er Randhartinger Ignaz und der pölzlbauer waren wegen
eines zwischen ihren Grundstücken auf steiler Berghalde
hinlaufenden ganz schmalen Erdstreifens in Meinungsverschieden-
heiten geraten. Eben weil das Stücklein Land, das auf glatter
Felsplatte aufsaß, nur so ganz gering und kaum der Mühe des
Abheuens wert war, entbrannte ihr Streit doppelt und dreifach
bitter und es kaiu alsbald zuin Prozeß und dabei zur Augen-
scheinstagfahrt.
Diese sollte heute stattfinden.
Der Richter, ein aus kluger Lebenserfahrung sehr auf den
gütlichen Ausgleich erpichter cherr, und sein Aktuar, ein behäbiger,
dem Trunk nicht abholder Mann,
kamen in zweistündiger Wagentour
hergefahren und klommen dann in der
glühenden Sonnenhitze steil bergauf
den schmalen steinigen Fußpfad.
„pe, Mischer", keuchte der cherr
Rat, mühsam vorausstapfend, „ob wir's
wohl vergleichen?!"
„weiß nit", brummt der Protokoll-
führer gottergeben, „weiß nit —- sind
Dickschädel das — wird keiner nach-
stehen wollen!"
„wär' nit übel!" polterte der
Bezirksrichter hitzig. „Ist noch iinmer
gegangen! Um so einen Plunder —
keine zehn Gulden wert jedenfalls
— bin schon mit anderen Streit-
Hanseln fertig geworden. . . müßt'
rein mit dem Teufel zugehen da!"
Und weiter ging's — iinmer
schroffer bergan.
Es war wirklich ein jämmer-
liches Streiflein — spärlich mit
Gras bewachsen — mühsam hin-
geklebt an einen: kurzen, steilen,
brüchigen Rang.
Die Parteien standen schon
oben auf den: strittigen Teil, dabei
Rettern, Gesippe und Basen als Eideshelfer und natürlich die
zwei Advokaten auch.
So stapften sie auf dein kläglichen Strich umeinander,
die Sterken mit den Eisenspitze:: einhackend und gewaltig auf-
einander schimpfend.
Man hörte die Männer- und nicht zun: inindesten die weiber-
stimmen schon fernher und das Echo gegenüber an Wald und
wand.
Als der Bezirksrichter kam und ausgleichen wollte, ward's
nur ärger statt besser. Die beiden Bauern schrieen sich heiser,
sprangen — der Randhartinger ein schwerer Koloß, der pölzl-
bauer ein hager' beweglich' Männlein — wie wütend hin und
her; die Gesipxen schürten, die Beistände warfen Rechtsgründe
d'rein und die Weiber schrieen — besonders die Randhartingerin
und die pölzlbäuerin psiffen vor Gift wie Klarmett und ©boe
in: Kirchweihkonzert.
„Saperlot", polterte der perr Rat xstaumenblau, „saxerlot,
Ihr Zornnickel! Seid nit gescheit •— um so einen Schmarrn,
um so einen Kremxl! Keiner kann's brauchen! Gönnt's lieber
einer dem andern! ©der geb' einer ein paar Gulden hin dafür!
Aber doch nit streiten! Doch nit Hunderte von Gulden und Jahre
voll Unfried opfern wegen dem Nichts! Und Ihr, Weiber, hetzt
und belfert nit, sondern haltet die Schnäbel!"
Aber dainit kau: er schlecht an bei den Bäuerinnen und Basen
und Muhmen. „was?" geiferten sie. „wir Hetzen? wir
belfern? wo keine ein Sterbenswort! red't! wär' schon gut,
wenn man sich nicht mehr wehren dürft' um sein Recht!"
Und jede blies auf ihrer Partei den Bauern an wie ein
Blasbalg das Uerdfeuer und die zwei Gegner flackerten lichterloh
auf, brüllten, sprangen, scharrten mit den Absätzen und die
Gesipxen machten alles mit und die Rechtsfreunde, die da als
des Friedens Feinde sich zeigten, gaben ihren Senf d'rein.
Der Bezirksrichter schwitzte, glühte und kollerte immer mehr.
Er probierte alle seine bewährten Vergleichstraktätlein; aber —
wie der Aktuar grinsend konstatierte — keines half.
