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Domikalen, die meist mit reichen achtteiligen Zierrippenfigurationen unterlegt oder
bisweilen im Fischgrätenverband aufgemauert sind und den Einfluß Münsterländer,
Bremer und Groninger Bauhütten erkennen lassen61). Nicht selten wurden in diesen
Innenräumen die Architekturformen mit einer reichen ornamentalen Gewölbeausma-
lung zu einem umfassenden Gesamtkunstwerk, dem „Himmlischen Jerusalem“, ver-
schmolzen, wie die erhaltengebliebenen Malereien der Kirchen in Eilsum, Stapelmoor
und Campen in beispielhafter Weise erkennen lassen62); in Campen ist die vermutlich
dem Pinsel einer einheimischen oder Groninger Malschule entstammende Malerei, der
teppichhaft sich ausbreitende geometrische Ornamente ein mosaikartiges Gepräge
verleihen, allerdings unabhängig vom Backsteinverband der Gewölbeausmauerung
angeordnet, so daß ein System komplizierter Überschneidungen beider Gattungen
entsteht, über das noch zu sprechen sein wird63).
Für die Fedderwarder St. Stephanskirche könnte sich die um 1270 erfolgte Einwöl-
bung der Granitquaderkirche des nahegelegenen Benediktinerklosters östringfelde
als direktes Vorbild ausgewirkt haben, damals wohl das „großartigste Bauwerk weit
und breit“64), und als sakraler Mittelpunkt der Umgebung im Bewußtsein der Bevöl-
kerung fest verankert65).
Als Indiz für einen relativ späten Bauabschluß im dritten Viertel des 13. Jahrhunderts,
der aus der geringen Finanzkraft der kleinen Fedderwarder Kirchengemeinde sowie
aus Planungsschwierigkeiten bei der Einwölbung resultieren könnte, ist das eckige
Profil der mit dem Gewölbeverband verzahnten Zierrippen im Westjoch zu werten,
während jene im früher entstandenen Chor- und Mitteljoch noch aus wulstförmigen
11-13 Formsteinen bestehen. In allen Jochen zweigen die Rippen von Schlußringen ab und
22 enden auf Konsolen, die lediglich in Architekturmalerei vorgetäuscht sind. Einfach ist
auch das Profil der kräftigen spitzbogigen Gurtbögen ausgebildet, das sich aus einem
17 Rücksprung mit eingelegtem Viertelstab zusammensetzt, während der Chorbogen zur
Langhausseite nur einfache Abtreppungen erhielt. Die Gurtbögen und ihre Begleit-
7, 8 rippen werden von Konsolen, die - wie in Krummhörn-Eilsum - stilisierte Knospen
97 tragen und durch Ornamentmalerei bereichert sind bzw. einfachen Kragsteinen auf-
genommen, denen eine flache Deckplatte aufliegt.
Trotz der applizierten Reduktionsformen verstanden die Baumeister ihr Handwerk,
denn der offenbar erst während einer Planänderung vorgenommene Einbau der Ge-
wölbe66), der die Verankerung von Konsolen im Mauerwerk erforderte, verrät die si-
chere Kenntnis der landesüblichen Baumethoden: Im Gegensatz zu den unmittelbar
benachbarten Kirchenbauten in Wilhelmshaven-Sengwarden67) und Wangerland-
Waddewarden68), deren ebenfalls auf Konsolen ruhende Gewölbe einstürzten, konnte
5, 6 der Gewölbeschub aufgrund der niedrigen Kämpferhöhe und geringen Spannweite
so weit vom Mauerwerk aufgefangen werden, daß die Standsicherheit der Konstruk-
tion nicht unmittelbar gefährdet war. Als flankierende statische Sicherheitsmaßnah-
men waren jedoch, bei den Restaurierungsmaßnahmen in situ vorgefunden und durch
163, 164 das Patrimonialbuch bezeugt, verspannende Querbalken: „1699 unter die Gewölbe
der Kirche starke Balken gelegt“ und Eisenanker: „1785 einige Stellen in den Gewöl-
ben der Kirche mit eisernen Anker versehen“ erforderlich, um die durch den Gewöl-
beschub auseinandergedrückten Seitenwände und Gurtbogen zu sichern.

Die spätromanische Ausmalung des Innenraumes
Das ornamentale Ausmalungsprogramm

7-33 Der Innenraum der Fedderwarder Kirche wird trotz erheblicher substantieller Einbu-
56, 57 ßen von der ursprünglichen ornamentalen Ausmalung geprägt. Reste eines gemalten
166 Teppichs hinter dem heutigen Kanzelaufgang deuten auf ein Ausmalungssystem, das

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