206
Gesiihrkiche Probe.
Der Liabesbot'.
Garderobier (zu einem Herrn, der alle Hüte der Reihe nach
eindrückt): „Um's Himmelswillen, was treiben Sie denn hier?"
Herr: „Ich kann meinen Chapeau Claque nicht finden!"
D'r Liabesbot'.
Do endlich faßt 'r sich a Herz
Ond sait zom kloina Kätzle:
HM'r Hansjörg sitzt beim Kätterle,
C u 's ischt gar a hoimlich's Plätzle!
Se sitzet auf d'r Ofabank,
Derzwischa leit a Kätzle.
D'r Hansjörg sitzt a halbe Schtond,
Ehm pomp'ret's an de Ripva,
Berliabt bis über d'Ohra, brengt
Koi' Wort ear über d'Lippa.
„Gang, sag amol zom Kätterle,
Ob's werda mög' mei' Schätzle!"
Ond 's Kätterle, des lang scho' paßt
Em Schtilla auf a Schmätzle,
Des geit d'r Katz en Schloß ond sait:
„So sag halt ja, liab's Kätzle!"
Der Dichter und die Mose.
Der berühmte Dichter Klodwig Ix befand sich in
seinem Dichtsalon und legte sich einen Bogen feines
Papier zum Dichten zurecht. Dann trat er an die
Wand zum Telephon und ließ sich mit seinem Collegen,
dem ebenfalls berühmten Dichter Waldemar Ipsilon,
verbinden. Es entspann sich die folgende telephon-
ische Unterhaltung:
— „Hier Waldemar Upsilon." — „Hier Klodwig
Ix. Ich höre, Dichtkunstmuse ist bei Dir. Brauchst
Du sie noch lange?"— „Noch eine Stunde! Hab' sie
für heute bis 11'/e Uhr gemiethet." — „Willst Du
sie dann, bitte, sofort zu mir schicken?" — „Ja,
gern." — „Danke schön. Schluß." —
Ungefähr um 12 Uhr trat die Muse der Dicht-
kunst in das Arbeitszimmer des berühmten Dichters
Klodwig Ix. Sie trug das bekannte klassische Gewand,
aber ihr Antlitz war nicht mehr von der bekannten
Schönheit. Es war eckig und abgemagert, von fahler
Blässe, und die brennenden Augen lagen tief in ihren
Höhlen. Sie wankte zum nächsten Sessel und sank
ermattet darin nieder. — „Na, wie gehts?" fragte
mechanisch der berühmte Dichter. — „Schlecht", ent*
gegnete mürrisch die Muse, „ich bin so fürchterlich
nervös. Ich bitte Sie, schaukeln Sie sich nicht in
dem Stuhl." — „Hm, so, — College Ipsilon hat sie
wohl stark abgehetzt — wie?" — „Weiß Gott, das
hat er! Vorgestern hat er einen dreibändigen Roman
angefangen, der erst in drei Zeitungen und dann noch
zu Weihnachten auf dem Büchermarkt erscheinen soll.
..Ach, ich habe so entsetzliche Kopfschmerzen!" — „Frau
Muse, bei mir sollen Sie es besser haben. Ich bin im
Begriffe, ein neues Drama zu schreiben. Ich habe eine
ganz vortreffliche Idee. Hören Sie I" — „Ach, wenn ich
bitten darf, sprechen Sie nicht so laut. Jedes Wort
geht mir wie ein Dolchstich durch den Kopf. Ich bin so
schrecklich nervös!" — „Gut, ich werde leiser sprechen.
Also hören Sie! Die Heldin meines Dramas ist ein
Weib, welches trinkt. Meine Heldin ist öde, schal und
abstoßend, wenn sie nüchtern ist — aber geistreich,
feurig, entzückend, wenn sie genügend Schnaps zu sich
genommen hat." — „Um Himmelswillenl" wimmerte die
Muse, „können Sie sie denn nicht wenigstens Champagner
trinken lassen?" — „Nein, das geht nicht. Erstens
bin ich Bolksdichter, und dann muß es auch aus
technischen Rücksichten Schnaps sein. Sie werden gleich
sehen, daß es Schnaps sein muß. Also hören Sie
weiter. Dieses Weib lernt einen Mann kennen, dessen
Vater Temperenzler strengster Observanz und Vor-
steher eines Mäßigkeitsvereins war. Der Mann i»
mit erblicher Nüchternheit behaftet. Wüthend
Gesiihrkiche Probe.
Der Liabesbot'.
