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Einer für Alle.

der Abreise umarmte er ihn am Wagenschlag mit den Worten)
„Für Sie ist gesorgt!" —

Alles was ste noch brachten die Honigwochen voller Freiheit
und Einheit, wurde nun um so eifriger und begeisterter in
unserer Stadt verarbeitet und genoffen. Die politische Gaukel-
bude war aufgeschlagen, es fehlte nicht an braven Spielern
und Publikus war empfänglich und dankbar, wie noch nie.
Man spielte alle Wahlakte für Landes- und Reichstage, für
Vor- und Nachparlamente, Glaubensbekenner debutirten, Herr
A. Mayer und Konsorten verfehlten nicht, ihre Candidatenvor-
schläge einzubringen, an den Sonntagen gab es Volksversamm-
lung und am blauen Montag Uebungsmärsche für die Bürger-
wehr, im Arbeiterverein hielt man auch noch am Dienstag
Nachberathungen, und am Mittwoch schafften die Turner und
so fort. Bereits sahen Scharfsichtige die „Reaction" und Andere
beteten um Abwendung des jüngsten Gerichts. Die Leitmänner,

die vernünftigen, ehrlichen, schüttelten sich die Hände und sagten:
„Nur Math, in Gottes Namen — es muß gehen !" — Die
Schurken mischten die Karten und die Leute von Bedeutung
hatten den Schein und sich selbst gerettet, machten wie Herr
Fischer ruhig und frei-staatsbürgerlich ihre tägliche Promenade
und sagten sich mit Bewußtsein: „Frei ist Korcyra u. s. w."

Der Wahltag des Bürgermeisters kam heran. Alle Klubs,
alle Vereine, alle Ausschüffe, alle Comite's und alle Körper —
selbst alle Geister von X. geriethen in die lebhafteste Bewegung.
Ein Leitartikel des Tagblatts führte zur vollen Einsicht über
Herrn Fischers Wirken im Sinne des Fortschrittes, am andern
Morgen hing ein Krebs an besten Thüre mit der Bürgermeister-
kette am Hals; im schwarzen Mohren unterschrieben mehr als
hundert des Schreibens Unkundige ein Mißtrauensvotum, die
„goldnen Kameele" taber, wie die Klubmänner dieses Hotels
hießen, schleppten sich mit Aufmfen an die „Freunde der Ord-
nung und der wahren Freiheit!" Herrn Fischers Stern stund
in cadente domo — rathlos spähte er hinauf »zum Horizonte.
Selbst seine letzte Zuversicht, sein Doktor Dorn,^schien — nach-
denklich.

Der Schlachttag brach an. Die Wahlmänner waren ver-
sammelt, die Spannung groß — sehr groß — man griff bereits
nach den Zetteln, nach den Federn — da legte der Rathsbote
das neue Tagblatt — noch feucht und farbeduftend — auf den
Tisch des Hauses nieder.

Zehn Hände greifen darnach — eine erhascht es. „Das
Neueste!" rufen neun Stimmen — die zehnte liest:

„Wie wir aus sicherer Quelle vernehmen, ist Herr Fischer
gesonnen, im Falle seiner Erwählung auf die nach dem neuen
Gemeindegesetze dem Bürgermeister zustehende, nicht unbeträcht-
liche Besoldung zu Gunsten der unberücksichtigten Bürgerräthe
zu verzichten."

Aller Augen sahen auf ihn — auf den Herrn Fischer.
Derselbe aber ertrug gelaffen diese Blicke — er zwar wußte
nichts von dieser Verzichtleistung, aber ste stund im Tagblatt
aus sichrer Quelle — unter Verantwortlichkeit des Redakteurs
vr. Dorn.

Alle Federn setzten sich nun unaufgehalten in Bewegung —
die Zettel flogen ‘in des Vorsitzers Hut — ste thaten sich auf
und Herr Fischer war einstimmig gewählt — Herr Fischer, der
fünfundzwanzigjährige Jubelgreis des Bürgermeisterthums.

Am nächsten schönen Tage feierte die Stadt X. ein Doppel-
fest — Deutschlands Erhebung und Herrn Fischers Jubiläum,
des Vaterlandes und seines besten Sohnes Verjüngung. Glocken
läuteten, Böller donnerten, Waffen blitzten, Uniformen glänzten,
Festzüge und Deputationen kreuzten sich — vor dem Rathhause
langte die Schaar deutscher Jungfrauen an, die der Stadt eine
dreifärbige Fahne zum Geschenke brachten.

Theodolinde ging an ihrer Spitze. — Sie war so schön die
Maid mit dem schönen germanischen Namen! So sinnig wiegte
sich das Lockenköpfchen mit dem Eichenkranz auf dem feinen
Halse, in edlen Falten umfloß das weiße Kleid vom schwarz-
roth-goldnen Bande gegürtet, die schlanke jugendlich weiche Gestalt!
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Einer für Alle"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Fenster <Motiv>
Haus <Motiv>
Schlaf <Motiv>
Bett <Motiv>
Nacht <Motiv>
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Beobachter
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Revolutionsanhänger <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 249, S. 66

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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