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Fünfter Abschnitt.

faltet er erst jetzt sein Talent in vollster Eigentümlichkeit
und tritt in die Blütheperiode seines künstlerischen Schaffens.
Drei größere Arbeiten sind es, welche die Thätigkeit
der nächsten Jahre charakterisiren, Gemälde, die dem großen
zu Venedig ausgeführten Altarwerke würdig an die Seite
traten, ja zum Theil dasselbe überboten — wie wir leider
für die beiden wichtigsten nur ans fremden Berichten wissen.
Denn die Ungunst der Umstände, die auf dem Künstler
lastete, schien sich noch nach seinem Tode aus seine Werke
zu erstrecken. Unverhältnißmäßig viele und darunter die
bedeutendsten sind zu Grunde gegangen oder in Gegenden
versetzt, wo sie unserm Genüsse entzogen sind.
Das erste größere Werk, welches Dürer nach der Rück-
kunft in der Heimath ausführte, hatte das erste Menschen-
paar, Adam und Eva, in lebensgroßen Figuren auf zwei
Tafeln, zum Gegenstände, wozu er schon in Venedig den
Plan gefaßt zu haben scheint. Die Wahl dieses Gegenstandes
ist sehr bezeichnend und bekundet, daß Dürer als feiner Be-
obachter und unparteiischer Urtheiler in Venedig gelebt hatte.
Es muß ihm klar geworden sein, worin damals die deutsche
Kunst gegen die italienische so sehr im Nachtheil stand, und
er scheint die Absicht gehabt zu haben, in einer würdigeren
Behandlung des menschlichen Körpers und schöneren Aus-
bildung der Form, die er bei dem angegebenen Gegenstände
anstreben konnte, ohne dem herkömmlich christlichen Inhalte
etwas zu vergeben, der deutschen Kunst eine fehlende Seite
hinzuzufügen. Wie Dürer diese Aufgabe löste, vermögen wir
nur noch annähernd aus einer Copie zu errathen, die selbst
nicht einmal mehr im alten Zustande, sondern sehr verdorben
und schlecht übermalt sich gegenwärtig zu Mainz befindet.
Und dennoch sehen wir aus dieser, daß hier die Körperlich-
keit mit Adel und Fülle entwickelt; namentlich auch die
Beine — zum ersten Male in der deutschen Kunst — schön
 
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