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3. Kapitel.

Der- englische Garten.

Zeitatter Ludwigs XIV. und der Staatsperrücke war die Natür-
lichkeit aus der Welt verschwuudeu: der König spreizte und erhöhte sich,
der Vornehme steifte seinen Rücken, der Dichter wurde pompös, der Schrift-
steller hüllte sich in die Phrase, und die Haud, weun sie schrieb, umwölkte
ihre Buchstaben mit einer Perriicke von Schnörkeln. Ceremonien, Bombast,
Schwulst legten sich auf die Welt, die Falschheit kam mit leerem Schein;
die Seele hatte aufgehört naiv, wahr, einfach und natürlich zu empfinden,
der Mund einfach und natürlich zu sprechen, der Körper sich natürlich
zu bewegen.

Aus diesem Zustand der Dinge, in den die Civilisation der Welt
versunken war, mußte eiumal eiue Umkehr erfolgen. Die Natur läßt sich
wohl Zwang anthun, sie läßt sich vom Wege ablenken und eine Weile
völlig unterdrücken, aber einmal wird sic wieder zum Durchbruch kommen.
So geschah es auch im achtzehnten Zahrhundert. Je mehr die Cultur auf
ihrem Wege irrte, je mehr sie von der Natur sich entfernt hatte, je
schmerzhafter ward das Gefühl der Entbehrung, je größer, heftiger wurde
die Sehusucht nach der Rückkehr zur Natur.

Aber ferne davon, daß man die Natur sofort gefunden hätte. Man
war zu sehr verirrt, um sogleich den rechten Weg zu treffen und das Ziel
zu erreichen. Der Pendel schwaug auf die andere Seite hinüber, bevor
er inmitten zur Ruhe gelangen konnte. Das Herz fand sich mit der Welt
in Widerspruch; die Sehnsucht, die unerfüllte Sehnsucht nach hergestellter
Harmonie rief die Rührung, die Wehmuth, die Sentimeutalität hervor.
 
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