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182 Thiergartenstudien.

(Von Mathilde Stuhlhofer, Lehramts-Candidatin.)

Die Affen sind jene Thiere, welche ich nicht leiden kann;
denn sie haben keine Sittsamkeit und machen uns Alles nach. —
Die Hyäne ist ein so blutdürstiges Thier, daß sie selbst todte
Gebeine frißt. — Der Tiger gehört zu dem Katzengeschlecht,
ist jedoch allem Anscheine nach ein Männchen. — Der Löwe
ist jenes Thier, welches vor 6 Wochen crepirte, wo das rauhe
Klima auch auf uns Andere sehr unvortheilhaft einwirkte. —
Der Auer ochs ist der Stammvater unserer Kühe. Obwohl
ich dem begabten Forscher Darwin im Wesentlichen beipflichte,
so habe ich doch die Uranlage zur Buttermilch, wenigstens bei
dem vorliegenden Exemplare, noch nicht auffinden können. —
Der Alligator besteht aus Schuppen, welche nach rückwärts
in eine bedeutende Verlängerung auslaufen. — Der Flamingo
erinnert an den rothen Rittmeister, besonders was Schnabel
und Beine betrifft. — Der Storch ist jenes Hausthier, welches
unsere Voreltern mit Fabeln in Verbindung brachten, welche
dem heutigen Stande der Naturwissenschaften geradezu Hohn
sprechen. — Bei den übrigen Flüglern ist mir nichts aufgestoßen,
nur daß sich die Enten nicht so benehmen, wie es die conven-
tionellen Formen der Gesellschaft nun einmal verlangen.

Eine lustige Gerichtsverhandlung.

Der Oederbauer von Niedersterzling war bei seinen Orts-
nachbarn nicht sehr beliebt. Er war noch ziemlich gut bei
Jahren, hatte einen schönen Hof von seinen Eltern geerbt und
viel Geld im Kasten, aber er war ein Hagestolz geblieben,
hauste für sich und lebte sehr sparsam. Man sagte, er habe nur
aus Sparsamkeit es verschmäht, sich eine Hausfrau zu suchen
und jetzt möge ihn keine mehr. Der Oederbauer pflegte auch
nur selten sich im Wirthshaus sehen zu lassen und kam er alle
heilige Zeit einmal in der Dämmerstunde dahin, dann trank
er nicht viel und redete noch weniger, schlich sich vielmehr bald
wieder heim, wie er gekommen war, ohne freundliches Wort
und ohne Gruß und Handschlag. War er selbst den älteren
Bauern, die ihn von Jugend auf kannten, ein unheimlicher Kerl,
so galt er bei den jungen Burschen des Ortes als Ausbund
des Geizes und der Habsucht, dem man, wo man nur konnte,
anthat was ihn ärgern oder verletzen mochte.

Eines schönen Abends, es war Kirchweih in Niederstcrz-
ling, da gings im untern Wirthshaus hoch her! Die Burschen
sangen zur Zither und einige Musikanten spielten im Tanzsaal
j auf. Jung und Alt war guter Dinge und Tanz und Gesang
wechselten ab, den Niedersterzlingern die Zeit zu vertreiben.
Die Klänge der Tanzmusik drangen auch zum Oederbaucrn
hinüber in seine einsame Stube, und weckten in ihm den letzten
Rest menschlicher Regungen, so daß es ihn nicht länger" in
seinem stillen Hanse litt, sondern unter die lustigen Menschen
in's Wirthshaus trieb. Spät war's schon, als der Oederbauer
in die große Zechstube trat und am Ofensitz Platz nahm.
Allgemeines Staunen verursachte diese seltene Erscheinung. —
Man traute seinen Augen kaum, der Oederbauer hatte bei
seinem Eintreten sogar die Nächststehenden gegrüßt und sich jetzt
schon das zweite Glas einschenken lassen! Als aber vollends

Eine lustige Gerichtsverhandlung.

