Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
wohl unſere großen Lehrer dagegen geeifert haben. So
manchen Brauch, der ſich deutlich als einen abergläubiſchen
zu erkennen gibt, müſſen wir, als in Widerſpruch ſtehend
mit unſerer Lehre des Lichtes und der Wahrheit, als ein
Fremdes weit von uns abweiſen.

In Bibel und Talmud werden wir auch vor einem Über-
maß von äußerlichem religiöſem Tun gewarnt, das leicht zur
Folge haben kann, daß wir in der freien Entfaltung unſerer
eigenen Herzensregungen gehemmt werden, und daß wir
ferner darin nicht nur ein Mittel zur Heiligung ſehen,
ſondern die religiöſe übung für den Endzweck der Religion
halten. Auch können übermäßige Erſchwerungen ohne
Nutzen für die heilige Sache uns in unſeren berechtigten
Lebensbedingungen ſtören.

Jeſ. 28, 13: Es iſt ihnen das Wort Gottes Gehot m
Gebot, Vorſchrift auf Vorſchrift, hier ein wenig und dort ein
wenig, — und ſie wollen nicht hören (wie das Gotteswort
recht zu verſtehen und aufzufaſſen iſt). Pſ. 50, 16 u. 17:
Zum Frevler ſpricht Gott: Was haſt du meine Geſetze auf-
zuzählen und meinen Bund in deinem Munde zu tragen, da
du doch Zucht haſſeſt und meine Worte verwirfſt. — Alle
Gebote, ſagen unſere Rabbinen, ſind Iſrael nur gegeben, um
es zu reinigen, zu läutern, zu heiligen. Beresch. Rabb. c. 44,
Anfang. — Man müſſe von jedem, der unſerer Religion an-
gehört, ſagen können: Wie anmutig iſt ſein Lebenswandel, wie
wohlgeordnet iſt all ſein Tun! Joma 86a. — Es tue einer
viel oder wenig, nur ſei ſein Sinn himmelwärts gewendet.
Berach. 5 b und ſonſt. Zum Ausſpruch des R. Simlai Makkot 24a:
Die 613 Gebote und Verbote ſeien von David auf 11 (Pſ. 15), von
Jeſaja auf 6 (Jeſ. 33, 15), von Micha auf 3 (Micha 67 8), dann
wieder von Jeſaja auf 2 („Hütet das Recht und wahret die
Liebe“, Jeſ. 56, 1) und von Chabakuk auf 1 zurückgeführt (der
Gerechte lebt in ſeiner Treue, Chab. 2, H bemerkt Raſchi: „damit
auch diejenigen die Segnungen der Religion genießen, welche, wenn
ſie nicht alles üben, doch wenigſtens das Weſentlichſte üben.“ —
Mache dein Ohr wie einen Trichter, um die Worte der Be-
lehrung aufzunehmen, doch eigene dir ein verſtändiges Urteil
an, um zu prüfen die Worte derer, die erlauben, und derer,
die verbieten. Chagiga 3b. Die Rabbinen wollen keine über-
mäßigen Erſchwerungen dulden, bei denen die Mehrheit der
Geſamtheit nicht beſtehen kann. Baba Komar 79b und ſonſt. —
 
Annotationen