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Die Rache des Grenadiers.

bereits so geärgert, das; er beschloß, den Johann nach seiner Ent-
lassung aus dem Arrest wenigstens bis nach der Jnspicirung
zurück zu nehmen, und sich erst später einen Andern auszubilden.
Johann kam alsbald aus dem Arrest und in den Stall des
Obersten zurück, wo sich eine freudige Erkennungsscene äbspielen
sollte. Gleich bei seinem Eintritt betrachtete nämlich Johann
kopfschüttelnd das neue Pferd von allen Seiten, dann hob er
die dichte Mähne der Stute, wo er den vermntheten kleinen Brand
der Omnibusgesellschaft entdeckte, der ihn jeden Zweifels enthob:
„Das neue Kommandeurpferd war die alte Rosa vom Omnibus."
Doch Johann war schlau und sagte keinem Menschen etwas von
seiner Entdeckung.

Daß die alte Rosa als Omnibuspferd gut dressirt war,
hatte Johann oft genug erfahren. Wenn er durch einige
Gilkas, die er im Magen und manchmal auch im Kops hatte,
recht müde geworden, dann konnte er ruhig schlummern oben
auf seinem Kutschersitz; denn Rosa kannte ihren Dienst. So-
wie der Condukteur klingelte, blieb das brave Thier stehen und
alle Peitschenhiebe hätten es nicht eher vorwärts gebracht, als
bis das zweite Klingeln zum Weiterfahreu ertönte. Daraus
baute Johann für den folgenden Tag, wo die Jnspicirung sein
sollte, seinen Racheplan. — -— —

Schon in aller Frühe bestieg der Oberst sein neues Pferd,
um es vor dem Exerciren noch etwas abzutraben, damit es ihm
ja keine Geschichten während der Jnspicirung mache.

Johann aber sollte sich gegen neun Uhr mit dem andern
Pferde an einem Gebüsch, das an der Grenze des Exercirplatzes
lag, dicht neben dem Aufstellungspunkte des Regiments bereit
halten, denn man konnte ja nicht wissen, was passirte und dann
Hütte B. für den äußersten Nothfall doch noch ein anderes Pferd
zur Stelle. Schon vor der befohlenen Zeit war Johann da.
Aber was Hielt er denn in der einen Hand? Ja, das war das
Werkzeug seiner Rache, eine
Klingel. Johann hatte die-
selbe in der Stadt aufge-
trieben; sie stimmte genau
aus den Ton der -Omnibus-
klingeln, und die Versuche,
welche er damit bei Rosa
angestellt, befriedigten ihn
vollkommen. — Das Regi-
ment war angetreten. Der
Oberst hielt vor der Front
und betrachtete mit selbst-
gefälligem Stolz sein braves
Thier und liebkoste es.

Der Adjutant verfehlte
natürlich nicht, auch die
Schönheiten Rosas, beson-
ders ihren üppigen tzaar-
wuchs, gebührend anzuer-
kennen. Der Adjutant war
selbst kein großer Reiter.

Aber >vo das Pferd seines

Kommandeurs hinging, da lief seines mit, und wenn der Oberst
anhielt, so hielt auch das Pferd des Adjutanten. Mehr
brauchte es ja auch nicht. Als nun die Zeit herankam, wo
der Jnspicirende erscheinen mußte, ritt der Oberst noch einmal
die Front herunter, hielt eine kurze Ansprache an die Leute
und begab sich dann auf den rechten Flügel des Regiments.
Da erschien auch schon von Weitem der General. Der Oberst
ließ das Gewehr präsentiren, die Musik spielte den Präsentir-
marsch und B. setzte sich in Galopp, um seine Meldung ab-
zustatten. Auf seinem Wege mußte er an dem Gebiisch vorbei,
wo Johann stand. Dieser hatte die Klingel zur Hand ge-
nommen, und als der Oberst ganz in der Nähe war, begann
er, hinter dein Braunen stehend, kräftig zu schellen. Als die
„alte Rosa" diese Töne vernahm, überkam sic die Erinnerung
an ihre bisherige Laufbahn und, o Schrecken — sie blieb
plötzlich stehen, die Ohren nach dem Schalle zu spitzend. Der
Oberst hatte in seinem Diensteifer weder das Klingeln gehört,
noch war er auf das plötzliche Stutzen seines Pferdes vorbe-
reitet. Er verlor bedenklich seinen Sitz und hatte Mühe sich
im Sattel wieder zurecht zu rücken. Doch der Juspizireude kam
immer näher und es war keine Zeit zu verlieren. Aber Rosa,
ganz von ihrem Pflichtgefühl beseelt, blieb stehen wie ein Bock.
Alles Drücken und Schnalzen mit der Zunge half nichts.

Der Oberst gerieth in Verzweiflung und in höchster Noth
nimmt er seinen Degen und prügelt auf Rosa los; aber Alles
umsonst, und als er nun gar mit den Sporen ankam, da
war es vollends vorbei! So etwas war der alten Rosa noch
nicht passirt; sie bäumte sich hoch auf und schlug aus, daß
der Oberst glaubte, sein letztes Ständlein wäre gekommen. Im
nächsten Moment mußte er herunterfalleu.

Da schellte Johann zum zweiten Male und ehe der Oberst
darauf vorbereitet war, schießt das geängstigte Thier in mächtigen
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Rache des Grenadiers"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Nagel, Ludwig von
Entstehungsdatum
um 1883
Entstehungsdatum (normiert)
1878 - 1888
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 79.1883, Nr. 1982, S. 018
 
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