eines sächsischen Behangs (Anfang des 14. Jahrhunderts)175) eine vergleichbare Dar- 131
Stellung mit den beschriebenen Gestaltungsmerkmalen finden ließ.
Diese Feststellung gilt auch für das Verhör durch Herodes, das - abweichend von der 50, 51
biblischen Überlieferung - erst jetzt in der zyklischen Darstellungsfolge erscheint. Al-
lerdings weist auch diese Szene Fehlstellen auf. Am linken Bildrand ist der thronende
Fferodes abgebildet, der Zeitmode entsprechend mit langem Gewand und Krone. Eine
von links ins Bild ragende Teufelsfratze, das Sinnbild der Versuchung und des Bösen,
scheint dem König die Vernichtung des Heilands einzuflüstern. Von der anderen Seite
wird Christus, zum Teil durch einen Hohen Priester verdeckt, dem Herrscher zuge-
führt, der dem Ankläger mit erhobenem Arm Schweigen gebietet.
Durch ein weitgehend beschädigtes Zwischenbild, vermutlich der Verspottung im
Tempel, von der Herodesszene getrennt, folgt die Kreuztragung - allerdings nur 52, 53
fragmentarisch erhalten, so daß die ikonographische Deutung Schwierigkeiten berei-
tet. Auch diese Szene ist in starker Reduktion wiedergegeben, und zwar auf drei Per-
sonen, deren Mittelpunkt der kreuztragende Christus bildet. Soweit die erhaltenen fi-
guralen Reste erkennen lassen, sollten offenbar der Augenblick der Kreuzübergabe
und der Aufbruch nach Golgatha in knapper Formulierung akzentuiert werden: Ein
Jude mit Spitzhut tritt auf den Heiland zu und legt ihm das Kreuz über die Schulter,
dem Christus eine Hand entgegenstreckt; auf der anderen Seite wird die Last von dem
nur schemenhaft zu erkennenden Simon aufgefangen, der einen Kreuzesarm trägt.
Vorbilder lassen sich für diese Komposition nicht erkennen, da unter dem Einfluß der
mittelalterlichen Passionsmystik entstandene, das Mitleiden der Gläubigen am Opfer-
tode evozierende Motive wie die compassio Mariae oder die Veronika-Episode fehlen.
Überdies ist der Heiland in jenen figurenreichen dramatischen Darstellungen meist als
gequälte, Mitleid erweckende Kreatur abgebildet und steht damit im Gegensatz zu
unserer Szene. Hier ist er in Anlehnung an die ottonische Bildtradition noch als
triumphierender Christus wiedergegeben, der die Last des Kreuzes kaum zu empfin-
den scheint.
Abweichend von der tradierten Reihenfolge wird der Fedderwarder Christuszyklus 54, 55
durch die Dornenkrönung fortgesetzt, die ohne Kennzeichnung des Ortes mit der
zweiten Verspottung zu einem Bild verschmolzen ist - eine Darstellung der Geißelung
fehlt, obwohl diese in der abendländischen Kunst seit dem 9. Jahrhundert ein geläufi-
ges Passionsmotiv war. Auch in diesem Darstellungsfeld wird der szenische Kontext
durch Schadstellen gestört, die vornehmlich die Bildmitte verdecken. So läßt sich die
in hoheitsvoller Majestät den Betrachter anblickende Christusfigur, die ein Rohr als
Spottszepter in der Hand hält, nur noch andeutungsweise erkennen. Dem seit der
Wende zum 13. Jahrhundert nördlich der Alpen üblichen Darstellungsschemafolgend,
scheint der Heiland auf einer Bank zu sitzen. Zwei im Halbprofil wiedergegebene
Schergen, davon einer durch den Spitzhut als Jude gekennzeichnet, drücken ihm (mit
überkreuzten Stangen?) die Dornenkrone aufs Haupt. Ein huldigender Spötter -
ebenfalls im Halbprofil -, der später in der ähnlich gestalteten Dornenkrönung des
Doberaner Altars als Narr gekleidet ist176), kniet an der unteren Bildhälfte und ver-
deckt mit seinem Körper den linken Peiniger, so daß die Komposition der im Spätmit-
telalter für diese Szene typischen symmetrischen Dreifigurengruppe entspricht.
Von der Kreuzigung ist ganz wenig erhalten geblieben - nur das am Kreuzbalken nach
links gesunkene Haupt Christi deutet darauf hin -, desgleichen von der anschließen-
den Szene. Hier lassen die nur schwer zu deutenden figuralen Reste vermuten, daß es
sich um eine Darstellung der Kreuzabnahme gehandelt haben könnte: Andeutungs-
weise sind noch zwei mit erhobenen Armen einander zugewandte Gestalten zu erken-
nen, offenbar Joseph von Arimathia und Nikodemus (oder ein Gehilfe); die eine löst
wohl mit einer Zange die Nägel vom Kreuz, während die andere den heute fehlenden
Körper Christi zu umfangen sucht. Die kompositorische Anlage dieser Szene sowie
Bewegungsimpuls und Gestik der Assistenzfiguren erinnern jedoch auch an zeitge-
nössische Taufbilder; ihre Anordnung ganz am Ende des Fedderwarder Passionszy-
klus läßt diese Annahme trotz der bisweilen vom Bibeltext abweichenden zyklischen
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Stellung mit den beschriebenen Gestaltungsmerkmalen finden ließ.