Garderobier (zu einem Herrn, der alle Hüte der Reihe nach
eindrückt): „Um's Himmelswillen, was treiben Sie denn hier?"
Herr: „Ich kann meinen Chapeau Claque nicht finden!"
D'r Liabesbot'.
Do endlich faßt 'r sich a Herz
Ond sait zom kloina Kätzle:
HM'r Hansjörg sitzt beim Kätterle,
C u 's ischt gar a hoimlich's Plätzle!
Se sitzet auf d'r Ofabank,
Derzwischa leit a Kätzle.
D'r Hansjörg sitzt a halbe Schtond,
Ehm pomp'ret's an de Ripva,
Berliabt bis über d'Ohra, brengt
Koi' Wort ear über d'Lippa.
„Gang, sag amol zom Kätterle,
Ob's werda mög' mei' Schätzle!"
Ond 's Kätterle, des lang scho' paßt
Em Schtilla auf a Schmätzle,
Des geit d'r Katz en Schloß ond sait:
„So sag halt ja, liab's Kätzle!"
Der Dichter und die Mose.
Der berühmte Dichter Klodwig Ix befand sich in
seinem Dichtsalon und legte sich einen Bogen feines
Papier zum Dichten zurecht. Dann trat er an die
Wand zum Telephon und ließ sich mit seinem Collegen,
dem ebenfalls berühmten Dichter Waldemar Ipsilon,
verbinden. Es entspann sich die folgende telephon-
ische Unterhaltung:
— „Hier Waldemar Upsilon." — „Hier Klodwig
Ix. Ich höre, Dichtkunstmuse ist bei Dir. Brauchst
Du sie noch lange?"— „Noch eine Stunde! Hab' sie
für heute bis 11'/e Uhr gemiethet." — „Willst Du
sie dann, bitte, sofort zu mir schicken?" — „Ja,
gern." — „Danke schön. Schluß." —
Ungefähr um 12 Uhr trat die Muse der Dicht-
kunst in das Arbeitszimmer des berühmten Dichters
Klodwig Ix. Sie trug das bekannte klassische Gewand,
aber ihr Antlitz war nicht mehr von der bekannten
Schönheit. Es war eckig und abgemagert, von fahler
Blässe, und die brennenden Augen lagen tief in ihren
Höhlen. Sie wankte zum nächsten Sessel und sank
ermattet darin nieder. — „Na, wie gehts?" fragte
mechanisch der berühmte Dichter. — „Schlecht", ent*
gegnete mürrisch die Muse, „ich bin so fürchterlich
nervös. Ich bitte Sie, schaukeln Sie sich nicht in
dem Stuhl." — „Hm, so, — College Ipsilon hat sie
wohl stark abgehetzt — wie?" — „Weiß Gott, das
hat er! Vorgestern hat er einen dreibändigen Roman
angefangen, der erst in drei Zeitungen und dann noch
zu Weihnachten auf dem Büchermarkt erscheinen soll.
..Ach, ich habe so entsetzliche Kopfschmerzen!" — „Frau
Muse, bei mir sollen Sie es besser haben. Ich bin im
Begriffe, ein neues Drama zu schreiben. Ich habe eine
ganz vortreffliche Idee. Hören Sie I" — „Ach, wenn ich
bitten darf, sprechen Sie nicht so laut. Jedes Wort
geht mir wie ein Dolchstich durch den Kopf. Ich bin so
schrecklich nervös!" — „Gut, ich werde leiser sprechen.
Also hören Sie! Die Heldin meines Dramas ist ein
Weib, welches trinkt. Meine Heldin ist öde, schal und
abstoßend, wenn sie nüchtern ist — aber geistreich,
feurig, entzückend, wenn sie genügend Schnaps zu sich
genommen hat." — „Um Himmelswillenl" wimmerte die
Muse, „können Sie sie denn nicht wenigstens Champagner
trinken lassen?" — „Nein, das geht nicht. Erstens
bin ich Bolksdichter, und dann muß es auch aus
technischen Rücksichten Schnaps sein. Sie werden gleich
sehen, daß es Schnaps sein muß. Also hören Sie
weiter. Dieses Weib lernt einen Mann kennen, dessen
Vater Temperenzler strengster Observanz und Vor-
steher eines Mäßigkeitsvereins war. Der Mann i»
mit erblicher Nüchternheit behaftet. Wüthend
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Gefährliche Probe" "D' r Liabesbot'"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 95.1891, Nr. 2420, S. 206
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg