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Der rothe Ochsenwirth hat seiner Lebtag kein Wasser ge-
trunken, und gehört zu den Vielen, die grade darum nicht
verstehen können, woher sie die Wasiersucht haben sollen. Wenn
ihm der Bader oder meinetwegen der Herr Landgerichtsarzt sel-
ber von der Wassersucht etwas gesagt, so hat er nur gemacht:
„G'plausch!" und sich beileib' keinen Floh in's Ohr setzen lassen.
Darüber ist er immer dicker, nochmals dicker und wiederum
dicker geworden. Er ist aufgegangen wie eine Dampfnudel.
In den Keller hat er schier nimmer mögen, erstens um hinun-
ter zu kommen, hat er sich müssen die große doppelte Kellerthür
aufmachen lassen, und das Hinaufsteigen hat ihn sitzen lassen,
aber wie. Da ist er endlich von selber gescheit worden, aber
nicht wie der Bader gemeint hat. „Mit dem Biertrinken thut
sichs nimmer," hat er gesagt: „und das Wasser taugt noch
weniger zur Wassersucht. Ich will Wein trinken, und zwar
einen rothen Tiroler. Der Herr von Kramplhuber sagt alle-
weil : 's geht halt nix über den rothen Tiroler! und an den
will ich mich halten." Gedacht, gesagt, gethan! Natürlich aber
ist der rothe Ochsenwirth ein gescheiter Mann, der keine Katzen
im Sack kauft. Darum hat er flugs sein Bräundl eingespannt
und ist auf die blauen Berge zugefahren; nicht gar zu schnell, I
versteht sich, denn das Wagerl ist schwer geladen genug, wenn
der Meister Pancrazi drin sitzt und sein Frühstück im Leib
hat. Wie er so schön stad an die Gränze kommt, steht da
eine Mauth und an der Mauth ein Mauthner. Der Pan-
crazi langt in den Hosensack und ftagt: „Was kostet's?"

„Vierzehn Kreuzer."

„Da!"

„Langt nicht, muß kaiserliches Geld sein."

„Ja so, bitt um Verzeihung, Hab nicht dran gedacht an
j die Malefizmünz'."

Jetzt meint der rothe Ochsenwirth, er ist fertig und kann
grad auf's nächste Wirthshaus zufahren. Heiß war's, und
Durst hat er auch beim kühlen Wetter grad genug. Da
heißt's aber: „Absteigen."

„Absteigen noch auch'? Da soll doch das Malefiz und so
weiter," brummt der Pancrazi und klettert mühselig heraus.

Wie ihn der Mauthner so fluchen hört, fängt auch er an zu
schelten, und da haben denn die zwei, der Altbaier und der
Tiroler, ein sauberes Donnerwetter mitsammen aufgeführt.
Gut, daß der Herr Pfarrer nicht hat zuhören müssen.

Ueber dem Zanken vergißt der Mauthner nicht, mit seinem
langen Zahnstocher zu stupsen und das Wagerl zu durchsuchen;
wer aber mit allem Stupfen und Suchen nichts findet, ist er.
Da fängt er an: „Aha, ich merk's, der Herr ist ausgeschoppt."

„Der Herr ist selber g'schupft," macht mein Pancrazi,
und als der andre die Haüd nach ihm ausstreckt, schreit er:
„zwei Schritt vom Leib, oder ich geb' dem Herrn eine, daß
er den Himmel für 'ne Baßgeigen anschaut."

„Das wollen wir doch sehen."

„Schau her!"

„Der übernatürliche Wampen ist falsch. Lass' mich der
Herr nachschauen."

Der Pancrazi will nicht und lauft zurück, der Mauthner
ihm nach. Der rothe Ochsenwirth hebt die Faust, um ihm
eins auf's Hirn zu schlagen. Da wird denn mein Mauth-
ner vollends fuchsteufelswild, und weil er meint, daß der
Wanst ausgeschoppt, stößt er mit seinem spitzen Eisen grad
drauf zu, und der Pancrazi fällt zu Boden.

Das hat keinen Übeln Lärm gegeben, wie ihr euch einbilden
mögt. Den Gestochenen haben die Leut' in's Wirthshaus ge-
bracht, den Mauthner aber in's Loch. Dem einen hat vom
Sterben geträumt, dem andern vom Zuchthaus. Es ist aber
nicht so schlimm gekommen. In seinem blinden Eifer hatte
der Mauthner den rechten Fleck besser getroffen, als es dem
Chirurgen vielleicht bei kaltem Blut gerathen wäre; dos Wasser
war abgezapft, und Meister Pancrazi erleichtert. Beim Versöhn-
ungsschmaus hat der Mauthner vielen vielen Wein vertilgen |
helfen und der rothe Ochsenwirth sich nicht lumpen lassen.

Seitdem sind wieder ein paar Jahre vergangen, und der
Pancrazi ist so dick wie zuvor, obschon er nichts wie rothen
Tiroler ttinkt. Eigentlich sollte er wieder einmal an die
Mauth hinfahren, und thät's wohl auch gern, wenn er nur
traute. Aber er fürcht', er ttaut sich nicht.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die gefährliche Heilung"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Spieß
Auseinandersetzung
Wegezoll
Bauch <Motiv>
Flüssigkeit
Übergewicht
Karikatur
Grenze <Motiv>
Gespann <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Tiroler
Bayern <Motiv>
Thema/Bildinhalt (normiert)
Schranke <Motiv>

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 246, S. 44

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