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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Teil 2): Ausgewählte Schrotblätter aus öffentlichen Sammlungen und Bibliotheken in Berlin, Darmstadt, Erfurt, Halle a. S., Leipzig, London, Münster i. W., Oxford, Straßburg i. E., Ulm, Wittenberg, Würzburg, Zürich — Straßburg: J.H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.61936#0060
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gezeichnet (es ist also das Urbild), bei dem vorliegenden
Bilde ist die linke Hand mißglückt, auf Tf. 18 sind beide
Hände und zwar namentlich die linke verkümmert, und
noch mehr ist die linke Hand auf Tf. 105 mißraten. Man
möchte daher annehmen, daß diese vier Blätter aus vier
verschiedenen Werkstätten herrühren, aber wir können
uns leicht davon überzeugen, daß unsere Tf. 77 und die
Tf. 105 in derselben Werkstatt entstanden sind. Nicht
nur daß die Bordüre bei beiden die gleiche ist; wir kön-
nen auch bei den Bildern selbst die Verwendung der
gleichen Punzen feststellen. Zur Herstellung der Blumen
des Hintergrund-Vorhanges auf unserem Blatte ist näm-
lich eine kammartige Punze mit drei Zähnen m verwen-
det, die sich besonders deutlich oben und unten dicht an
der Borte erkennen läßt. Die gleiche Punze ist bei der
Tf. 105 zur Ausschmückung des Nimbus der hl. Katha-
rina verwendet. Ferner bemerken wir auf dem Gürtel
unserer hl. Barbara ein karoartiges Ornament, das auch
die Spitze des Turms umrahmt, und die gleiche Punze
hat bei der Tf. 105 auf dem Kragen und dem Gürtel
Verwendung gefunden.
Die kammartige Punze ermöglicht uns aber noch
einen weiteren Schritt. Wir finden sie nämlich auf dem
«Jesus am Oelberg» (Sehr. 2241, abg. Wiener Einblatt-
drucke Bd. 11 Nr. 58) unten links zur Herstellung des
Blattwerks eines Miniatur-Bäumchens benutzt, so daß wir
damit zunächst die Zusammengehörigkeit dreier, technisch
verschiedenartig behandelter Blätter festgestellt haben.
Daß die Karo-Punze mit derjenigen identisch ist, die wir
auf Tf. 74 hinter dem Rücken des blinden Reiters auf
einem Gürtel angewendet sehen, scheint mir einstweilen
noch zweifelhaft. Bildgröße 178:116, Bordüre 231:163.
Sehr. 2547 = 2548. Oberdeutscher (?) Formschnitt
um 1465.
Bemalung: Grüngelb, braunrot, blasses graugelb.
78. Die hl. Katharina.
Dieses Blatt ist namentlich deswegen interessant, weil
•ein großes Stück, beginnend dicht über der rechten Hand
der Heiligen und hinabreichend bis zur Schwertspitze,
eingesetzt ist. Die Tafel stellte also ursprünglich eine
andere Heilige dar und wurde durch Abänderung des
Symbols verwandelt. Ein derartiges Verfahren läßt sich
bei Holzschnitten mehrfach beobachten, hingegen ist es
bei Metallschnitten ungewöhnlich. Leider kann ich kein
.anderes Bild nachweisen, das zu dieser Folge gehört,
und ich erinnere mich auch nicht, die Bordüre anderweitig
verwendet gefunden zu haben. Das Blatt gehört sicher
noch der Frühperiode an, und es wird nicht schwer
fallen, weitere Arbeiten derselben Hand aus der Art nach-
zuweisen, wie die Pflanzengruppen aus dem schwarzen
•Grund des Erdbodens gleich kleinen Oasen herausgear-

beitet sind. Ein großes, sehr interessantes Blatt dieses
Meisters, das in Reutlingen gefunden wurde, wird in
einem der nächsten Bände dieser Sammlung (Kupferstich-
kabinett Stuttgart) abgebildet werden. Ich vermute, daß
es sich um den Kölner Meister «Bartholmeus» handelt,
von dem ich vier Blätter im Manuel Bd. VI Tf. 31 ab-
bilden ließ; auch könnten möglicherweise einige kleinere
Metallschnitte, z. B. die Nrn. 49, 51 und 56 des ersten
Teils, der gleichen Werkstatt entstammen. (Vgl. Tf. 101.)
Bildgröße 170: 117, Rahmen vermutlich etwa 228:167.
Sehr. 2574. Kölner Arbeit um 1465—1475.
Bemalung: Goldgelb, hellgrün, bräunliches lackrot.
79. Der hl. Hieronymus.
Vergleichen wir unser Bild mit der Tf. 101, so sehen
wir auf dem Mantel des Hieronymus dieselbe Lilien-Punze
verwendet wie dort zur Verzierung des Antependiums,
auf den Erdterrassen links die gleiche Sternpunze wie
auf der Kasel des dort rechts knieenden Geistlichen, an
der Platte des Lesepults dieselben Ringe wie dort an der
Säule links. Wir müssen also unser Blatt als ein Er-
zeugnis der «Werkstatt der Kirchenväter-Bordüre» be-
trachten, von der bereits Molsdorf in seiner Schrift «Die
Bedeutung Kölns für den Metallschnitt» S. 20 ff. gespro-
chen hat. Das Merkwürdige ist nun aber, daß es eine
zweite, zum Verwechseln ähnliche Darstellung unseres
Blattes gibt (Sehr. 2672H, abg. bei Schmidt-Soldan Tf. 66
und Molsdorf a. a. O. Tf. 7), die von der Kirchenväter-
Bordüre umrahmt ist. Diese Variante weist, abgesehen
von einer anderen Wolkenbildung und einer deutlicheren
Namensinschrift, eine sorgfältigere Ausführung des Kir-
chendachs und der Kirchenfenster auf. Von den drei
oben besprochenen Punzen hat aber nur die Sternpunze
auf der untersten Erdterrasse Verwendung gefunden. Wenn
beide Bildplatten in derselben Werkstatt angefertigt wur-
den, dann möchte ich die Nr. 2672 als erste, die vor-
liegende als die zweite Ausgabe bezw. als Nachschnitt
bezeichnen. Unmöglich wäre dies ja auch nicht, aber bei
unserem Blatte machen sich die starken schwarzen Kon-
turen der dargestellten Figuren stärker als auf dem Ori-
ginal bemerkbar, und ich hatte schon bei der Tf. 65 her-
Vorgehoben, daß wir diese Eigenheit besonders bei den
Erzeugnissen der Werkstatt des «Jesus in Bethanien»
beobachten könnten. Wir kommen hier also wiederum
wie bei der Tf. 62 zu dem Ergebnis, daß zwischen der
Kölner «Kirchenväter-Bordüren-Werkstatt» und der nie-
derländischen Werkstatt des «Jesus in Bethanien» irgend
eine Geschäftsverbindung bestanden haben muß. Größe
273:189.
Sehr. 2673. Niederländischer (?) Metallschnitt um
1470—80.
Die ursprüngliche Bemalung ist entfernt.

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