der Oederbauer seinen grünen Zugbeutel aufthat und den
Musikanten einen blanken Gulden auf den Tisch hinwarf, da
verwandelte sich das Staunen in allgemeine Heiterkeit. Der i
Zitherspieler, ein frischer, schneidiger Stegreifdichter, war sofort !
bei der Hand und sang ein Schnadahüpfl auf den Oeder-
bauer, das sofort zündend einschlug, so daß cs die andern
jungen Burschen gleich im Chore wiederholten. Es war ziem-
lich harmlos, wenn auch nicht frei von Satyre, aber der
Oederbauer lachte mit, als die Anwesenden alle durch ein frohes
Gelächter ihren Beifall kund gaben. Solcher Beifall reizte aber
den jungen Improvisator und nach wenigen Augenblicken hatte
er schon ein zweites und ein drittes G'sangl auf den seltenen
Gast losgelassen.

Bald war der Oederbauer von den jungen Burschen um-
ringt und was nun dem einen nicht einfiel, das kam einem
andern in den Sinn und Schnadahüpfl folgte auf Schnada-
hüpfl — jede Strophe im Chore unter lautem Gelächter
aller Anwesenden wiederholt. Die Anspielungen wurden dabei
immer derber und zuletzt hagelte ein wahrer Schauer von be- i
leidigenden Ausdrücken auf den Geizhals und Sonderling her- !
nieder. Der Oederbauer hatte schon bei'm zweiten G'sangl zu
lachen aufgehört und immer düsterer wurde seine Stirne, bis
er endlich in voller Wuth aufsprang und die lustigen Spötter weg-
stoßend aus der Zechstube verschwand. Er hörte noch das schallende
Lachen aus dem Wirthshause, als er wieder an seinem einsamen
Hofe die Hausthüre aufmachte, die er heftig hinter sich zuschlug.

Am andern Tage war er in der Stadt beim Advokaten.

Er nannte demselben die 8 Burschen, die sich am meisten her- j
vorgethan, an der Spitze den Feldnertoni, der mit den Spott-
liedern den Anfang gemacht hatte. Den Inhalt der einzelnen
Spottverse wußte er dem Doktor nicht anzugeben, aber einzelne
Scheltworte hatte er sich gemerkt. Wenige Tage später lief bei
dem betreffenden Bezirksgericht eine Klage des Oedcrbauern
gegen Feldnertoni und Genossen wegen verläumderischer Beleidig-
ung ein. Da es nun zur öffentlichen Verhandlung kam, waren
der Oederbauer und die 8 Beklagten erschienen. Die Zeugen,
auf die sich der Oederbauer berufen hatte, wußten wenig Aus- i
fünft zu geben. Der Eine hörte nicht gut, der Andere war
gerade nicht in der Zcchstube anwesend, der Dritte wollte gerade
geschlafen haben und die Uebrigen konnten sich der einzelnen
beleidigenden Ausdrücke nicht mehr erinnern; die Angeschuldigten
aber stellten jede Beleidigung in Abrede. „Nun, daß Ihr
Schnadahüpfeln auf den Oederbauern gesungen habt, könnt Ihr
nicht leugnen," sagte der ungeduldig gewordene Senatsvorstand
zum Feldnertoni. „Wenn Ihr bestreitet, daß diese Gesangeln,
die in der Klage behaupteten beleidigenden Ausdrücke enthielten,
so sagt mir, wie sie gelautet haben?" „In Gnaden Herr
Präsident!" ließ sich jetzt der Feldnertoni vernehmen, „i müßt
schon noch wie s' g'laut hab'n, aber a Schnadahüpfl kann ma
blos singa - uit sag'n!" „Nun so singt's, wenn Jhr's nicht
hersagen könnt", entgegnete der Richter ärgerlich und siehe da,
unser Feldnertoni begann mit frischer Stimmen

Was nützt dir a Chais'n

Wenns d' nit damit fährst, —

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