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108

Abenteuer in Australien.

was aber bei Schustern eigentlich keinen Unterschied macht, und
ich fing eben an mich wieder in Len Bäumen umzuschauen, ob
nicht etwa eines von den Opossums zurückkommcn wollte, als
plötzlich das Wasser, ganz dicht bei wie an zu kochen fing, und
gleich darauf, und ehe ich nur eigentlich recht zur Besinnung
gekommen war, stieg eine kleine Insel erst an die Oberfläche
und dann an's Land.

O Jemine, was für ein Brest — denken Sie sich einmal
einen Elephanten, multiplictren Sie den mit sechs anderen Ele-
phanten und rechnen Sie noch ein Rhinoceros und einen großen
Ochsen dazu, dann haben Sie ungefähr die Hälfte davon. Sic
werden mich entschuldigen, wenn ich im ersten Augenblick ganz
verblüfft dasaß, was mir recht lieb war, denn die Bestie behielt
dadurch Zeit vollkommen auf's Trockene zu kommen und sich
hinzulegen. Von mir konnte sie dabei Nichts sehen, der In-
dianer mußte aber doch wohl durch das Geräusch, was sie gemacht
hatte, munter geworden sein, denn auf einmal schlich, er um
den Busch und um Schustern herum und war gleich darauf
hinter der Bestie verschwunden, die dabei so ruhig liegen blieb,
als ob sie die ganze Geschichte gar Nichts anginge.

Mir klopfte das Herz so stark — wie Sie sich wohl denken
können, daß es mir mein Uhrglas in der Westentasche entzwei
schlug — was ich aber erst nachher bemerkte und ich war nur
bange, das Squorra-Squorra würde es hören, wie Kalbaukuri
den vergifteten Pfahl gerade auf seinem Spaziergang cinschlug.
Aber Gott bewahre, es lag wie eine Mauer. Das Schwierigste
war jetzt die Schlinge anzubringen, und wir mußten dazu alle
drei auf den Beinen sein, denn das Tau mar mit Gottes Hülfe
verwünscht schwer und dick, was mir sehr lieb war. Ich beschloß
also Schustern zu wecken.

„Schuster!" sagte ich und stieß ihn mit dem Gewehrkolben
in die Rippen — „Schuster!" aber HcrrjeS was kriegt ich für
'nen Schreck — „Hülfe!" schrie er, denn er träumte wahr-
scheinlich gerade schwer, und richtete sich mit dem Oberleib in
die Höhe — „Hülfe!"

„Schuster um Gottes Willen!" flüsterte ich, und wollte ihm
mit Gewalt den Mund zuhalten, dadurch wurde die Sache aber
nur ärger und ich sah schon voraus, daß dieser unglückliche
Schuster unseren ganzen Plan zu nichte machen würde, wenn
ich nicht zu einem verzweifelten Mittel griff. Mit der Hand
konnte ich ihm den Mund nicht länger zuhalten, da ich aber
glücklicher Weise stärker bin als er, drückte ich ihn rasch auf die
Erde nieder, drehte mich mit Blitzesschnelle um, und setzte mich
gerade auf sein Schreiorgan, wobei ich ihm die dringendsten Vor-
stellungen von der Welt machte ruhig zu sein und uns nicht durch
ein so unvernünftiges Gebrüll die ganze Jagd zu verderben. Aber
Gott bewahre — ich hätte ihm eben so gut sagen können der
Kaiser von China wäre gestorben — er strampelte erst mit
Händen und Beinen und plötzlich fand ich zu meinem Schrecken,
daß ich mich höchst leichtsinniger Weise in eine Gefahr begeben
hatte, die für mich von den traurigsten Folgen hätte sein können
Schuster nämlich, der wie er mir nachher sagte, im ersten Augen-
blick nichts anderes glaubte, als er sei in die Gewalt der In-
dianer gefallen, und nun fand, daß er sich nicht ftei strampeln

konnte, griff mich plötzlich mit seinen Zähnen, die verdammt
scharf find, was ich mir im Anfang gar nicht gedacht hatte —
von hinten an und schrie nun allerdings nicht mehr, denn er
hatte das Maul voll, aber nun schrie ich, und wäre jetzt für
mein Leben gern aufgesprungen, was aber nicht ging. Denken
Sie sich einmal in meine Lage. Plötzlich aber ließ Schuster
los und lag stockstill, was mir sehr lieb war, und Sie können
sich wohl denken, daß ich ihn nicht weiter nöthigte noch einmal
zuzulangen. Ich sprang geschwind in die Höhe -und sah jetzt
zu meinem Erstaunen, wie sich Schuster auch aufrichtete und
ganz ruhig und vernünftig war. Er schien durch eine ganz
richtige Folgerung herausbekommen zu haben, daß das kein In-
dianer war, der auf ihm saß, denn er hat auch nachher ver-
sichert, er hätte noch nie einen Indianer mit Hosen gesehen.

Wie wir aber nun wieder ruhig waren, sing Kalbaukuri
an zu schreien, und eigentlich schadete das auch nichts weiter,
denn das Squorra war indessen ganz sachte wieder in's Waffer
gegangen. Aber nicht über den vergifteten Pfahl weg, sondern
daneben hin, was sehr vernünftig von dem Squorra - Squorra
sein mochte, mir aber nicht lieb war. Da saßen wir nun mit
unseren ganzen Vorbereitungen auf der wohlriechenden Haide —
und ich konnte nicht einmal sitzen, von wegen Schustern seinem
Angriff und der Indianer warf dabei die Hände um den Kopf
herum, als ob er sich vor Schlafengehen erst noch geschwind die
Arme ausschlenkcrn wollte. Schuster übrigens, der sich mit dem
Australischen besser behelfen konnte wie ich, meinte, der Schwarze
hätte uns noch was Besonderes zu sagen. Und so war es auch
— er wollte uns nämlich bemerklich machen, das Squorra-Squvrra
sei den Fluß hinunter gegangen und vielleicht wieder an einer
andern Stelle heraus gekommen. Das Bequemste in diesem Falle
war jedenfalls ihn auf Kundschaft auszuschicken, und das geschah
denn auch, er war aber noch keine halbe Stunde weggcwesen,
als er auf einmal ganz athemlos wieder angestürzt kam, und
uns erzählte, nur wenige hundert Schritt den Fluß hinunter
liege die Bestie richtig wieder auf dem Trockenen und warte
auf uns.

Schuster fluchte übrigens und wünschte sich alle Squorra-
Squorras lägen auf dem Boden der See, und er in seinem
Bette — Schuster hat nie viel von der hohen Jagd gehalten,
ich ließ mich aber dadurch auch keineswegs irre machen, sondern
bedeutete dem Indianer, der sich erst seinen Giftpfahl auszog,
voranzugehn, und griff dann mit Schustern das Tau auf,
und das hintennach schleppend, krochen wir durch die Büsche mit
Gottes Hülfe den Fluß hinunter.

ES war so eine Art Halbdunkel, nicht recht „Büchsenlicht"
aber auch gerade nicht so, daß man gegeneinander anrannte,
und nach einer Stunde marschiren — denn mit dem verdammten
Tau blieben wir alle Augenblick hängen — erreichten wir endlich
den Platz, wo der Indianer aus seinem Pfahl, saß — daS heißt
nicht auf der spitzen Seite — und auf uns wartete.

(Schluß folgt.)
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