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Plattner, Georg A.; Quatember, Ursula; Hanslmayr, Regina; Aurenhammer, Maria; Universität Wien [Editor]
Die Skulpturen von Ephesos: Bildwerke aus Stein (Band 10,2): Die Skulpturen von Ephesos: Die Hermen — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48538#0099
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99

C KLEINFORMATIGE SCHULTERHERMEN MIT FLACHER RÜCKSEITE

C.l Terminologie - Forschungsgeschichte - Ausfertigung - Ikonografie
In diesem Abschnitt sind Hermenbüsten zusammengestellt, die aufgrund ihrer besonderen tech-
nischen Zurichtung, nämlich der senkrecht gearbeiteten Rückseite, der horizontalen Standfläche
und den senkrecht abgeschnittenen Schultern, als eigene Gattung betrachtet werden können634.
Wegen dieser Zurichtung konnten kleinformatige Schulterhermen mühelos mit einem Schaft
und einem Pfeiler zu einer Tischstütze für Monopodia zusammengesetzt werden635. Dieser häu-
fige - aber durchaus nicht ausschließliche - Verwendungszweck unterscheidet kleinformatige
Schulterhermen mit flacher Rückseite von anderen freiplastischen Hermen und Hermenbüsten
sowie Doppelhermen, die natürlich auch im kleinen Format auftreten und gleiche Bildmotive
zeigen636.
In der Literatur werden die Bezeichnungen »kleinformatige Schulterhermen« sowie »Mini-
aturhermen« und »Schmuckhermen« synonym verwendet, obwohl man konsequenterweise je-
weils noch »mit flacher Rückseite« anfügen sollte, um sie von anderen Hermen kleinen Formats
zu unterscheiden637. Der Einfachheit halber und um der Lesbarkeit willen wird hier der Begriff
»kleinformatige Schulterhermen« verwendet, gemeint sind immer »kleinformatige Schulterher-
men mit flacher Rückseite«638.
Kleinformatige Schulterhermen sind selten in den Museen ausgestellt, sondern werden meist
in deren Depots aufbewahrt639. So ist es nicht verwunderlich, dass abgesehen von kleineren ver-
streuten Einzelbeobachtungen übergreifende Untersuchungen erst sehr spät erschienen sind und
eine groß angelegte, den gesamten römischen Kulturraum umfassende Studie noch aussteht640.
H. Wrede betonte in seinem grundlegenden Werk zur antiken Herme die »unüberschaubar große
Zahl« dieser Miniaturhermen und nannte Beispiele aus dem gesamten Mittelmeergebiet641.
Mit den Publikationen von C. Rückert und A. Pefia Jurado liegen Untersuchungen für den
spanischen Raum vor. C. Rückert erstellte zudem einen Katalog kleinformatiger Schulterhermen

634 Rückert 1998b, 176 formulierte grundlegend die formalen Kriterien dieser Gattung; dort auch zu dem Begriff
»Gattung«.
635 Monopodia sind runde oder viereckige Tische mit nur einer zentralen Stütze, deren Fuß z. B. mit einer rundplasti-
schen Figur oder eben mit einer Henne geschmückt sein konnte, s. dazu DNP VIII (2000) 373 s. v. monopodium
(R. Hurschmann) mit weiterführender Lit.
636 Vgl. beispielsweise die skulpturale Ausstattung des Peristylgartens der Casa degli Amorini dorati (Pompeji VI 16,
7), in welchem sowohl Doppelhennen als auch Einfachhennen, z. T. rundplastisch, z. T. mit senkrechter Rückseite,
vereint aufgestellt waren (Seiler 1992, 128 f).
637 Vgl. zur Bezeichnung Rückert 1998b, 176 f. Irreführend ist die Bezeichnung »Hälften von Doppelhennen« von
Giumlia 1983, Kat. 1. 63. 67. 86. 100. 109 (hier C24). 110. 112; vgl. dazu die Richtigstellung in der Rezension
von H. Wrede, BJb 184, 1984, 736 (»Die Zurichtung lässt sich nun aber nicht auf die moderne Zerteilung von
Doppelhennen zurückführen, sondern ist antik ...«). Missverständlich auch Dwyer 1982, 25: »The protomes have
been cut in such a way that, placed back to back, two make a double henn protome.«
638 Um eine rundplastische kleinfonnatige Schulterhenne handelt es sich bei All.
639 Beispielsweise im Skulpturendepot des Archäologischen Nationalmuseums in Neapel. Vgl dazu S. Heymann,
Unter dem Vulkan. Meisterwerke der Antike aus dem Archäologischen National Museum in Neapel. Ausstel-
lungskatalog Bonn (Köln 1995) Abb. auf S. 33. Vgl. allgemein zur Situation Hiesel 1967, 27 und Rückert 1998b,
176. An dieser Stelle sei S. De Caro und F. Zevi sehr herzlich für die Erlaubnis gedankt, die kleinfonnatigen
Schulterhennen im Depot des Nationalmuseums in Neapel studieren zu dürfen, und ebenso P. G. Guzzo für die
Ennöglichung des Besuchs des Grabungsdepots in Pompeji.
640 Rückert 1998b, 177. Zur vergleichbaren Situation bei den figürlichen Tischfüßen, zu welchen es ebenfalls nur
punktuelle Beobachtungen gibt, s. Stephanidou-Tiveriou 1993, 301 und zuletzt Feuser 2013, 5-7.
641 Wrede 1985, 68 f.
 
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