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Essig, Hermann
Ueberteufel: Tragödie in fünf Aufzügen — Berlin, [1912]

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https://doi.org/10.11588/diglit.27657#0028
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Karl (schließt die Türe und bleibt eine Weile nachdenklich stehen).
Schöner kann es nichts geben. Dieser Arm. So hab ich auch
noch keinen gemalt gesehen, wie wenn er einen umhalsen wollte.

— Datz solche Weiber schlecht sein sollen, ist kaum zu glauben.

— Jch glaub es auch nicht. — (Seufzt und geht an seinen Arbeitstisch.)

(Anklopsen.)

Karl (nach einer Pause). Herein.

(Der Oberst tritt ein in Zivil.)

Oberst. Guten Abend, Karl.

Karl. Herr Oberst, endlich, das erste Mal in dieser
Wohnung.

Oberst. Hm, hm, hm, ein ächtes Atelier.

Karl. Man hat mir geraten, gleich recht anzufangen. Nur
richtig ausgerüstet, komme man zu einer ersprießlichen Arbeit,
das sei richtig gespart, so sagen alle Fertigen.

Oberst. Die sagen so, nachdem sie's anders gehabt haben.
Gewöhnlich geht es anders. Karl, 's macht nichts aus. Daß
es natürlich gut ist, schön ist, wenn man's Handwerkzeug hat,
ist klar. Nur der Kunst, mein ich, sei es egal, die will nur
von einer fleißigen Hanö praktiziert sein.

Karl. Das bin ich, sleißig, ich denke auch so von meinen
Kollegen, die immer von „Hinwerfen" sprechen: „Sie können
eben nichts".

Oberst. Wenn Sie's besser können, dann freut mich's
Karl. Bloß mein ich, könnten Sie nicht auch wo anders schaffen?
Jch meine, sind Sie an den Ort gebunden? — (Da Karl etwas
perplex ist.) Einen Gruß von Jhrem Vater und ob Sie bei ihm
wohnen wollen mit Marie?

Karl. Jst der Vater nicht mehr im Gesängnis? Wo wohnt
er denn? Hat er sich auf uns eingerichtet?

Oberst. Er freut sich wie ein Kind, bis er seine beiden
wieder hat. Karl, hättest sehen sollen, wie er ein bißchen was
zusammengetragen hat in seine kleine Wohnung, er hat immerzu
gelacht und gesagt: „Wenn das Karl sieht, wenn das Marie
sieht". Karl, ich habe geweint, aber nicht vor ihm.

Karl. Er hat auch recht, mit Vater leben wir gerne. —
Aber, aber Herr Oberst sehen Sie, was ich für Ausrüstung
nötig habe, sehen Sie bloß die Vorhänge und das Glas an,
das wird bei Vater doch nicht gehen.
 
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