Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ZUR PLASTIK

Die Entwicklung der Malerei des zwanzigsten Jahrhunderts und der Skulptur
verlaufen in enger Verbundenheit. Man könnte von einer Art Abhängigkeit der
Bildhauer sprechen, jedenfalls stellt man die Einheitlichkeit des geschicht-
lichen Verlaufs fest.
Mit Maillol begann die Reaktion gegen den skulpturalen Impressionismus.
Seiner Haltung nach dürfte man ihn den Nachimpressionisten zuzählen. Maillol
ist durch den späten Renoir und Cezanne bedingt und unter ihrem Einfluß
vollzog er wohl die Wendung zur klassischen Überlieferung. Gleichzeitig wan-
delt sich unsere Vorstellung von der Antike, man schätzt die archaischen
Epochen stärker. Eine solche Wendung zur Primitive wurde dann wohl von
Brancusi übersteigert, der die Gestalt zu allzu kontrastloser Einheitlichkeit
vereinfachte. Mit Duchamp-Villon, Laurens und Lipschitz vollzogen dann die
Bildhauer die Wendung zum Kubismus. Dieser Strömung ist der Deutsche
Belling einzuordnen. Nun wagt man den Bruch mit der klassischen Überliefe-
rung, die einheitliche Gestalt und die gesammelten Formmassen werden auf-
gelöst und zerbrochen.
Eine Sonderstellung in solchem Ablauf fanden die Deutschen Lehmbruck
und Barlach. Lehmbruck mag zunächst von Maillol beeinflußt worden sein,
dann verläßt er die klassische Beglichenheit, eine Art neuer Gotik kündet sich
an. Barlach ging von volkshaften Ursprüngen aus und war stets jeder lateinisch
beeinflußten Haltung fern.
Die geschichtliche Bedeutung Maillols, der 1861 in Banyuls geboren wurde,
(vgl. Abb. 563—573, Tafel XXXII) ruht in der Klärung des Plastischen, seiner
Ablösung vom malerischen Impressionismus. Rodin brachte die impressioni-
stische Handschrift in die Bildhauerei, wobei er sich als Schüler der roman-
tischen Schule, vor allem Carpeaux’, erwies. Rodin betont den dramatischen
Entstehungsprozeß des Bildens. Sein Verfahren ist in gewissem Sinn divisio-
nistisch, er übersetzt das Licht in modellierte „Touches"; die Epidermis, auf
der das Drama der Entstehung gespielt wird, gilt ihm vor allem; das Plastische
löst sich im Malerischen; der Beschauer soll noch einmal den Prozeß der Ge-
staltbildung erleben.
Renoir und Cezanne betonten von neuem die Überlieferung und ordneten
erfolgreich die impressionistische Technik der klassischen Bildkonzeption ein.
Cezanne beschäftigte sich unablässig mit der Frage des Volumens; die neue
Technik sollte einer weiteren Bildfassung, dem Klassischen, eingefügt werden. Ihn
beschäftigten die Probleme der Tiefengliederung (les plans), der kompositioneilen

218
 
Annotationen