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15

Das Testament.

vom Wittwer. Auch der Veit gab seinem Original das
letzte Geleite.

Am dritten Tage nachher ward der Wittwer vors Gericht
beschieden, um den letzten Willen der Entschlafenen anzuhören.
Das Testament wird entsiegelt, und ein Assessor liest oor:

„Actum, d. d.zu X.

in Gegenwart des regierenden Bürgermeisters, Ernst
Gottlieb Würz, und der Gerichtspersonen: Jo-
hann Michael Herz, Metzgermeisters und Franz
Anton Binder, Küferobermeisters.

Nachdem obige Personen durch den hiesigen Seifensieder
Carl Friedrich Münz, heute in dessen Haus bcschiedcn
worden sind, um den letzten Willen seiner, derzeit kranken
Ehefrau, Anna Margaretha, einer gebornen Fröschte,
entgegen zu nehmen, haben wir uns hier eingefunden, und
nachdem wir uns überzeugt, dass Testatorin zwar gefährlich
krank, im klebrigen aber noch bei guter Vernunft ist, deren
letzten Willen in Nachstehendem ausgezeichnet:

Ich, AnnaMargaretha, Ehefrau des Carl Friedrich
Münz, Seifensieders dahier, verordne für den Fall
meines Ablebens wie folgt:

1. Zum Gesammterben meines sämmtlichen Besitz-
thnins an liegender und fahrender Habe setze ich
ein meinen Ehemann, Carl Friedrich Münz,
Seifensieder dahier.

2. Gesammterbe soll verpflichtet sein, nachstehende
Legate baar auszuzahlen:

a. der Kirche zu St. Leonhardt dahier die Summe
von dreihundert Thalern zu Anschaffung von
Altar und Kanzeltuch;

b. den Armen im hiesigen Hospital die Summe von
dreihundert Thalern, welche dem regierenden Bür-
germeister zur Vertheilung zu übermachen sind;

c. meinem Nachbar, dem Schuhmacher Veit
Fröhlich, als einem arnien, aber ehr-
lichen und braven Mann, die Summe
von tausend Thalern.

Daß Vorstehendes der deutlich ausgesprochene Wille der
Testatorin ist, bezeugen bei ihren Pflichten und Kraft
ihres Anits zc."

»Hat Er etwas gegen das Testament einzuwenden?" fragte
der Bürgermeister den Seifensieder. Dieser hatte zwar bei
Punkt 2. e. etwas wie „Spitzbube" zwischen den Zähnen
gemurmelt, machte aber natürlich keinerlei Einwendungen,
.'luch die leer abziehenden Jntestat-Erben konnten das rechts-
gültig abgefaßte Testament nicht aufechten, und so blieb der
Friedrich, mit Ausnahme der Legate, in ungestörtem Besitz
des Vermögens.

, ^eiu erster Gang, als die Sache im Reinen war, tvar zum
^eit. „Nun, wie hat dir das Testament gefallen?" rief ihm
er entgegen. „Du Erzschelm," war die Antwort, „hättest du
"'cht können warten, >vas ich dir gegeben hätte, hat es auch
'uu,scn ausgesetzt sein?" „Sieh," sagte Veit lachend, .„ich ivollte
«ne Großmuth nicht in Verlegenheit setzen, und umsonst auf's

Todtenbett zu liegen, und einem wohllöblichen Gerichtspersonal
Antwort zu stehen, wirst du mir nicht zumuthen. Die andern
Legate aber sind nöthig gewesen, um das Testament desto
giltiger zu machen. Du kannst immer noch zufrieden sein!"
„Das bin ich auch, und damit du siehst, daß ich kein Knicker
bin, hast du hier zum Voraus den Pfandschein auf dein Häuschen
mit dreihundert Thalern zurück; die tausend Thaler kannst du
bei mir jederzeit abholen. Jetzt aber, weil Alles so gut ging,
komm nur in den Falken, da wollen wir einmal lustig sein!"
„Einqeschlagen, Bruderherz! wir gehen in den Falken."

I. I. V.

Papierschnitzeln.

In der Jnstrnktionsstunde. Lieutenant.

„Füsilier Schleicher! Was verstehen Sie unter Tiraillemcnt?"

Schleicher. „Die zerstreute Fechtart der Infanterie."

Lieutenant. „Gut! — Füsilier Dämmerling! Was
ist ein Tirailleur?"

Dämmerling. „Ein zerstreuter Infanterist, Herr
Lieutenant."

Ausweg. (Officier zum Burschen). „Opfermann,
hole mich gleich bei Meier und Comp, ein Pfund Tabak."

(Bursche zurückkommend ohne Tabak.) „Herr Lieutenant!
der Meier hat den Laden geschloffen, die Kirche hat begonnen."

Officier. „Gut, da hole mich nur ein halbes Pfund."

Das Traetament. Feldwebel. „Herr Lieutenant!
Ich bringe hier das Tractament."

Lieutenant. „Wieviel? Feldwebel!"

Feldwebel. „Nach Abzug der geleisteten Vorschüsse, haben
der Herr Lieutenant noch zehn Silberjroschen an mich zu zahlen."

Lieutenant. „Verdammt! NotirensiesichsFeldwebel.—
Gibts sonst was Neues?"

Feldwebel. „In der Stadt circuliren bereits viele
neue napoleonische Fünffrankstücke."

Lieutenant. „So, bei mich ist das Circulare noch
nicht jekommen."

Gewehr auf — Gewehr ab. (Feldwebel kommt
eiligst zu dem kasernirenden Officier, der sich noch in Negligee
befindet.) „Herr Lieutenant halten zu Gnaden, Sie haben
heute die Kirchenparade, es wird eben zum dritten Mal ge-
läutet. Die Mannschaft steht bereit."

(Vor der Kaserne. Die Kirchenparade steht in Helm und
Säbeln bereit. Lieutenant aus der Thüre stürzend noch mit der
Toilette beschäftigt, kommandirt): „ Stillgestandcn!" Gewehr auf!"

(Feldwebel leise zu ihm.) „Herr Lieutenant! die Leute
haben keine Gewehre."

Lieutenant. „Donnerwetter! Gewehr ab!"

Zwangsessen. „Mit unserm Fürsten muß Niemand
gern essen, denn da lese ich eben in der Zeitung, daß wieder
drei Landstände zur Tafel gezogen wurden."
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