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Münchhausens selige Erben und Nachfolger.
Wetter!" sage ich! „Jussuf Ben Schulze, so ein Bischen ver-
stehe ich von der Gärtnerei. Ich will mit dem Kaptain sprechen.
Morgen haben Sic Bescheid!" Klaus Nielsen, er ist nu ooch
todt, der olle Junge, sagt: „Meinetwegen bleibe, aber so wie
ich den Rosenöl habe, fahre ich ab!" Ich gehe zu Jussuf
Ben Schulze und sage ihm: „Ich nehme den Dienst, aber erst
auf Probe!" „Gut! sagt Jussuff Ben Schulze, winkt einem
kleinen Türken und fagt: „Hier, Herr Dragomann! Herr
Wehncke will den Dienst ans Probe annehmen!" „Allah Jllal-
lah," rnftderTürke vergnügt! „AllahKerim!" d. h. zudeutsch:
„Gottlob, nu sind wir dicke durch." Wir wackeln zusammen in's
Serail! Mir wird ein Pavillon als Logis gegeben. Ich kriege
eine türkische Porzellan-Gießkanne, eine Harke, Spaten und eine
wundervolle Perlenmutter ausgelegte Gartenhiepe, von feinstem
Stahl! Zwölf Stumme, Schwarze, wurden mir gleichfalls
als Sklaven eingehändigt! Ein Ferman wurde vorgelesen in
ihrer Gegenwart, worin mir blinder Gehorsam in allen kaiser-
lichen Garten-Angelegenheiten zu leisten war. Die türkischen
Garten-Artikel sind niederträchtig streng. Wer ohne Erlaubniß
eine kaiserliche Stachelbeere abrupft Bastonnade! — Ich
sagte zu meine Stummen: „Kinder, seid ruhig! So lange Ihr
Eure Schuldigkeit thut, bin ich der beste Kerl; aber so wie
Einer von Euch nur das kleinste Wort gegen meine Befehle
äußert — strangulirt und über die Gränze geschafft!" Ich
hatte nun die besten Tage! Abends, wenn ich im Garten pro-
menirte, so hörte ich immer in einem Kiosk, der in einem
Lrangenwäldchen lag und durch ein dichtes hohes Gitter ab-
gespcrrt - zur Mandoline die schönsten schmachtenden Ro-
manzen singen! Ich schlich mich oft verstohlen an das Gitter!
Der Kiosk war das Privatzimmer der Favoritsultanin! —
Jedesmal, wenn ich dem Gesänge lauschte, kam ein Blumen-
strauß über das Gitter geworfen und fiel zu meinen Füßen.
Ich hob immer die Sträuße auf und dachte nichts dabei!
— Aber mir sollten die Augen geöffnet werden. Eines Tages
hatte ich früh Feierabend gemacht, und gehe zu Juffuf Ben
> Schulze in's Kaffeehaus. Unterwegs schleicht mir eine alte
Frau verschleiert nach. Sie winkt mir, tritt zu mir heran,
mir einen großen Blumenstrauß reichend, sagt sie: „Da schöner
Fremdling" und weg wollte sie.! Ich gab ihr einige Silber-
stücke und denke, diese Alte wird wohl ein junges Blumen-
mädchen sein, wie wir solche Alte auch in Hamburg unter
den jungen Vierländerinnen finden, die mit Blumen handeln.
Ich trete zu Jussuf Ben Schulze in's Kaffeehaus und fordre
eine Portion Kaffee und eine Pfeife! Man bringt mir Beides.
Ich setze mich auf den Sopha, die Füße gekreuzt unter mir,
und lege ganz non chalant den Blumenstrauß neben mich
— die Türken sehen diesen Blumenstrauß — schütteln alle die
Köpfe und lachen. — Der kleine Mohr, der im Kaffeehaus
die Pfeifen anzündet, bringt mir einen Fidibus, sieht den
Blumenstrauß und lacht und kichert in Einem fort! Ich
werde ärgerlich und sage: „Dummer Bengel, rufe mir ein-
mal deinen Herrn her!" Jussuf Ben Schulze kommt und fragt:
„Herr Wehncke, was wünschen Sie?" Ich sage: „Kreuzdonner-
wetter ! Was ist das für ein Betragen gegen einen kaiserlichen
Gartenbeamten der hohen Pforte? Diese Türken lachen Alle
über meinen Blumenstrauß, sogar Aly der schwarze Pfeifenjunge
auch —" „Erlauben Sie mal," sagt Jussuf Ben Schulze,
nimmt den Blumenstrauß und lacht ebenfalls! „Das ist ja ein
Selam, liebster Herr Wehncke — verstehen Sie denn als Gärt-
ner die Blumensprache nicht?" — „Freilich!" sage ich — „aber
nicht die Türkische!" — „Schön," meint er, „dann will ich Ihnen
den Strauß erklären! „Sehen Sie hier, Levk oye und Gera-
nium bedeutet: Schöner Deutscher, ich liebe Dich, Tulpe
Münchhausens selige Erben und Nachfolger.
