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Abenteuer in Australien.

hat, und beweist, wie auch bei den unvernünftigen Thiercn
wirkliche Verbrechen vorfallen, wie wir sie bis jetzt nur in einem
civilisirten Staate für möglich gehalten haben und ich werde
Ihnen die ganze Sache auseinander setzen.

Die OpossummS oder Beutelratzen, die es hier in ungeheuerer
Menge giebt, und die auf den Bäumen und von Blättern leben,
gerade wie unsere Eichhörnchen, nur daß die Nüsse fressen, was
aber die OpossummS nicht thun, da sie keine haben, weil auf
den Gumbäumen keine wachsen. Diese OpossummS tragen ihre
Jungen nun ebenso in den Taschen herum, wie die Känguruhs,
wovon sie auch Beutelratzen heißen und was ich hier erzählen
will, ist ein wirklicher Kinderdtebstahl, den ich mit eigenen Augen
gesehen habe und mit Gottes Hülfe eidlich erhärten kann.

Ich lag nämlich so in einer Art Halbdusel, unter einen
Busch gedrückt, an der Uferbank, und wartete auf das Squorra-
Squorra, was aber nicht kam, und vor mir standen eine ganze
Menge Bäume verkehrt, als wenn sie's gerade zum Trotz thäten.
Da die Australischen Bäume nämlich grundsätzlich mit den Wur-
zeln in die Höhe stehn, so standen diese gerade umgekehrt mit
den Zweigen nach oben, gerade wie bei uns, was sich ganz son-
derbar ausnahm. Der Mond schien dabei so hell, daß man
hätte lateinisch lesen können, und wie ich noch so dalicge und
durch die Zweige in den Mond hinaufsehe und die Moskitos wcg-
treibe, die hier ganz unbändig sind, denn das kann kein Mensch
aushalten, und ich auch nicht, wie die einen kujoniren. Neulich
hat einmal einer Schustern gerade durch den Arm gestochen —
so ein Raker — daß der Stachel hinten wieder herauskam —
am Arm mein ich — und Flöhe giebts hier, gerade wie die
Känguruhs und so groß, daß sie morgens ordentlich zu Wasser
htnuntergehn und sich satt saufen, was sehr komisch aussieht,
was mir aber sehr lieb ist. Also, wie ich so daltegc und mir
den Mond betrachte, sehe ich auf einmal auf dem einen Zweig,
der gerade vom Stamm abstand, so ein Opossum sitzen, das
feine Jungen fütterte. Es sah ordentlich rührend aus, und wie
die Kleinen fertig waren, nahm sie die Mutter und steckte sie
wieder in die Taschen. Und wie sie noch so dasitzt, und wahr-
scheinlich auch an Nichts denkt, kommt auf einmal ein anderes
Opossum aus dem Baume heraus, und setzt sich zu dem ersten
und fängt da einen langen DiSkurs an. Nun hätte ich die
Beiden recht gut mit einem Schuß von da oben herunter holen
können, aber erstens glaubt' ich, daß sie sich vielleicht irgend was
NothwendigeS zu sagen hätten, und dann mocht ich auch jetzt
nicht schießen, um das Squorra-Squorra, wenn es je Lust hätte
herauszukommcn, nicht scheu zu machen. Wie ich nun so noch
dasitze und den beiden zuschaue, faßt auf einmal das letztgekom-
mene Possum sachte hinten 'rum, greift der Mutter in die eine
Rocktasche, und holt sich mit Gottes Hülfe ganz vorsichtig eins
von den Jungen heraus, ohne daß die Alte auch nur das Min-
deste davon gemerkt hätte. Dabei that es, als ob gar nichts
vorgefallen wäre, practizirte es sich dann in den eigenen Sack
und war auf einmal in den Zweigen verschwunden. Jetzt merkte
die Alte aber Unrath, fühlte sich erst rasch an alle Taschen und
stieß, als sie das eine Junge wahrscheinlich vermißte, ein wahres
Zetergeschrei aus. Nachher wetzte sie hinter ihm drein, was sie

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gleich hätte thun sollen, ich kann Ihnen aber nicht sagen, ob sie
ihn wieder gekriegt hat, den Lump den elendigen.

