grundigen Innenräume erreichte, die allerdings einer völlig anderen Wurzel entsprang:
der Veredlung der gemauerten Backsteinverbände120).
Wie in jenen Dekorationssystemen ist der Ausmalung in Fedderwarden ein Streben
nach symmetrischer Ordnung und strenger Tektonik eigen. Die Absicht ist deutlich
auf monumentale Wirkung gerichtet. Dabei erreicht die Ornamentik einen Höhe-
punkt, der eine Weiterentwicklung als undenkbar erscheinen läßt: Die spätromani-
schen Motive zeigen eine Ausgewogenheit, die bis zur Erstarrung geführt wird; Neu-
es, Zukunftsweisendes wirkte sich dagegen nur zögernd aus.
Das figurale Ausmalungsprogramm
Anordnung und Gliederungsprinzip
Neben den variantenreichen Ornamentmalereien kam im Verlauf der Restaurierungs-
arbeiten in der Fedderwarder St. Stephanskirche als weitere Überraschung ein um-
7, 8 fangreiches figurales Ausmalungsprogramm in der Gewölbezone zum Vorschein, das
34-63 sich nach der minuziösen Freilegung - stellenweise nur noch fragmentarisch erhalten -
166 als szenenreicher spätromanischer Christuszyklus präsentiert, der die Heilstatsachen
von der Jugend Christi bis zum Weltgericht mit eindrucksvoller Prägnanz in Erinne-
rung ruft.
Der szenische Ablauf besticht durch eine klare Gliederung: Die Malerei wurde von ih-
ren unbekannten Schöpfern offenbar ganz bewußt dem durch die Architektur vorge-
gebenen Rahmen untergeordnet, wobei die Gewölbezahl eine sinnvolle Dreiteilung
des Stoffes in Jugendgeschichte Christi — Passion - Weltgericht ermöglichte und der
tektonische Aufbau der Kreuzrippengewölbe weitgehend erhalten blieb, auf denen,
von keinerlei Ornament umgeben und lediglich durch ornamentierte Rippen und
7, 56 Gurtbogen eingefaßt, auf hellem Flächengrund die Figurengruppen erscheinen. Diese
57, 166 heben sich als reich differenzierte Silhouetten - in ihrer knappen stempelartigen For-
mulierung gleichsam als belebte Ornamente121)-vordem neutralen Gewölbegrund ab
und schließen sich in medaillonartiger Gruppierung zu einem einteiligen Figurenfries
zusammen, der, dem Ablauf des Zyklus in strenger Konkordanz folgend, jede Kuppel
ringförmig umgürtet - ein Schema des Kuppeldekors, das letztlich wohl auf byzantini-
sche Vorbilder zurückgehen dürfte122). Dabei werden die ornamentierten Rippen als
handlungsgliederndes Gerüst des vorgegebenen Programms aufgefaßt und unterbre-
chen, wo es nötig erschien, den flüssigen Duktus der Erzählung, zumal der lockere
Ring von Szenen und Figuren sonst keine weitere Binnendifferenzierung durch gestal-
terische Mittel - etwa durch Betonung inhaltlich hervorragender Szenen - erfuhr.
Es ist zu vermuten, daß die vorliegenden Anordnungsprinzipien nicht allein aufgrund
der baulichen Gegebenheiten gewählt wurden, sondern den Wünschen der Gläubigen
entgegenkommen wollten: Auf diese Weise wurde es dem unter dem Gewölbescheitel
stehenden Betrachter ermöglicht, das Darstellungsprogramm leicht zu übersehen und
durch konzentrisches Umschreiten der damals wohl noch nicht durch Gestühl ver-
stellten Joche die Stationen aus dem Leben Christi wie in einer biblia pauperum in stil-
ler Versenkung nachzuvollziehen und mitzuerleben.
Eine stilgeschichtliche Einordnung der Befunde fällt schwer, da in Ostfriesland ver-
gleichbare figurale Ausmalungsprogramme bisher nicht aufgefunden werden konn-
ten.
Lediglich im Chor der Kirche zu Krummhörn-Eilsum (Aurich) ist eine qualitätvolle
161, 162 Darstellung des thronenden Christus mit Assistenzfiguren - leider nur sehr fragmen-
tarisch — am aufgehenden Mauerwerk und der Apsiskalotte erhalten geblieben; ein
Werk, das noch ganz dem Zackenstil verpflichtet ist und um 1240/50 unter dem Ein-
fluß der sächsischen Kunstzentren Goslar, Braunschweig und Hildesheim sowie der
rheinischen Malerei entstanden sein dürfte123). Dagegen ließen sich bei den im Jahre
1966 durchgeführten Freilegungs- und Restaurierungsmaßnahmen keinerlei Auf-
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der Veredlung der gemauerten Backsteinverbände120).
