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Stadtarchäologie in Braunschweig — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 3: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.57459#0239
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Stadtgrabung 13

Parasitologische Befunde
aus einer mittelalterlichen Fäkaliengrube
Bernd Herrmann

Belege für Endoparasiten des Menschen in prähistori-
schen bzw. historischen Epochen sind gelegentlich bei
Untersuchungen am Intestinaltrakt von Moorleichen
oder bei Untersuchungen menschlicher „Koprolithen“
gefunden worden1. Der Nachweis der bisher ältesten
mitteleuropäischen Darmparasiten gelang Aspöck et
al.2 an Exkrementen aus den Hallstätter Salzbergwer-
ken. Obwohl gerade dieser Fall eine interessante be-
völkerungsbiologische Hypothese initiierte2, bedingt
durch die besonderen Bedingungen, unter denen der
örtliche Salzhandel und -abbau gesehen werden müs-
sen, gilt prinzipiell, daß diese wie auch die oben ge-
nannten Arbeiten nur episodenartigen, zufälligen Ein-
blick gewähren.
Epidemiologisch relevant wären in dieser Hinsicht
allein Untersuchungen an Füllungen mittelalterlicher
(ggf. älterer) Fäkaliengruben bzw. Kloaken. Tatsäch-
lich ist vor längerer Zeit bereits auf diesen Aspekt hin-
gewiesen worden3, augenscheinlich jedoch, ohne nen-
nenswerten Niederschlag in der Literatur gefunden zu


Abb. 1: Ei des Spulwurmes (Ascaris lumbricoides) aus der
Fäkaliengrube (810fach)

haben, jedenfalls nicht auf dem Kontinent4. Die sehr
geringe Umsetzung dieses Vorschlags ist um so unver-
ständlicher, da Kloakenfüllungen andererseits vor al-
lem im Hinblick auf paläoethnobotanische Gesichts-
punkte seit langem eingehend untersucht werden5.
Geht man von der Annahme aus, daß eine Fäkalien-
grube nur von den Mitbewohnern des (der) dazugehö-
rigen Hauses (Häuser) benutzt wurde, müssen syste-
matisch aus den Profilen gewonnene Proben Aussagen
über die Langzeitbelastung einer Wohngemeinschaft
mit bestimmten menschlichen Darmparasiten ermögli-
chen6. Bei repräsentativen Untersuchungen, die Stadt-
flächen oder größere Regionen erfassen, wäre es mög-
lich, zeitliche und räumliche Häufigkeitsverteilungen
für das Auftreten bestimmter Darmparasiten zu ermit-
teln. Hieraus ließen sich nicht nur epidemiologische
Daten gewinnen (starker Wurmbefall hat schwere an-
ämische Zustände, durchaus auch mit infauster Pro-
gnose, zur Folge). Auch Rückschlüsse auf Arbeitsbe-
reiche bzw. die damalige Umwelt werden möglich. Die


Abb. 2: Ei des Peitschenwurmes (Trichuris trichiura) auf
pflanzlichen Gewebsresten, aus der Fäkaliengrube (1450fach)

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