Wetter!" sage ich! „Jussuf Ben Schulze, so ein Bischen ver-
stehe ich von der Gärtnerei. Ich will mit dem Kaptain sprechen.
Morgen haben Sic Bescheid!" Klaus Nielsen, er ist nu ooch
todt, der olle Junge, sagt: „Meinetwegen bleibe, aber so wie
ich den Rosenöl habe, fahre ich ab!" Ich gehe zu Jussuf
Ben Schulze und sage ihm: „Ich nehme den Dienst, aber erst
auf Probe!" „Gut! sagt Jussuff Ben Schulze, winkt einem
kleinen Türken und fagt: „Hier, Herr Dragomann! Herr
Wehncke will den Dienst ans Probe annehmen!" „Allah Jllal-
lah," rnftderTürke vergnügt! „AllahKerim!" d. h. zudeutsch:
„Gottlob, nu sind wir dicke durch." Wir wackeln zusammen in's
Serail! Mir wird ein Pavillon als Logis gegeben. Ich kriege
eine türkische Porzellan-Gießkanne, eine Harke, Spaten und eine
wundervolle Perlenmutter ausgelegte Gartenhiepe, von feinstem
Stahl! Zwölf Stumme, Schwarze, wurden mir gleichfalls
als Sklaven eingehändigt! Ein Ferman wurde vorgelesen in
ihrer Gegenwart, worin mir blinder Gehorsam in allen kaiser-
lichen Garten-Angelegenheiten zu leisten war. Die türkischen
Garten-Artikel sind niederträchtig streng. Wer ohne Erlaubniß
eine kaiserliche Stachelbeere abrupft Bastonnade! — Ich
sagte zu meine Stummen: „Kinder, seid ruhig! So lange Ihr
Eure Schuldigkeit thut, bin ich der beste Kerl; aber so wie
Einer von Euch nur das kleinste Wort gegen meine Befehle
äußert — strangulirt und über die Gränze geschafft!" Ich
hatte nun die besten Tage! Abends, wenn ich im Garten pro-
menirte, so hörte ich immer in einem Kiosk, der in einem
Lrangenwäldchen lag und durch ein dichtes hohes Gitter ab-
gespcrrt - zur Mandoline die schönsten schmachtenden Ro-
manzen singen! Ich schlich mich oft verstohlen an das Gitter!
Der Kiosk war das Privatzimmer der Favoritsultanin! —
Jedesmal, wenn ich dem Gesänge lauschte, kam ein Blumen-
strauß über das Gitter geworfen und fiel zu meinen Füßen.
Ich hob immer die Sträuße auf und dachte nichts dabei!
— Aber mir sollten die Augen geöffnet werden. Eines Tages
hatte ich früh Feierabend gemacht, und gehe zu Juffuf Ben
> Schulze in's Kaffeehaus. Unterwegs schleicht mir eine alte
Frau verschleiert nach. Sie winkt mir, tritt zu mir heran,
mir einen großen Blumenstrauß reichend, sagt sie: „Da schöner
Fremdling" und weg wollte sie.! Ich gab ihr einige Silber-
stücke und denke, diese Alte wird wohl ein junges Blumen-
mädchen sein, wie wir solche Alte auch in Hamburg unter
den jungen Vierländerinnen finden, die mit Blumen handeln.
Ich trete zu Jussuf Ben Schulze in's Kaffeehaus und fordre
eine Portion Kaffee und eine Pfeife! Man bringt mir Beides.
Ich setze mich auf den Sopha, die Füße gekreuzt unter mir,
und lege ganz non chalant den Blumenstrauß neben mich
— die Türken sehen diesen Blumenstrauß — schütteln alle die
Köpfe und lachen. — Der kleine Mohr, der im Kaffeehaus
die Pfeifen anzündet, bringt mir einen Fidibus, sieht den
Blumenstrauß und lacht und kichert in Einem fort! Ich
werde ärgerlich und sage: „Dummer Bengel, rufe mir ein-
mal deinen Herrn her!" Jussuf Ben Schulze kommt und fragt:
„Herr Wehncke, was wünschen Sie?" Ich sage: „Kreuzdonner-
wetter ! Was ist das für ein Betragen gegen einen kaiserlichen
Gartenbeamten der hohen Pforte? Diese Türken lachen Alle
über meinen Blumenstrauß, sogar Aly der schwarze Pfeifenjunge
auch —" „Erlauben Sie mal," sagt Jussuf Ben Schulze,
nimmt den Blumenstrauß und lacht ebenfalls! „Das ist ja ein
Selam, liebster Herr Wehncke — verstehen Sie denn als Gärt-
ner die Blumensprache nicht?" — „Freilich!" sage ich — „aber
nicht die Türkische!" — „Schön," meint er, „dann will ich Ihnen
den Strauß erklären! „Sehen Sie hier, Levk oye und Gera-
nium bedeutet: Schöner Deutscher, ich liebe Dich, Tulpe
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Münchhausens selige Erben und Nachfolger"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 15.1852, Nr. 346, S. 74
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg