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gramm in 28 Kreisfelder eingebettet ist, die von Weinranken umschlossen werden131).
Die figürlichen Gewölbeausmalungen der Fedderwarder Kirche scheinen dagegen in
eigenschöpferischer Auseinandersetzung mit den englischen und sächsischen Kompo-
sitionsprinzipien entstanden zu sein, da keinerlei Rankenwerk erscheint, das bei den
Vergleichsbeispielen die Gewölbefelder in so typischer Weise mit einem wahren hor-
ror vacui teppichhaft überwuchert und die nach komplizierten Anordnungsverfahren
im Kirchenraum verteilten figürlichen Abbildungen und Szenen umschlingt. Unter-
schiede zeigen sich auch in der Ausfüllung der Kreisfelder selbst: Wirken die figuralen
Darstellungen der Vergleichsbeispiele meist gleichsam wie nachträglich in die vorge-
gebenen Rundfelder applizierte Versatzstücke, so schließen sie sich bei den Fedder-
warder Malereien allein durch die blockhafte Verdichtung zu einem konzentrischen
Fries aus einzelnen Kreisfeldern zusammen, ohne daß es einer gliedernden Umrah-
mung bedarf.
Figürliche Medaillons waren auch in der Monumentalmalerei des westfälischen
Kunstkreises bekannt, doch treten sie dort in einer ganz anderen formalen und inhalt-
lichen Ausbildung als an den englischen und sächsischen Beispielen auf.
Das einzige - allerdings bereits in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zu datierende
- Dekorationssystem mit rankenumwobenen Bildmedaillons findet sich dort am
Kreuzgratgewölbe des Chorquadrates der Dorfkirche zu Buchholz (Minden) und
weist eine starke Ähnlichkeit mit der Wienhausener Ausmalung auf132).
Medaillons kommen zwar bereits während des 13. Jahrhunderts an westfälischen Ge-
wölbeausmalungen vor; sie weichen nach den Untersuchungen von Dorothea
Kluge133) jedoch durch die Wahl der Themen - Fabeltiere (Hennen/Märkischer
84-86 Kreis)134), Kandelaberbäume (Affeln/Märkischer Kreis), Tierkreiszeichen (Worm-
bach/Hochsauerlandkreis)135), Evangelistensymbole (Mark/Unna)136) - sowie durch
ihre lockere, vorwiegend nach dekorativen Gesichtspunkten erfolgte Verteilung auf
die ornamentarmen Gewölbeflächen von den sächsischen und englischen Ausma-
lungssystemen ab. Als bemerkenswerte Parallele zu den Fedderwarder Malereien
kann die Behandlung des Gewölbegrundes herausgestellt werden, der im Gegensatz
zur zeitgleichen sächsischen und rheinischen Monumentalmalerei nicht mit einer ver-
schleiernden ornamentalen und figuralen Haut überzogen wurde, sondern Figuren
und Szenen in bildhafter Vereinzelung mit großer Prägnanz erkennen läßt137). Eine
kompositorische Wesensverwandtschaft läßt sich vor allem mit der um 1260 gemalten
153 Weltgerichtsdarstellung in der Kirche zu Brechten (Dortmund)138) herstellen: Auch
hier sind die auf dem kuppelartigen Chorgewölbe radial angeordneten, figurenreichen
Szenen - Einzug der Seligen ins Paradies/Höllensturz der Verdammten - in blockhaf-
ter Verschränkung verdichtet, ein Darstellungsprinzip, das auch für die um 1330 ent-
standenen Gerichtsszenen auf den Gewölben des Chorpolygons der Kirche zu Mark
(Unna) charakteristisch ist, hier allerdings durch die Dreiecksbahnen der scharf auf-
einander stoßenden Gewölbekappen den ausführenden Künstlern, die auch die Chor-
fenster der Wiesenkirche in Soest und die Verglasung der Marker Pankratiuskirche ge-
fügt haben sollen139), weitgehend vorgegeben. Dagegen sind die konzentrisch auf das
Vierungsgewölbe verteilten Weltgerichtsszenen der ehemaligen Prämonstratenser-
154 Stiftskirche in Cappenberg/Unna (Mitte des 15. Jahrhunderts)140) in ihrer außeror-
dentlich knappen, sich stempelartig vom weißgetönten Flächengrund abhebenden
Formulierung stärker den Malereien in Brechten (Dortmund) verpflichtet. Sie dürften
damit in Westfalen den spätgotischen Höhepunkt der Bestrebungen markieren, Figu-
rengruppen durch blockhafte Verdichtung zu medaillonartigen Darstellungsfeldern
zusammenzuschließen und so vom ornamentarmen Gewölbegrund abzusetzen.
Ähnliche Beobachtungen - große Leerfelder auf weitgehend ornamentlosen und hell-
getönten Gewölben, bildhaft vereinzelte Figuren und Szenen - lassen sich auch an der
Monumentalmalerei der nördlichen Niederlande machen141). So zum Beispiel an den
Gewölben der Kirche zu Eiburg, welche überdies eine Darstellung des himmlischen
Paradieses enthält, die sich in ihrer komprimierten Komposition den Cappenberger
Malereien an die Seite stellen läßt142). Leider sind für dieses Gebiet ältere figurale

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