Diese Feststellung gilt auch für das Verhör durch Herodes, das - abweichend von der 50, 51
biblischen Überlieferung - erst jetzt in der zyklischen Darstellungsfolge erscheint. Al-
lerdings weist auch diese Szene Fehlstellen auf. Am linken Bildrand ist der thronende
Fferodes abgebildet, der Zeitmode entsprechend mit langem Gewand und Krone. Eine
von links ins Bild ragende Teufelsfratze, das Sinnbild der Versuchung und des Bösen,
scheint dem König die Vernichtung des Heilands einzuflüstern. Von der anderen Seite
wird Christus, zum Teil durch einen Hohen Priester verdeckt, dem Herrscher zuge-
führt, der dem Ankläger mit erhobenem Arm Schweigen gebietet.
Durch ein weitgehend beschädigtes Zwischenbild, vermutlich der Verspottung im
Tempel, von der Herodesszene getrennt, folgt die Kreuztragung - allerdings nur 52, 53
fragmentarisch erhalten, so daß die ikonographische Deutung Schwierigkeiten berei-
tet. Auch diese Szene ist in starker Reduktion wiedergegeben, und zwar auf drei Per-
sonen, deren Mittelpunkt der kreuztragende Christus bildet. Soweit die erhaltenen fi-
guralen Reste erkennen lassen, sollten offenbar der Augenblick der Kreuzübergabe
und der Aufbruch nach Golgatha in knapper Formulierung akzentuiert werden: Ein
Jude mit Spitzhut tritt auf den Heiland zu und legt ihm das Kreuz über die Schulter,
dem Christus eine Hand entgegenstreckt; auf der anderen Seite wird die Last von dem
nur schemenhaft zu erkennenden Simon aufgefangen, der einen Kreuzesarm trägt.
Vorbilder lassen sich für diese Komposition nicht erkennen, da unter dem Einfluß der
mittelalterlichen Passionsmystik entstandene, das Mitleiden der Gläubigen am Opfer-
tode evozierende Motive wie die compassio Mariae oder die Veronika-Episode fehlen.
Überdies ist der Heiland in jenen figurenreichen dramatischen Darstellungen meist als
gequälte, Mitleid erweckende Kreatur abgebildet und steht damit im Gegensatz zu
unserer Szene. Hier ist er in Anlehnung an die ottonische Bildtradition noch als
triumphierender Christus wiedergegeben, der die Last des Kreuzes kaum zu empfin-
den scheint.
Abweichend von der tradierten Reihenfolge wird der Fedderwarder Christuszyklus 54, 55
durch die Dornenkrönung fortgesetzt, die ohne Kennzeichnung des Ortes mit der
zweiten Verspottung zu einem Bild verschmolzen ist - eine Darstellung der Geißelung
fehlt, obwohl diese in der abendländischen Kunst seit dem 9. Jahrhundert ein geläufi-
ges Passionsmotiv war. Auch in diesem Darstellungsfeld wird der szenische Kontext
durch Schadstellen gestört, die vornehmlich die Bildmitte verdecken. So läßt sich die
in hoheitsvoller Majestät den Betrachter anblickende Christusfigur, die ein Rohr als
Spottszepter in der Hand hält, nur noch andeutungsweise erkennen. Dem seit der
Wende zum 13. Jahrhundert nördlich der Alpen üblichen Darstellungsschemafolgend,
scheint der Heiland auf einer Bank zu sitzen. Zwei im Halbprofil wiedergegebene
Schergen, davon einer durch den Spitzhut als Jude gekennzeichnet, drücken ihm (mit
überkreuzten Stangen?) die Dornenkrone aufs Haupt. Ein huldigender Spötter -
ebenfalls im Halbprofil -, der später in der ähnlich gestalteten Dornenkrönung des
Doberaner Altars als Narr gekleidet ist176), kniet an der unteren Bildhälfte und ver-
deckt mit seinem Körper den linken Peiniger, so daß die Komposition der im Spätmit-
telalter für diese Szene typischen symmetrischen Dreifigurengruppe entspricht.
Von der Kreuzigung ist ganz wenig erhalten geblieben - nur das am Kreuzbalken nach
links gesunkene Haupt Christi deutet darauf hin -, desgleichen von der anschließen-
den Szene. Hier lassen die nur schwer zu deutenden figuralen Reste vermuten, daß es
sich um eine Darstellung der Kreuzabnahme gehandelt haben könnte: Andeutungs-
weise sind noch zwei mit erhobenen Armen einander zugewandte Gestalten zu erken-
nen, offenbar Joseph von Arimathia und Nikodemus (oder ein Gehilfe); die eine löst
wohl mit einer Zange die Nägel vom Kreuz, während die andere den heute fehlenden
Körper Christi zu umfangen sucht. Die kompositorische Anlage dieser Szene sowie
Bewegungsimpuls und Gestik der Assistenzfiguren erinnern jedoch auch an zeitge-
nössische Taufbilder; ihre Anordnung ganz am Ende des Fedderwarder Passionszy-
klus läßt diese Annahme trotz der bisweilen vom Bibeltext abweichenden zyklischen
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