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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Panzer, Friedrich: Der romanische Bildfries am südlichen Choreingang des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0008
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Panzer, Der romanische Bilderfries am südlichen Choreingang

die sogenannte Historia de proeliis den Rang ab, eine
lateinische Übersetzung, die ein Archipresbyter Leo,
der das Original gelegentlich einer Gesandtschaftsreise
in Konstantinopel kennen gelernt hatte, im 10. Jahr-
hundert für den Herzog Johannes von Campanien
verfasste. Neben diesen beiden Hauptwerken lief
sodann noch eine ganze Reihe kleinerer selbstän-
diger Überlieferungen einher, die aber mit wenigen
Ausnahmen im letzten Grunde alle auf den Pseudo-
Kallisthenes zurückgehen.

ihrem Erscheinen, vielleicht schon um 1130, über-
trug sie am mittleren Rhein ein Geistlicher, namens
Lamprecht, in deutsche Verse. Seither verschwindet
der Stoff nicht mehr aus der nationalen Dichtung.
Er ward den Bearbeitern ein willkommener Text,
an den anknüpfend sich leicht der neue ritterlich
höfische Geist predigen ließ. Der große König wurde
in diesen Kreisen zum glänzenden Typus des „Roi
Chevalier", dessen „Milde", d. h. Freigebigkeit, im
12. und 13. Jahrhundert geradezu sprichwörtlich ge-



3. Relief am rechten Kapital: Alexanders Luftfahrt.

Die sehr zahlreichen Handschriften, in denen
alle diese verschiedenen Fassungen erhalten sind,
beweisen uns, wie eifrigen Anteil die gelehrte latein-
kundige, d. h. also vorzüglich die geistliche Welt
an dem Stoffe genommen hat. Sobald aber die mittel-
alterliche Kultur erst einen Laienstand mit lebhaften
literarischen Interessen herangebildet hatte, wird auch
ihm die Alexandersage vermittelt und erfreut sich
hier fortan der größten Beliebtheit.

Mit der Bearbeitung des Stoffes in der Volks-
sprache ging wie sonst Frankreich voran. Dort ent-
stand im Süden des Landes die poetische Bearbeitung
des sogenannten Alberich von Besanc,on, von der uns
im Originale nur der Anfang erhalten ist. Sie wurde
früh auch in Deutschland bekannt, denn bald nach

worden, den Fürsten vom Fahrenden gerne als Vor-
bild vor Augen gestellt ward. Und die seltsamen
Abenteuer, von denen die Überlieferung zu erzählen
wusste, waren so völlig nach dem Herzen des Mittel-
alters, das die Natur und ihre Grenzen nicht kannte
noch achtete, dass auch von dieser Seite der „wunder-
liche Alexander" notwendig seine ganze Teilnahme
finden musste. Hatte doch gerade unser Volk in dieser
Zeit einer heimischen Heldenfigur, die kürzlich erst
noch leibhaft unter ihm gewandelt war, dem Herzog
Ernst von Schwaben, aus Eigenem Ähnliches ange-
dichtet. In der Tat finden wir denn die Alexandersage
in Deutschland immer und immer wieder literarisch
behandelt. Erhalten ist uns zwar nach Lamprecht
erst die über ein Jahrhundert jüngere Alexandreis des




 
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