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-f.


Auf dem Kauf, Blick nach Westen

AUF DEM KAUF
Der Straßenname - in den Quellen begegnet
„by deme kope“ erst 1504 - deutet möglicher-
weise auf den ältesten, am Wasser gelegenen
Handelsplatz dieses Areals hin, der sich vor
dem Bau der Kaianlagen an eine flach anstei-
gende Schiffslände der Ilmenau angeschlossen
haben könnte und daher zunächst nur auf der
Westseite bebaut gewesen sein dürfte. Auf
dem Plan von 1765 noch „im koop“ genannt,
stellt die Straße als westliche Parallele zu Am
Stintmarkt eine Verbindung zwischen Am Berge
und der Lüner Straße dar.
Auf der Westseite, die im Gegensatz zur be-
scheideneren Bebauung der Ostseite etliche
giebelständige Dielenhäuser mit Hintergebäu-
den an der Rotehahnstraße aufweist, nimmt der
ebenfalls blockübergreifende, ca. 61 Meter tiefe
Gebäudekomplex des Lüner Hofs im nördlichen
Abschnitt die dominierende Position ein. Insbe-
sondere das an der Ecke zur Lüner Straße hoch

aufragende, frühere Packhaus (Nr. 9, 1361d)
bildet als einer der ältesten Profanbauten der
Stadt, der gleichzeitig einen selten überlieferten
Typus in groß dimensionierter Bauweise reprä-
sentiert, einen bauhistorischen und städtebau-
lichen Höhepunkt. Darüber hinaus dokumen-
tiert das gesamte, im 18.Jh. als Kaufmannssitz
mit den erforderlichen Nebengebäuden (Lager,
Stallung, Remise) ausgestattete Anwesen den
baulichen und funktionalen Zusammenhang ei-
nes solchen Betriebsensembles. Am Südwest-
ende des Kaufs ließ sich der Optiker H. Knaudt
anstelle eines mit zwei Ausluchten ausgestatte-
ten Fachwerkhauses 1905 nach Plänen des
Maurermeisters L. Thiede ein Wohn-/Ge-
schäftshaus errichten (Auf dem Kauf 19).
Dessen dreigeschossige Backsteinfassade
unter Berliner Dach, nach zeitgenössischen
späthistoristischen Vorstellungen asymmetrisch
gestaltet, akzentuiert über der Eingangsachse
im ersten Obergeschoss ein Erker und darüber
im Dach ein Zwerchhaus mit geschweiftem,

durch einen hellen Putzspiegel kontrastierend
hervorgehobenen Giebel. Anlässlich eines Um-
baus 1936 entfernte man die den Erker tragen-
de Konsole und baute ein breiteres, dreiteiliges,
bis zum zurückversetzten Eingang reichendes
Schaufenster mit abgerundetem Oberlicht
innerhalb einer neuen Klinkerverblendung ein.
Die historische Bebauung der durch einen Bau-
wich mittig unterteilten Ostseite besteht aus
zweigeschossigen traufständigen Gebäuden,
die, sofern sie bis in die frühe Neuzeit zurück-
zudatieren sind, vor allem als Speicher zur Salz-
lagerung und gleichzeitig als Wohnsäle, also
Mietwohnungen dienten. Sie bildeten teils die
Hinterbebauung der um etwa 1-1,5 Meter tiefer
liegenden Haupthäuser am Stintmarkt, gehör-
ten teilweise aber auch, wie dies für die Zeit um
1800 belegt ist, zu nicht am Stintmarkt situier-
ten Anwesen. Das größte Grundstück an der
Südspitze besetzte blockübergreifend ein nach
einem Brand 1983 durch einen Neubaukom-
plex ersetztes Patrizieranwesen mit Haupthaus,
seitlichem Flügelbau und kleinem traufständi-
gen Gebäude. Den im Erdgeschoss massiv auf-
geführten Flügelbau zeichnete ein reich mit Ro-
setten geschmücktes Fachwerkobergeschoss
von 16 Gebinden aus, das einen Saal beher-
bergte. Einen Erdgeschossraum schmückte
eine Deckenmalerei der Zeit um 1600, die, um-
geben von Grotesken, Früchtebündeln und
Ranken, rot umrahmte Medaillons zeigte, zwei
davon mit der Darstellung des römischen
Sonnengottes Sol und der Mondgöttin Luna.
Das folgende, zweigeschossige Traufenhaus
Nr. 4, das laut dem Brandkassenregister 1823
fünf Lagerräume und zwei Wohnsäle im Ober-
geschoss aufnahm, ist bis auf die beiden
Giebeldreiecke aus Fachwerk massiv aufge-
führt. Während die sechs unregelmäßig verteil-
ten Obergeschossfenster wohl eine im Klassi-
zismus vorhandene Anordnung widerspiegeln,
gehen die Erdgeschossöffnungen des linken
Abschnitts der verputzten Westfassade auf
einen Umbau des Jahres 1896 zurück, den
sechs Jahre später ein im vorderen Teil der ehe-
maligen Durchfahrt durchgeführter Ladenein-
bau ergänzte. Jedoch besitzt das kellerlos
errichtete Gebäude mit seinem von angeblatte-
ten Kehlbalken ausgesteiften Sparrendach
noch Bausubstanz wohl der 2. Hälfte des
16.Jh. Hingegen ist das nördlich unter niedrige-
rem Satteldach anschließende Nachbarhaus
Nr. 5 (ehemals zu Am Stintmarkt 15 gehörend)
über einem kleinen Teilkeller weitestgehend um
1860 neu nach spätklassizistischen Gestal-
tungskriterien aufgeführt. Charakteristisch für
das links erschlossene Gebäude, das erst 1896
das mittig angelegte Schaufenster erhielt, sind
die über einem breiten, von Stockwerk- und
Sohlbankgesims ausgegrenzten Mauerstreifen
faschenlos eingeschnittenen, leicht stichbogi-
gen vier Fenster und das die backsteinsichtige
Fassade überragende, zweiachsige Fachwerk-
zwerchhaus. Deutlich straßenbildprägend tritt
daneben das Haus Nr. 6 durch sein vorkragen-
des Fachwerkobergeschoss hervor. Die Reihe
der zweigeschossigen Gebäude wird von der
Rückseite des späthistoristischen Neubaus Am
Stintmarkt 12a (s. dort) unterbrochen, der die
übrige Bebauung mit seiner durch einen Dach-
ausbau betonten Dreigeschossigkeit überragt.
Den Abschnitt jenseits des folgenden Bauwichs

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