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Die Betrachtung anderer Jeverländer Backsteinkirchen (Sande-Dykhausen, Wanger-
land-Pakens50), Sande51), Jever-Cleverns-Sandel52), Wangerland-Waddewarden53) ),
die sich mit ihrer frühen Wölbungstechnik dem Bau in Fedderwarden als etwa zeit-
gleich zur Seite stellen lassen, zeigt indessen, daß sich unsere Kirche zwanglos in die
Baugesinnung der näheren Umgebung einfügt: Auch diese Kirchen wurden nur spär-
lich durch architekturgliedernde Formen bereichert. Offenbar standen sie und die
Bauten der angrenzenden Landstriche in ihrer dekorativen Gesamtdisposition noch
weitgehend unter dem nachhaltigen Einfluß der schlichten Granitquaderkirchen
dieser Region, während die von Hage und Südbrookmerland-Victorbur beeinflußte 64, 68
Gruppe sowie später errichtete Monumentalbauten (z. B. Südbrookmerland-Enger-
hafe, Marienhafe, Osteel) und Sonderformen (wie Krummhörn-Pilsum) wohl einen 70-73
fremden Formenapparat zur Auszier des Außenbaus bereits fertig übernahmen, der
dann von eingesessenen Bauhandwerkern in wachsendem Maße vereinfacht wurde54).

Der Kirchenraum
Angesichts des schlichten Außenbaus ist es nicht überraschend, daß auch das Kirchen-
innere durch einen reduzierten Apparat gliedernder Architekturformen eine einfache
Gestaltung erfährt.
Die bei den Restaurierungsarbeiten freigelegte und im Ornamentbereich behutsam er-
gänzte originale Ausmalung bezeugt indes in eindrucksvoller Weise, daß der im
Wandbereich ursprünglich wohl auf Materialsichtigkeit ausgelegte Innenraum — wie
ein Raster dunkler Glasursteine im Ziegelmauerwerk des Chores vermuten läßt55) -
nach einem Planwechsel am Ende der Bautätigkeit zu einem komplizierten Gefüge fi-
guraler und ornamentaler, die Architektur gliedernder und ergänzender Malerei aus- 7, 8
gestaltet wurde, in das aufgrund der Befunde offenbar auch die in ihrer heutigen Form 56, 57
lediglich raumbegrenzenden Flächen der Wände eingebunden waren.
Doch kehren wir zunächst zur baulichen Disposition des Kirchenraumes zurück. Als
wesentliches strukturelles Gliederungselement erweisen sich die über nahezu quadra-
tischen Jochen aufsteigenden und von Konsolen gestützten Domikalgewölbe, die, wie 5, 6
es Thümmler einmal treffend formulierte, „eine Folge von monumentalen Kuppel-
baldachinen bilden, die den Raum in einen großformigen, schwerfälligen Rhythmus
einspannen“56), der im Halbrund der überwölbten Apsis harmonisch ausklingt. Ein
Raumeindruck, der nicht zuletzt durch das Fehlen plastischer, die Joche zu Raum-
kompartimenten zusammenschließender Wandvorlagen evoziert wird und damit
noch die ungegliederte Breitraumkonzeption der alten Jeverländer Granitquaderkir-
chen erkennen läßt57).
Die aus horizontalen Backsteinschichten in konzentrischen Ringen gemauerten
Kreuzrippengewölbe erreichen bei einer Spannweite von 7,20 m eine Scheitelhöhe von
11,30 m und dürften mit ihrer 2,80 m betragenden Stichhöhe noch nicht auf dem Hö-
hepunkt der Wölbungstechnik entstanden sein. Mit diesen Gewölbeproportionen und
-formen dürfte sich der vermutlich ab 1240 errichtete Bau den anderen erhaltengeblie-
benen kreuzrippengewölbten Kirchen im ehemaligen Bistum Bremen wie Wanger-
land-Pakens58) und Dornum-Westeraccum59), beides kleinere Dorfkirchen und übri-
gens auch in den Dimensionen unserem Gotteshaus vergleichbar, sowie unter ande-
rem Ochtersum-Westochtersum, Wittmund-Blersum, Dornum-Roggenstede und
Westerholt — die allerdings ihre Gewölbe einbüßten — als etwa zeitgleich zur Seite stel-
len lassen60).
Gegen diese frühen, zuerst in den älteren Bauabschnitten von Krummhörn-Eilsum
und -Pilsum auftretenden Kreuzrippengewölbe hebt sich eine am Ende des 13. Jahr-
hunderts entstandene Gruppe von Kirchen im Bereich der Diözese Münster (Krumm-
hörn-Campen, Krummhörn-Canum, Weener-Stapelmoor, Uplengen-Remels, 76—79
Krummhörn-Pilsum, Krummhörn-Eilsum) als absoluter Höhepunkt der Wölbungs- 81—83
technik merklich ab: Bauten mit stark überhöhten oder ausgesprochen kuppeiigen

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