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Bhyr.

halte. „Wenn's dem Könige jo mundet wie mir, so ist die
Sciche vortrefflich ausgesallen."

„Ach Herr, trinkt lieber nicht", sagte der Diener, als Dakid
sich auf's neue eine Schale füllte. „Es könnte' das Zeug des
Gandaral in der Menge doch schaden."

„Ja richtig, Halunke", fuhr Bhyr aus, „ich komme erst
jetzt eigentlich hinter de» Sinn Deiner Narrheit. Du hast dem
alten Hohenpriester unsere Sache verrathcn, und er hat Dir
Etwas gegeben, unser Getränk zu verderben."

„Ach ja, nur zum Verderben, nicht zum Sterben",
siel der Diener ei». „Gandaral hat mir's beim großen Bai
geschworen. Sonst hätte ich's nicht gethan. Nur üntrinkbar
sollte cs Alles machen. Es ist aber kein Gift!"

„Nein, Du Thor, Gift scheint es nicht zu sein", sagte
Dakid; „so wohl duften und schmecken kann nichts Schädliches."

„Aber was war's, was Du hineingcthan?" herrschte jetzt
Bhyr den armen Diener wieder an. Derselbe bekannte, was
er wußte, aber er kannte das cigcnthiimliche Kraut nicht näher,
nur beschreiben konnte cr's.

„Warte, wir werden hinter die Sache schon kommen", rief
plötzlich Dakid, „und der alte Kerl von gallsüchtigcm Obcr-
priestcr soll mir dabei noch so mürbe werden, wie ich's will."
Nach nochmaliger Leerung einiger Schalen zogen die beiden
! erfrischt und in ungewöhnlich heiterer Stimmung nach dem
i Baltempcl.

Sie meldeten sich aus der dritten Tempel-Tcrraffe, wo die
! Amtswohnung des Obcrpriestcrs lag, und wurden vorgelassen,

! als Dakid im Namen des Königs den Oberpriestcr zu sprechen

> wünschte.

Als dieser Dakid sah und neben ihm den fremden Offizier,
ward ihm etwas bänglich zu Muthe. Sollte sein böser Streich

> entdeckt sein? „Oberpriestcr", herrschte Dakid den sonst von
j Allen mit höchster Ehrfurcht behandelten Gandaral ziemlich un-

ehrerbietig an, „was haben Sie in das für de» König be-
j stimmte Getränk werfen lassen?"

Gandaral erschrack; doch versuchte er unbefangen zu erscheinen
j und sagte, sich überrascht stellend: „Ich? in des Königs Gc-
! tränk? Bin Ich der Mundschenk des Kurus, daß Sie an mich
eine solche Frage richten?"

„Leugnen Sie nicht!" donnerte jetzt Dakid. „Ihr Helfers-
helfer hat Alles gestanden. Es kostet mich ei» Wort, und als
gelindeste Strafe büßen Sie den Hochverrath, ja den ver-
suchten Königsmord, mit dem grausamsten Tode!"

Gandaral fing an zu zittern. Bebend sagte er endlich:

; „ES ist beim großen Bal nichts Gefährliches; ich wollte dem
! König nur einen Trank verleiden, der aus Händen stammt,
i die Bal feindlich sind. Nichts als der Geschmack des
! Getränkes ward verdorben. Dem Könige würde der Genuß
eines ganzcn Eimers von einem Getränke, in dem eine solche
! Quantität der Blüthen gemischt ist, wie ich sie durch Ihren
j Osfiziersdicner der Flüssigkeit beimengen ließ, völlig unschäd-
lich sein."

„So, und was wäre denn das Ungefährliche, was Sie
i dem Getränke beimischen ließen?" fragte jetzt Bhyr dringend.

„Ah, Sie sind gewiß der eigentliche Fabrikant des Gc-
! tränkes für den König?"

„Ja", antwortete Bhyr, „aber Sie scheinen ein altbaby-
: Ionischer Nihilist und Königsmörder zu sein!"

„Jetzt bitte ich endlich, meine Herren, mit diesen unver-
dienten Anklagen einzuhalten. Der Hopsen ist zwar eine an

> Bitterstoff reiche, aber keineswegs giftige Pflanze. Uebrigens

> habe ich nur die Blüthe verwendet und bin bereit, von den

> bei meinen botanischen Versuchen aus den Blüthendeckschuppen
! gewonnenen Bitterstoff aus Ihren Wunsch und zu Ihrer Be-
: ruhigung und der des Königs einige Tropfen zu nehmen, um

die Unschädlichkeit darzuthun. Seien Sie übrigens — und
: hier kehrte des Obcrpriestcrs Acngstlichkeit zurück — doch nicht
! gar zu grausam und schweigen Sic lieber dem Könige gegcn-
! über, damit Sie mich nicht in's Unglück bringen!"

„Nicht in's Unglück!" wiederholte Dakid. „Aber uns

wollten Sie in's Unglück stürzen. Warum handeln Sic

! so? Sie wollten mich als Bewerber Ihrer Thväsa unschädlich
i machen!"

„Mein Gott, im Falle Sic schweigen, will ich, sobald Sie j
avanciren, nicht unerbittlich sein."

„Nun gut", ries Dakid, „wenn Sic dicß mit einem feier-
lichen Eide auf Bal beschwören, so wollen wir schweigen."

„Ja, dann wollen wir schweigen", secundirte Bhyr, der
sich voll Vergnügen den Namen der Pflanze gemerkt hatte.

Er kannte sie zufällig, denn sie wuchs bei ihm daheim als
wildes Gcrankc. Zur größeren Sicherheit, angeblich natürlich
j zur Ucberzeugung von der Ungesährlichkcit der Pflanze, ließ sich
Bhyr dieselbe zeigen, ihre Theile und ihre Beschaffenheit ein-
j gehend beschreiben und einige Blüthenzapscn mitgcben.

Endlich schied man — jeder Thcil im Wesentlichen befriedigt,
j sämmtlich jedoch mit verschiedenen Gefühlen und Hoffnungen
! der Zukunst entgegen sehend.

Diese blieben nicht unerfüllt. Die ansehnliche Probc-
quantität des nährenden Getränkes bchagte dem Königc, der
gerade bei großer Hitze und heftigen. Durste die erste Schale .
trank, ganz außerordentlich. Er ordnete, um die ganze Quan-
tität zu erhalten, die Massagctenangelegcnheit rasch, und der
Gesandte mit dem jungen Bhyr zogen ab. Da schon nach
! vierzehn Tagen das Aussehen des Königs sich erkennbar vcr-
i besserte, erhielt Dakid seinen höheren Rang, und bei fortschreitender >
Wirkung des Getränkes, auch Dienstwohnung und Harem; und
als der König, allen seine» Hosbcamten zu großem Erstaunen, !
j von Tag zu Tag an Fülle ziinahm, wurde auch mit dem Obcr-
j Priester gesprochen. Er mußte, wenn auch widerwillig, Thväsa !

! dem Leibgardemajor Dakid aus königlichen Befehl zur Frau :

! geben. Bei der Vermählung ward von Dakid im Stillen die !

letzte Schale der Flüssigkeit getrunken, die als kleinen Rest sich !

: der Bräutigam in der Grotte noch aufbcwahrl hatte. Es ward
das Wohl des fernen Bhyr getrunken, dem es hoffentlich bei
! den Maffagctcn eben so gut ging, wie seinem Freunde in
! Babylon.

(Schluß folgt.) |
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