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Deutsche Kriegszeitung — 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.29017#0133
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Nr. 18-4. Mai 1919

Derrtfche

«Prels1§ Pfennig

Fllrrstrrerte Wochen-AuKycrbe

H e r7 cr u 6 g e y e b e r» v r» rrr

Serltnee Kokcrl-Anzeryer

klus grotzer Zeit.

von einem atten preuhischen Gffiziec.

60X1. VI.

Vor dem Frieden?

m 21. April hatte die deutsche Regie-
rung sich auf französisches Verlan-
gen bereiterklärt, deutsche Delegierte mit
Lollmachten nach Versailles zu
senden, unter der Voraussetzung, daß
dort über den Jnhalt des Entwurses des
Präliminarfriedens Verhandlungen ftatt-
finden sollten. Marschall Foch hat es in
seiner Antwort vom 22. April nun wie-
der einmal verstanden, sich um die Klar-
stellung dieser Voraussetzung herumzu-
drücken. Damit hat er uns auch bis heute
noch im ungewissen darüber gelassen, ob
die alliierten und assoziierten Mächte tat-
sächlich glauben, uns einen Frieden dik-
tieren zu können, oder ob sie unserem un-
beugsamen Willen, nur einen Verhand-
lungssrieden anzunehmen, Beachtung zu
schenken geneigt sind. Die Antwort Fochs
schweigt sich darüber vollständig aus. Sie
lautete:

1. Die deutschen Delegierten können ab-
reisen, wann sie hierzu bereit sind. Die
deutsche Regierung wird gebeten, den
Termin ihrer Abreise so schnell wie mög-
lich bekanntzugeben. Jhre Reise im
alliierten Gebiet wird so geregelt, daß sie
abends in Versailles ankommen, um in
Ruhe sich einrichten zu können.

2. Die deutschen Delegierten werden
sede Bewegungsfreiheit zur Erfüllung
ihrer Mission haben. Ebenso haben sie
völlige Freiheit für telegraphische und
telephonische Derbindung mit ihrer Re-
-gierung.

3. Die deutschen Delegierten können
schon jetzt ihre Dreimitgliederkommission
nach Versailles sendenvum die Unter-
bringung vorzubereiten.

Nach einer Note aus Clemenceaus
Pressebureau sollen den deutschen Bevoll-
mächtigten nicht die Friedensartikel selbst
vorgelegt, sondern ihnen ein Fragebogen
überreicht werden, aus dessen schriftlicher
Beantwortung man sodann ersehen
werde, ob weitere Verhandlungen zweck-
dienlich wären. — Einem derartigen Ver-
sahren gegenüber würden unsere Dele-
gierten außsrordenklich vorsichtig sein
müssen, damit ihnen nicht nachher doch
Verhandlungen verweigert werden könn-
ten, unter der Behauptung, daß sie durch
Beantwortung des Fragebogens bereits
inhaltlich gewisse Bedingungen cmge-

nommen hätten. Jedensalls haben wir es
auch in diesem Falle nur mit einem höchst
zweiselhaften Versprechen von Verhand-
lungen zu tun.

Die envähnte Dreimikgliederkommission

tras bereits am 24. April in Spa ein und
reiste von dort unverzüglich nach Bersall-

les weiter, um dort die nötigen Vorberei-
tungen zu treffen. Sie bestand aus üem
Gesandtschaftsrat v. Wachendorf und
zwei Postinspektoren. Bereits am 26.
April trafen die ersten Delegier-
t e n, sozusagen der Vortrupp, ein, be-
stehend aus dem Legationsrat Baron
Lestner, dem Bankier Warburg und
einigen anderen cherren. Die übrigen
Herren reisten am 27. April von Berlin

ab und wurden am 28. April, 7 Uhr
abends, in Versailles erwartet.

Die soforlige Linberufung der Nalioual-
versammlung

war bereits am 23. April vorbereitet
worden, da man mit Recht der Ansicht
war, daß die Friedensbedingungen Fra-

gen aufwerfen könnten, zu deren Lösung
sich die Regierung allein nicht berechtigt
fühlen dürste. — Jedenfalls war die Re-
gierung bei aller Entschlossenheit, Be-
dingungen, die Wilsons 14 Punkten
widersprechen, nicht anzunehmen, auf
diese Weise vorsichtig genug, dem späte-
ren Vorwurfe vorzubeugen, über die
Köpfe der Landesvertretung hinweg ge-
bandelt zu baben. Wie lle aber ielblk

über die Annahme oder Ablehnung der
etwaigen Bedingungen denkt, darüber
haben sich mehrere Minister und der
Präsident der Deutschen Nationalver-
sammlung deutlich genug ausgesprochen,
so daß man fast glauben sollte, daß die
alliierten Regierungen es vermeiden wür-
den, aussichtslose Forderungen an uns
zu stellen. „Wir Deutschen haben unser
nationales Recht," so sagte der Minister
des Fnnern Heine; „darum protestieren
wir, daß Danzig und Westpreußen den
Polen zugeteilt werden soll, daß man das
Saargebiet abreißen und das links-
rheinische Gebiet unter französische cherr-

schast bringen will-Wo deutsche Kul-

tur und Arbeii den Ausschlag gibt, ist

das Land deutsch_ Wir sind nicht

schwach, wenn wir auch nicht kämpfen
können. Wir werden unsere Kräfte zu-
sammenraffen, unü zwar je eher, je
stärker das Unrecht an uns ist." — Das
waren eines deutschen Reichsministers
würdige Worte, und die Entente und ihre
Freunde werden wissen, dah hinter Mi-
nistern, die so denken, das ganze Volk
steht, mit Ausnahme der zum Bolsche-
wismus neigenden Elemente, die den
Alliierten und Assoziierten aber als eine
Weltgefahr erscheinen und deren Ge-
schäfte sie durch Überspannung des
Bogens betreiben würdem — Die Worte
des Präsidenten Fehrenbach dürften aber
die Stimmung der großen Mehrheit der
Landesversammlung wiedergeben und
aus diesem Grunde im gegnerischen
Lager keine geringere Beachtung verdie-
nen als die Äußerungen unserer Reichs-
minister. Fehrenbach äußerte in btner
Versammlung in Freiburg m a.: „Wir
sind uns nicht darüber im Aweifel, was
es namentlich für die Südwestecke des
Reiches bedeuten würde, wenn üie Unter-
zeichnung des Friedensvertrages abge-
lehnt wird. Jedensalls nehme ich an, daß
wir einen Frieden nicht unterzeichnen,
der die Gefangenen noch weiterhin in Ge.
fangenschaft beläßt und der nicht die Auf-
hebung der Vlocka.de bringt. Wirwer-
den auch einen Frieden nichH
unterzeichneu, der das Saar^
gebiet den F eiudeN auslie f eri
und Danzig den Polen zu-
spricht. Ungeheuer ist die Verantwor-
tung. Reichsleitung und Parlament tra-
gen sie gemeinsam, und hinter ihnen steht
das gesamte deutsche Volk. Das sollen
unsere Feinde wissen, und das soll in
ihre Länder dringen, daß wir nicht jeden
Frieden, der diktiert wird, annehmen und
dak wir kein Sklavenvolk iein wollen."

Gberstleutnant v. Xylancker, Gssizier cles Generalstabs,
gehört als clessen veauftragter cler militärischen vertretung bei cler cleutschen Zrieclensgesancltschaft cm.
 
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