Resultaten der Grabungen ermittelt werden konnte, dargelegt ist, bleibt uns
zum Schluss noch die Aufgabe, die gefundene Burg und ihre Umgebung mit
dem Troja Homers, mit der Stadt und der Landschaft, wie sie das Epos schil-
dert, zu vergleichen.

Wie weit stimmen die Angaben Homers über die Stadt und ihre Bauwerke,
über die Umgebung der Stadt und die Ebene des Skamander, über die Mee-
resküste und das Lager der Griechen, über die benachbarten Inseln und Gebirge
mit den aufgedeckten Ruinen und mit der wirklichen Landschaft überein r Das
ist die Frage, die wir zum Schlüsse zu erörtern und gewissenhaft zu beant-
worten haben.

Seit Jahrtausenden ist über Troja und seine Lage gestritten worden. Die
trojanische Frage war schon im Altertum ein Zankapfel der Gelehrten und ist
es bis zur Gegenwart geblieben. Anstatt gelöst zu werden, ist sie im Gegenteil
im Laufe der Jahrhunderte nur noch verwickelter geworden. Soweit wir wissen,
zweifelte im Altertume niemand an der ehemaligen Existenz des homerischen
Troja. Man war nur verschiedener Meinung über seine Lage. Die grosse Mehr-
heit suchte die Burg des Priamos an der Stelle der griechisch-römischen Stadt
Ilion und des berühmten Tempels der Athena Ilias. Nur eine kleine Minderheit
setzte das homerische Troja nach dem •Dorfe der Hier», das etwa 30 Stadien
(5 km.) von der Stadt Ilion nach Südosten entfernt war. Zu jener Mehrheit
gehörten, soweit wir wissen, in erster Linie die Bewohner von Ilion, sodann neben
mehreren griechischen Schriftstellern einige hervorragende Persönlichkeiten, deren
Besuch in Ilion uns überliefert ist, so ein Xerxes, ein Alexander der Grosse, ein
Caesar und mehrere römische Kaiser. Von der Gegenpartei sind nur wenige
Schriftsteller bekannt : Demetrios von Skepsis, Hestiaia von Alexandria Troas
und vor allem Strabon.

Erst der neueren Zeit war es vorbehalten, diese widerstreitenden Ansichten
noch um einige neue Theorien zu vermehren. Die Einen behaupten, dass es eine
Burg Troja, wie Homer sie schildere, überhaupt nicht gegeben habe; die Anga-
 
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