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Polska Akademia Umieje̜tności <Krakau> / Komisja Historii Sztuki [Hrsg.]; Polska Akademia Nauk <Warschau> / Oddział <Krakau> / Komisja Teorii i Historii Sztuki [Hrsg.]
Folia Historiae Artium — 25.1989

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Łodynska-Kosińska, Maria: Ikonographische Zyklen im Krakauer Hochaltar der Marienkirche von Veit Stoss
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https://doi.org/10.11588/diglit.20543#0014
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überläßt sie dem Erzengel Michael, der sie dann
ins Paradies führt. Dann erzählen die Brüder:
„Wir wurden vom Erzengel Michael [auf die Er-
de] geschickt um die Auferstehung des Herren
zu kündigen” 8 — ob sie aber vor oder nach der
Höllenfahrt stattgefunden hat, wissen wir nicht.
Die Bezeichnung, daß der Erlöser in „menschli-
cher Gestalt” (in forma hominis) gekommen ist,
muß zwar nicht unbedingt bedeuten, daß er kör-
perlich als Auferstandener gekommen ist, denn
alle Geister — Engel und Heilige — wurden in
menschlicher Gestalt gemeint u. vorgestellt, je-
doch scheint die Beschreibung im Evangelium
nach Nikodemus anzudeuten, daß die beiden Fak-
ten, dh. die Erlösung der Toten und die Aufer-
stehung identifiziert werden sollten.

So hat es auch die christliche Ikonographie
des Ostens verstanden, die die Szene im Höllen-
schlund meistens als symbolische Darstellung
von Anastasis zeigt. Denn, „die byzantinische
Theologie — wie Skubiszewski schreibt — stell-
te das Problem der Teilung zwischen der Seele
und dem Körper nicht so deutlich und pflegte
die Höllenfahrt nicht in der historischen Rei-
henfolge —■ mit entsprechenden Kathegorien des
Raums und der Zeit — sondern in der dogmati-
schen Ordnung darzustellen... Der Sieg des Er-
lösers über Hades enthielt, von diesem Stand-
punkt aus, den wichtigsten Inhalt des Erlösungs-
dogmas: er verband den Tod und die Auferste-
hung Christi in eins” 9. Vielleicht hat eben dieser
Standpunkt eine gewisse Unsicherheit der west-
lichen Lithurgie gegenüber den Postpassionserei-
gnissen herbeigeführt, was wiederum zu gewis-
sen Verschiebungen in manchen Ikomenzyklen ge-
führt hat10 *. Jedoch die Mehrheit, der im We-
sten entstandenen Lateraturtexte, theologischen
Traktate sowie Homilien hat den Untergang —
gemäß dem Apostolischen Glaubensbekenntnis —
zwischen dem Kreuzestod und der Auferstehung
placiert, was sich in den meisten Darstellungen
der Paissionsgechichte wiederspiegelt.

Diese stereotype Vorstellung hatte u.a. zur
Folge, daß man sich beim Ablesen der Szenenfol-
ge auf den Quadraten des geschlossenen
Altars in der Marienkirche mit der Störung der
Erzählungsfolge abgefunden hat: Man einigte sich,

8 Ibid., S. 451.

5 Skubiszewski, o.c., S. 70.

10 Das wahrscheinlich im 3. Jh. entstandene aipo-

kryiphische Evangelium nach Bartholomäus enthält da-

gegen die Beschreibung der Höllenfahrt direkt nach

daß der „Meander” der Erzählung, der von oben,
nach unten auf dem linken (vom Zuschauer ge-
sehen) Seitenflügel verläuft, dann auf den unte-
ren Quadrat des benachbarten Mittelflügels
geht, um dann hinauf zu verlaufen und dort
den oberen Quadrat des rechten Mittelflügels
zu erreichen und dann wiederum herunterzukom-
men (wo sich Grablegung Szene befindet). Hier
sollte er — nach dem gleichen Prinzip — seinen
Lauf durch unteren Quadrat des rechten Seiten-
flügel fortsetzen und dann nach oben verlaufen.
Jedoch die traditionelle Reihenfolge ließ die mei-
sten Forscher vermuten, daß nach der Szene
der Grablegung, die Höllenfahrtszene an der Spi-
tze des rechten Seitenflügels folgen sollte, dann
die Frauen am Grab und als letzte Szene — un-
ten — Noli me tangere. Vereinfacht kann man
es folgendermaßen darstellen:

Diese unerwartete Schwankung in der Sze-
nenfolge ließ manche Forscher vermuten, daß
irgendwann die Quadrate versetzt worden se-
ien u. Auf diese Möglichkeit geht Skubiszewski
ein und beweist überzeugend, daß wir nach wie
vor mit der originellen Reihenfolge zu tun ha-
ben 12. Er bestreitet dagegen die Schwankung,
indem er folgende Szenenfolge deutet: Grable-
gung, Noli me tangere (also erste Christophanie
nach der Auferstehung), dann Frauen am Grab —
und erst dann — als Abschluß des Zyklus —
die Höllenfahrt, begriffen als Exemplifikation der
segensreichen Folgen der Auferstehung (die ge-
trennt auf der Vorderseite des rechten bewegli-
chen Flügels dargestellt ist). Diese Auslegung
ist wie gesagt, auf einer Reihe von Zyklen fun-
diert, in denen die Höllenfahrt nach der Auf er-

dem Kreuzestod Christi, vor der Grablegung. Vrgl. Aram.
5, S. 494, 499—500.

11 T. Dobrowolski, J. Dutkiewicz, Wit
Stwosz. Ołtarz krakowski [Veiit Stoß. Das Krakauer
Hochaltar], Warszawa 1951, S. 17.

1! Skubiszewski, o.c., S. 56—58.

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