Wie in jenen Dekorationssystemen ist der Ausmalung in Fedderwarden ein Streben
nach symmetrischer Ordnung und strenger Tektonik eigen. Die Absicht ist deutlich
auf monumentale Wirkung gerichtet. Dabei erreicht die Ornamentik einen Höhe-
punkt, der eine Weiterentwicklung als undenkbar erscheinen läßt: Die spätromani-
schen Motive zeigen eine Ausgewogenheit, die bis zur Erstarrung geführt wird; Neu-
es, Zukunftsweisendes wirkte sich dagegen nur zögernd aus.
Das figurale Ausmalungsprogramm
Anordnung und Gliederungsprinzip
Neben den variantenreichen Ornamentmalereien kam im Verlauf der Restaurierungs-
arbeiten in der Fedderwarder St. Stephanskirche als weitere Überraschung ein um-
7, 8 fangreiches figurales Ausmalungsprogramm in der Gewölbezone zum Vorschein, das
34-63 sich nach der minuziösen Freilegung - stellenweise nur noch fragmentarisch erhalten -
166 als szenenreicher spätromanischer Christuszyklus präsentiert, der die Heilstatsachen
von der Jugend Christi bis zum Weltgericht mit eindrucksvoller Prägnanz in Erinne-
rung ruft.
Der szenische Ablauf besticht durch eine klare Gliederung: Die Malerei wurde von ih-
ren unbekannten Schöpfern offenbar ganz bewußt dem durch die Architektur vorge-
gebenen Rahmen untergeordnet, wobei die Gewölbezahl eine sinnvolle Dreiteilung
des Stoffes in Jugendgeschichte Christi — Passion - Weltgericht ermöglichte und der
tektonische Aufbau der Kreuzrippengewölbe weitgehend erhalten blieb, auf denen,
von keinerlei Ornament umgeben und lediglich durch ornamentierte Rippen und
7, 56 Gurtbogen eingefaßt, auf hellem Flächengrund die Figurengruppen erscheinen. Diese
57, 166 heben sich als reich differenzierte Silhouetten - in ihrer knappen stempelartigen For-
mulierung gleichsam als belebte Ornamente121)-vordem neutralen Gewölbegrund ab
und schließen sich in medaillonartiger Gruppierung zu einem einteiligen Figurenfries
zusammen, der, dem Ablauf des Zyklus in strenger Konkordanz folgend, jede Kuppel
ringförmig umgürtet - ein Schema des Kuppeldekors, das letztlich wohl auf byzantini-
sche Vorbilder zurückgehen dürfte122). Dabei werden die ornamentierten Rippen als
handlungsgliederndes Gerüst des vorgegebenen Programms aufgefaßt und unterbre-
chen, wo es nötig erschien, den flüssigen Duktus der Erzählung, zumal der lockere
Ring von Szenen und Figuren sonst keine weitere Binnendifferenzierung durch gestal-
terische Mittel - etwa durch Betonung inhaltlich hervorragender Szenen - erfuhr.
Es ist zu vermuten, daß die vorliegenden Anordnungsprinzipien nicht allein aufgrund
der baulichen Gegebenheiten gewählt wurden, sondern den Wünschen der Gläubigen
entgegenkommen wollten: Auf diese Weise wurde es dem unter dem Gewölbescheitel
stehenden Betrachter ermöglicht, das Darstellungsprogramm leicht zu übersehen und
durch konzentrisches Umschreiten der damals wohl noch nicht durch Gestühl ver-
stellten Joche die Stationen aus dem Leben Christi wie in einer biblia pauperum in stil-
ler Versenkung nachzuvollziehen und mitzuerleben.
Eine stilgeschichtliche Einordnung der Befunde fällt schwer, da in Ostfriesland ver-
gleichbare figurale Ausmalungsprogramme bisher nicht aufgefunden werden konn-
ten.
Lediglich im Chor der Kirche zu Krummhörn-Eilsum (Aurich) ist eine qualitätvolle
161, 162 Darstellung des thronenden Christus mit Assistenzfiguren - leider nur sehr fragmen-
tarisch — am aufgehenden Mauerwerk und der Apsiskalotte erhalten geblieben; ein
Werk, das noch ganz dem Zackenstil verpflichtet ist und um 1240/50 unter dem Ein-
fluß der sächsischen Kunstzentren Goslar, Braunschweig und Hildesheim sowie der
rheinischen Malerei entstanden sein dürfte123). Dagegen ließen sich bei den im Jahre
1966 durchgeführten Freilegungs- und Restaurierungsmaßnahmen keinerlei Auf-
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