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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0481
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Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945

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Sie hatten die einzelnen Fälle zu untersuchen, bei Betrieben, die in Zahlungsschwie-
rigkeiten gekommen waren, zu prüfen, ob der Betrieb Aussicht hatte zu überleben,
ob man ihm entgegenkommen oder das Zwangsverfahren einleiten sollte. Der Rück-
gang der Steuereinnahmen der Stadt war weit gravierender als im Landesdurch-
schnitt. Allein bei der Einwohnersteuer 1932 galten 80 000 RM als uneinbringlich.
Der Ertrag der Gewerbesteuer sank von Jahr zu Jahr, bis der Tiefpunkt erreicht war.
Die Stadt hatte den Aufwand für die Fürsorgeleistungen in der Hauptsache der aus
dem Mittelalter stammenden Hospitalstiftung übertragen, deren Einnahmen vor
allem aus ihrem umfangreichen Grund- und Waldbesitz stammten. Während die
Fürsorgeleistungen der Stadt im Jahre 1930 noch 96 000 RM betrugen, waren sie im
Jahre 1932 auf 362 000 RM gestiegen. In diesen Zahlen spiegelte sich wiederum die
sprunghafte Zunahme der Not. Eine Summe wie die zuletzt genannte konnte die
Hospitalstiftung nicht mehr aufbringen; hier mußte die Stadt mit beträchtlichen
Zuschüssen eingreifen.
1933 betrug der ungedeckte Abmangel im städtischen Haushalt 135 000 RM. Die
Stadt beantragte deshalb einen Zuschuß des Staates und die Erklärung der Stadt
Schwäbisch Gmünd zum Notstandsgebiet. Dieser Antrag wurde von der Handels-
kammer, der Handwerkskammer und vom Arbeitsamt unterstützt. Daraufhin
besichtigte Wirtschaftsminister Professor Lehnich die Stadt und informierte sich auf
den Ämtern, bei der Industrie und im Gemeinderat. Das Staatsministerium faßte
dann in seiner Sitzung am 26. Januar 1934 den Beschluß, daß »die Stadtgemeinde
Gmünd zu den Notstandsgebieten des Landes gehört«. Zu diesem Zeitpunkt amtier-
te bereits eine nationalsozialistische Regierung in Stuttgart. Es war klar, daß eine
Besserung der Lage in Gmünd nur durch Ansiedlung neuer Industriezweige zu errei-
chen war. Die Struktur der Gmünder Wirtschaft mußte geändert werden. Sicher lag
ein Teil der Schuld daran, daß die Struktur der Gmünder Wirtschaft so einseitig
geblieben war, an der Haltung der führenden Vertreter der Gmünder Hauptindu-
strie in den vergangenen Jahrzehnten, wenn dies auch den einzelnen schwer nachzu-
weisen ist. Sie haben sich zu verschiedenen Zeiten dagegen gesträubt, daß andere
Industriebetriebe sich in Gmünd niederlassen konnten,110 und dies bis 1936 mit
Erfolg. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch solche Versuche.
Die Gemeinderatswahl am 6. Dezember 1931, die letzte vor Hitler, brachte eine
spürbare Veränderung im Stadtparlament. In gewissem Sinn bedeutete sie den
Abschied vom Honoratiorengremium früherer Jahrzehnte. Neu zogen in den
Gemeinderat ein: drei Christlich-Soziale auf der Liste des Zentrums, zwei National-
sozialisten und zwei Kommunisten. Das Zentrum behielt mit 13 von 24 Sitzen die
Mehrheit, ein erstaunliches Faktum angesichts der Schwere der Zeit, die mehr und
mehr zum Radikalismus neigte. In der letzten Sitzung des Jahres 1931 verabschiedete
 
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