Ehe ich aber hier weiter fortsahre, muß ich Ihnen nur we-
nigstens erzählen, wie wir es unS eigentlich ausgedacht hatten,
die große Bestie von Squorra-Squorra zu fangen. D. h.
Schuster wollte gar nicht so recht dran, er sprach immer von
seinem Zustande und verlangte nach Hause, endlich aber kriegt'
ich ihn dahin, daß er mir wenigens versprach noch einen Ver-
such zu machen der Bestie anzukommen, und den hatte der In-
dianer ausgedacht. Die Geschichte war aber so — einen be-
stimmten Wechsel hatte das Squorra-Squorra nicht, denn die
Fährten kamen überall aus dem Wasser heraus, so viel wußten
wir aber nun, daß die Bestie gerade nicht bösartig sei, und das
war bis jetzt die Hauptsache und was Schuster besonders für sie
einnahm. Nun muß ich Ihnen unseren Plan erzählen, was
eigentlich dem Indianer seine Erfindung war, der gar nicht so
dumm ist, wie Schuster auSfieht. Wir hatten nämlich das letzte
Mal bemerkt, daß er sich ganz dusemang in's Wasser rollen ließ

— das heißt der Squorra - Squorra und nicht etwa Schuster.

— Nun wollten wir ihn erst ruhig wieder herauskommen und
sich hinlegcn lassen, und wenn er fest eingeschlafen war, dann
sollte der Indianer, der beiläufig gesagt Kalbaukurt hieß, war
in ihrer Sprache Einen bedeutet, der sich uneingeladen zu Tische
setzt, was er regelmäßig alle Mittag that — dann sollte also
Kalbaukuri gerade da, wo er sich Hinüberrollen mußte, einen
spitzen und vergifteten Pfahl in die Erde treiben, so daß wir
ihn also in der Hinsicht auf Nummero Sicher hatten. Nachher
brauchten wir ihn bloS scheu zu machen, dann lief er von selber
hinein. DaS allein war aber lange nicht genug, denn wenn er
sich auch auf die Weise selber vergiftet hätte, wäre er doch jeden-
falls noch mit sammt dem Pfahl in's Wasser gelaufen und da
hätten wir drei ihn nachher gewiß nicht wieder herausgeholt,
und das BiSchen Gestank! Kalbaukuri drehte daher aus der
Rinde des StringybarkbaumeS, die unvernünftig zäh ist, ein
starkes dickes Tau, dieses sollte mit einem Ende um den nächsten
Baum geschlagen, und die Schlinge dann so gelegt werden, daß
er sich dahinein, zu gleicher Zeit wenn er auf den Pfahl rannte,
verwickeln mußte und mit Gottes Hülfe nicht weiter konnte,
was mir sehr lieb war, und dann hatten wir ihn.

Um dabei ganz sicher zu sein, konnte ich ihm noch eine Kugel
auf irgend einen empfindlichen Theil setzen.

Mit all diesen Vorbereitungen und Herzklopfen erwarteten
wir den verhängnißvollen Augenblick. Das Tau war bereit, der
Pfahl auch, dem Schuster aber nicht auf zehn Schritt zu nahe
kommen wollte, weil er vergiftet war und es frug sich jetzt nur,
ob die Bestie wieder an der nämlichen Stelle wie früher aus
dem Murrumbidgi kommen würde.

So saß ich Abends um neun Uhr etwa, aber es war eigent-
lich Morgens, denn eS war eben dunkel geworden und ich werde
auch noch manchmal confus drüber, woran Sie sich aber nicht
zu stoßen brauchen, gerade hinter einem von den Gumbäumen,
rauchte meine Pfeife und sah auf den Fluß hinunter, der dicht
neben mir hinlicf. Keine fünf Schritt von mir lagen Schuster
und Kalbaukurt und schliefen, denn sie hatten die Wacht nicht,

Ick *
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