Drittes Kapitel.
Der Kultus in älterer Zeit.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, an dieser Stelle all
den Gebräuchen des Kultus nachzugehen, die verschiedene
Anlage der Tempel zu erörtern oder die Unterschiede der
einzelnen Priesterschaften darzulegen; das verbietet schon
die unendliche Mannigfaltigkeit dieser Dinge. Aber ein
kurzer Überblick, der das Charakteristische in diesen äußeren
Formen der ägyptischen Religion hervorhebt, sei uns doch
gestattet.
Wenn der Ägypter seinen Tempel das Schloß des Gottes
nennt, so ist dieser Ausdruck einmal wörtlich gemeint gewesen.
Denn der Gott war als ein Herrscher gedacht, der Kronen
trägt (vgl. S. 6), dem seine Untertanen Abgaben — ihre
Opferspenden — darbringen und der in seinem Schlosse
wohnt. Er hat ein Gesinde, das ihn pflegt und speist; es sind
die Priester, die daher Diener des Gottes heißen. Auch das
Zeremoniell des Kultus, vielleicht auch die Anordnung der
Tempelräume entspricht dieser Auffassung.
Ursprünglich war jeder Tempel nur dem einen Gotte
geweiht, der als sein Herr galt. Aber im Laufe der Zeit haben
sich dann zu diesem noch andere Götter hinzugesellt, die in
der Gemeinde des Tempels auch Anhänger besaßen und denen
man eine Nebenstelle darin nicht verweigern konnte. Wie
man manche dieser Nebengötter dann als die Familie des
großen Gottes dachte, haben wir oben (S. 44) besprochen; an
seinen Opfern und Festen nahmen auch sie teil, wenn auch
stets nur in bescheidenem Maße.
Von den Tempeln der ältesten Epoche, die ja, wie wir
oben gesehen haben (S. 7), schlichte Hütten waren, ist uns
begreiflicherweise nichts erhalten. Aber auch von den
großen Bauten der älteren historischen Zeit ist nur sehr
weniges auf uns gekommen, denn in der langen Reihe der
Jahrhunderte ist so viel an ihnen umgebaut, erneuert und
erweitert worden, daß in der Regel nur einzelne Steine noch
von dem ursprünglichen Bauwerke Kunde geben. Indessen
Der Kultus in älterer Zeit.
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, an dieser Stelle all
den Gebräuchen des Kultus nachzugehen, die verschiedene
Anlage der Tempel zu erörtern oder die Unterschiede der
einzelnen Priesterschaften darzulegen; das verbietet schon
die unendliche Mannigfaltigkeit dieser Dinge. Aber ein
kurzer Überblick, der das Charakteristische in diesen äußeren
Formen der ägyptischen Religion hervorhebt, sei uns doch
gestattet.
Wenn der Ägypter seinen Tempel das Schloß des Gottes
nennt, so ist dieser Ausdruck einmal wörtlich gemeint gewesen.
Denn der Gott war als ein Herrscher gedacht, der Kronen
trägt (vgl. S. 6), dem seine Untertanen Abgaben — ihre
Opferspenden — darbringen und der in seinem Schlosse
wohnt. Er hat ein Gesinde, das ihn pflegt und speist; es sind
die Priester, die daher Diener des Gottes heißen. Auch das
Zeremoniell des Kultus, vielleicht auch die Anordnung der
Tempelräume entspricht dieser Auffassung.
Ursprünglich war jeder Tempel nur dem einen Gotte
geweiht, der als sein Herr galt. Aber im Laufe der Zeit haben
sich dann zu diesem noch andere Götter hinzugesellt, die in
der Gemeinde des Tempels auch Anhänger besaßen und denen
man eine Nebenstelle darin nicht verweigern konnte. Wie
man manche dieser Nebengötter dann als die Familie des
großen Gottes dachte, haben wir oben (S. 44) besprochen; an
seinen Opfern und Festen nahmen auch sie teil, wenn auch
stets nur in bescheidenem Maße.
Von den Tempeln der ältesten Epoche, die ja, wie wir
oben gesehen haben (S. 7), schlichte Hütten waren, ist uns
begreiflicherweise nichts erhalten. Aber auch von den
großen Bauten der älteren historischen Zeit ist nur sehr
weniges auf uns gekommen, denn in der langen Reihe der
Jahrhunderte ist so viel an ihnen umgebaut, erneuert und
erweitert worden, daß in der Regel nur einzelne Steine noch
von dem ursprünglichen Bauwerke Kunde geben. Indessen