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Fraenger, Wilhelm
Hochzeit zu Kana: ein Dokument semitischer Gnosis bei Hieronymus Bosch — Berlin, 1950

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https://doi.org/10.11588/diglit.29112#0024
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Zweites Kapitel
DER BIOGRAPHISCHE QEHALT
DER »HOCHZEIT ZO KANA«
Tritt man naA diesen biographisAen Voraussetzungen, bei denen
es siA sAon um den Gewissenszwiespalt jenes Paulus-Wortes vom
»KelA des Herrn« und »KelA des Teufels« dreht, vor unsere Rotter-
damer »Kana-HoAzeit« (Abb. 2) und wählt man dabei das SpeziRcum
des ersten Rundbilds: den Synagogenturm als Ausgangspunkt, so
lösen siA die Rätsel ihres fremdartigen Milieus so einfaA auf, als ob
man durch die Vorhalle ins Innere und durA deren Überbau ins obere
Geschoß der Synagoge steige, das siA als weiträumiges Turmgemach
vor uns ersAließt. DurA den romanisAen SAnitt der Fenster und
Gewölbekappen, den Säulenbau um den quadratischen Altar und die
mysteriöse Schaustellung auf dessen Stufen empfängt der Raum ein
altertümliA hieratisAes Gepräge. Ein Kultraum wurde für das
HoAzeitsfest zureAtgemaAt, dabei jedoA durA sonderbare Winkel-
Züge ins AttrappenhaAe, Bodenlose und UnheimliAe entstellt. Wir
meinen das stockAnstere Gelaß, vor dem ein Hängeboden für den
Musikanten sAwebt, und das von einer Draperie verhangene Ungewiß
der reAten Seite. Man brauAt nicht erst den Götzen auf dem Kapi-
tell, noA den mit einem Zauberstab manipulierenden Leviten, um
auch im Inneren des Turms die Dämonie zu wittern, die siA vorhin
in seinem Äußeren entladen hat.
Unter den Gästen sitzen mehrere Juden. Ihre kostümgetreue
Wiedergabe zu erklären, reiAt es niAt aus, sie einem antiquarisAen
Realismus zuzusAreiben, der die im alten Palästina spielende Ge-
sAiAte mögliAst lebenseAt erfassen wollte. Denn diese JudensAaR
ist niAt als die historisAe von Kana wahrgenommen, sondern als
eine dem mosaisAen Gesetz entfremdete GesellsAaA Aarakterisiert:
Das HoAzeitsmahl besteht aus einem Eberkopf und einem Schwan,
zwei durch das Ritualgesetz verbotenen Speisen.
Um das häretisAe Stigma dieses Mahles zu versAärfen, wurde dem
Eber mitten auf die Stirn ein Halbmond aufgezeiAnet. AuA ist er
als dämonisAes Tier dadurA erwiesen, daß er aus seinem Maul ein
Strahlenbüschel sAnaubt, wie auA der SAwan aus seinem SAnabel
Flammen züngelt. BosA hat den Eberkopf ganz sAwarz gemalt und
damit eine unumstößliche Verbindung zu den zwei sAwarzen SAwei-
nen unseres Medaiilongemäldes hergestellt. Dort braAte sie der Bann

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