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Vaterland

bgleich Friedrich vor den Freiheitskriegen ein schwedischer Untertan gewesen, war er
nicht nur ein guter Pommer, sondern „deutsch durch und durch", ein glühender Patriot.
Seine Deutschheit ging so weit, daß er nie eine sremde Sprache lernen wollte, nie ins
Ausland reisen wollte. Wie er Goethe erzählte, war einmal sein Wunsch, Island zu sehen. Und
wenn der Freund Carus ihm seine Studien aus der Schweiz zeigte, dann hätte er das gern gekannt
und malte, wie der Freund, eine Gletscherlandschast vom Eismeer, ohne je dort gewesen zu sein,
wie er ja auch den Watzmann nicht kannte, den er in eine Harzlandschast malte. Als der russische
Dichter Ioukowski ihn 1821 mit sich nach der Schweiz nehmen wollte, antwortete er ihm: „Sie
wollen mich mit sich haben, aber das Ich, das Ihnen gesällt, wird nicht mit Ihnen sein. Ich muß
allein bleiben und wissen, daß ich allein bin, um die Natur vollsiäudig zu schauen und zu suhlen..."
Auch Italien wollte er deshalb nicht sehen, so sehr man ihm dazu riet. Als er römische Zeichen-
bücher des Malers Faber durchgeblättert hatte, wurde er nachdenklich. Aber er lehnte es ab, Nom
zu sehen, als sein alter Studienkamerad Lund ihn dorthin einlud. Er hätte auch Rom nur nordisch
gesehen und immer als Friedrich. Er ahnte sein Gesetz und blieb ihm treu.
Freilich dachte man damals anders als heute und glaubte in der Italienlandschast die neu-
deutsche Kunst zu sinden. Wir meinen heute nicht mehr, daß die Landschaft jeder Rasse gehöre und
daß der Deutsche am Mittelmeer ein besserer Künstler werden könne; im Gegenteil, wir wissen,
daß der Deutsche seinen eigenen Kunsiraum besitzt und daß der Raum sein Rassenraum ist, der
seiner Kunsi entspricht. Daß Friedrich gegen alles Französische eine tiese Abneigung zeigte, ver-
sieht man aus der politischen Lage seines Vaterlandes. Wenn die INutter in Not kommt, liebt
man sie um so mehr; und Deutschland war damals in wachsender Not. Als der Bruder Christian
ihm eines Tages aus Lyon schrieb, war Friedrich so empört, daß er ihm zunächst nicht antwortete
und ihn dann bat, aus Frankreich nicht mehr zu schreiben. Daß Christian als Tischler in Paris
lernen wollte, verzieh er ihm nicht: als Deutscher ginge man nicht in das siegreiche Paris Na-
poleons. Er wohnte ja in Dresden, weil es damals noch wie eine Insel des Friedens in dem be-
setzten und bedrohten Deutschland lag. Daß auch Dresden eines Tages zum Feinde übergehen und
von Franzosen besetzt und überschwemmt sein würde, das ahnte er noch nicht. Zunächst war es ein
Treffpunkt der pommerschen Künstler und der preußischen Patrioten. Zu diesem Preußenkreise
gehörte Friedrich. Er hatte im Hause Kügelgen den Philosophen Gotthils Heinrich Schubert
und die beiden preußischen Offiziere Ernst von Psuel und Rühle von Liliensiern kennengelernt,
die mit dem Dichter Heinrich von Kleist befreundet waren. So wurde er auch mit Adam Müller
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