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zweig - wenn auch zu berücksichtigen ist, daß die bäuerliche Wirtschaft jener Zeit
primär für den Eigenbedarf produzierte28) und während des Mittelalters zusätzlich
Getreide eingeführt werden mußte.
In der Tierhaltung stand die Pferdehaltung und -zücht an erster Stelle, zumal die Be-
wirtschaftung des stellenweise schweren Bodens sowie Instandhaltungsarbeiten an
Deichen und Wegen starke Gespanne erforderten. Die nicht für die eigene Wirt-
schaftsführung benötigten Tiere wurden auf den Großmärkten von Jever, Sengwar-
den, Aurich und Oldenburg verkauft und waren sogar in Holland und Frankreich als
Zug- und Reitpferde begehrt. Daneben war im Rahmen der friesischen Tuchausfuhr,
die im Mittelalter geradezu eine Monopolstellung besessen zu haben scheint, die
Schafzucht von großer Bedeutung, gefolgt von der Milchviehhaltung.
Über die Handelsbeziehungen des Jeverlandes liegen erst seit dem 12. J ahrhundert Be-
lege vor; unter anderem sind Münzen aus Jever (und Emden) unter den Schatzfunden
in den Ostseeprovinzen, Finnland, Norwegen und Seeland zahlreich verbreitet, was
auf einen regen Zwischenhandel mit skandinavischen Waren schließen läßt. Welchen
Anteil Fedderwarden, damals offenbar eine kleine und unbedeutende Ansiedlung an
der Made-Bucht, an diesen weitreichenden Beziehungen hatte, läßt sich auch für die
Folgezeit nicht mehr ermitteln. Man darf aber wohl annehmen, daß es in die großräu-
migen Verflechtungen seines Umlandes eingebunden war. Im Küstenhandel, der nach
1200 charakteristisch ist, waren Bremen und dessen Umland - häufig durch See- und
Strandraub unterbrochen - der bevorzugte Handelspartner der Jeverländer Einzel-
händler. Daneben wurden Handelsbeziehungen zu Hamburg, Stade, Holland, Gel-
dern und Flandern unterhalten. Pferde, Mastvieh, Häute, Schafe und agrarische Pro-
dukte waren bevorzugte Ausfuhrobjekte, während Getreide, Steine, Holz und Bier
importiert wurden. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist jedoch ein starker
Rückgang des regen Handels sowie der sakralen Bautätigkeit festzustellen, und zwar
im gesamtostfriesischen Raum. Das Unvermögen, durch gemeinsame Handelsver-
träge der Monopolstellung der aufstrebenden Hanse geschlossen gegenüberzutreten,
und der während der chaotischen Häuptlingskämpfe überhandnehmende Seeraub, der
geradezu als Wirtschaftsgrundlage betrachtet worden zu sein scheint, waren wohl die
auslösenden Faktoren29).
Aber schon im Jahre 1233 hatte Papst Gregor IX. den Friesen bestätigt, daß „ihnen die
Ruhe verhaßt ist, die sich fortgesetzt gegenseitig bekämpfen und mit aller Anstren-
gung darauf aus sind, sich gegenseitig den Untergang zu bereiten“30).
Andere negative Charaktereigenschaften, die dem „Krämervolk“ der Friesen in der
Folgezeit nachgesagt wurden, wie Rohheit, Widersetzlichkeit und Wildheit, mögen
vielleicht auf neidbedingten Vorurteilen beruhen - ihre Freude am Besitz, die sich zum
Beispiel in kostbaren Goldtrachten äußerte, kommt unter anderem in einer Dornumer
Hausinschrift sinnfällig zum Ausdruck: „Neid ist mir lieber als Mitleit“31).
Wann die christliche Lehre in Fedderwarden Eingang fand, ist nicht bekannt. Versu-
che, den Ortsnamen von „Fratreswerde“ (Brüdergemeinde) abzuleiten und mit einem
1155 im Besitzverzeichnis des Klosters Fulda erscheinenden „Fratruwerde“ in Ver-
bindung zu bringen32), dürfen heute nach eingehenden namenskundlichen Untersu-
chungen als widerlegt gelten33).
Sicheren Boden betreten wir erst im Jahre 1420, als die Gemeinde „Ffedderwurden in
Frisia, in Oszterynghen“, im sogenannten Stader Kopiar, einem Kopialbuch des Bre-
mer Domkapitels, als zum Sendstuhl Jever gehörend bezeichnet wird; weitere Erwäh-
nungen folgen in wechselnder Schreibweise, nunmehr in dichter Folge, im Oldenbur-
ger Urkundenbuch - leider, ohne von den kirchlichen Verhältnissen zu berichten34).

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