Als der Berr Rat dies boshafte Grinsen sah, kau: er zuletzt
aus Rand und Band. „Böllsaxen!" schrie er und fuchtelte u:it
dem Sonnendach in der Luft, „wann denn bei Euch peiden gar
kein christlich'Sprüchlein anschlägt, dann soll Euch doch gleich
eines zwischen ihren Grundstücken auf steiler Berghalde
hinlaufenden ganz schmalen Erdstreifens in Meinungsverschieden-
heiten geraten. Eben weil das Stücklein Land, das auf glatter
Felsplatte aufsaß, nur so ganz gering und kaum der Mühe des
Abheuens wert war, entbrannte ihr Streit doppelt und dreifach
bitter und es kaiu alsbald zuin Prozeß und dabei zur Augen-
scheinstagfahrt.
Diese sollte heute stattfinden.
Der Richter, ein aus kluger Lebenserfahrung sehr auf den
gütlichen Ausgleich erpichter cherr, und sein Aktuar, ein behäbiger,
dem Trunk nicht abholder Mann,
kamen in zweistündiger Wagentour
hergefahren und klommen dann in der
glühenden Sonnenhitze steil bergauf
den schmalen steinigen Fußpfad.
„pe, Mischer", keuchte der cherr
Rat, mühsam vorausstapfend, „ob wir's
wohl vergleichen?!"
„weiß nit", brummt der Protokoll-
führer gottergeben, „weiß nit —- sind
Dickschädel das — wird keiner nach-
stehen wollen!"
„wär' nit übel!" polterte der
Bezirksrichter hitzig. „Ist noch iinmer
gegangen! Um so einen Plunder —
keine zehn Gulden wert jedenfalls
— bin schon mit anderen Streit-
Hanseln fertig geworden. . . müßt'
rein mit dem Teufel zugehen da!"
Und weiter ging's — iinmer
schroffer bergan.
Es war wirklich ein jämmer-
liches Streiflein — spärlich mit
Gras bewachsen — mühsam hin-
geklebt an einen: kurzen, steilen,
brüchigen Rang.
Die Parteien standen schon
oben auf den: strittigen Teil, dabei
Rettern, Gesippe und Basen als Eideshelfer und natürlich die
zwei Advokaten auch.
So stapften sie auf dein kläglichen Strich umeinander,
die Sterken mit den Eisenspitze:: einhackend und gewaltig auf-
einander schimpfend.
Man hörte die Männer- und nicht zun: inindesten die weiber-
stimmen schon fernher und das Echo gegenüber an Wald und
wand.
Als der Bezirksrichter kam und ausgleichen wollte, ward's
nur ärger statt besser. Die beiden Bauern schrieen sich heiser,
sprangen — der Randhartinger ein schwerer Koloß, der pölzl-
bauer ein hager' beweglich' Männlein — wie wütend hin und
her; die Gesipxen schürten, die Beistände warfen Rechtsgründe
d'rein und die Weiber schrieen — besonders die Randhartingerin
und die pölzlbäuerin psiffen vor Gift wie Klarmett und ©boe
in: Kirchweihkonzert.
„Saperlot", polterte der perr Rat xstaumenblau, „saxerlot,
Ihr Zornnickel! Seid nit gescheit •— um so einen Schmarrn,
um so einen Kremxl! Keiner kann's brauchen! Gönnt's lieber
einer dem andern! ©der geb' einer ein paar Gulden hin dafür!
Aber doch nit streiten! Doch nit Hunderte von Gulden und Jahre
voll Unfried opfern wegen dem Nichts! Und Ihr, Weiber, hetzt
und belfert nit, sondern haltet die Schnäbel!"
Aber dainit kau: er schlecht an bei den Bäuerinnen und Basen
und Muhmen. „was?" geiferten sie. „wir Hetzen? wir
belfern? wo keine ein Sterbenswort! red't! wär' schon gut,
wenn man sich nicht mehr wehren dürft' um sein Recht!"
Und jede blies auf ihrer Partei den Bauern an wie ein
Blasbalg das Uerdfeuer und die zwei Gegner flackerten lichterloh
auf, brüllten, sprangen, scharrten mit den Absätzen und die
Gesipxen machten alles mit und die Rechtsfreunde, die da als
des Friedens Feinde sich zeigten, gaben ihren Senf d'rein.
Der Bezirksrichter schwitzte, glühte und kollerte immer mehr.
Er probierte alle seine bewährten Vergleichstraktätlein; aber —
wie der Aktuar grinsend konstatierte — keines half.
Als der Berr Rat dies boshafte Grinsen sah, kau: er zuletzt
aus Rand und Band. „Böllsaxen!" schrie er und fuchtelte u:it
dem Sonnendach in der Luft, „wann denn bei Euch peiden gar
kein christlich'Sprüchlein anschlägt, dann soll Euch doch gleich
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Ausgleich"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1904
Entstehungsdatum (normiert)
1899 - 1909
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 121.1904, Nr. 3082, S. 93
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg