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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 2.1906

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Panzer, Friedrich: Der romanische Bildfries am südlichen Choreingang des Freiburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.2397#0023
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Panzer, Der romanische Bilderfries am südlichen Choreingang

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als Herrn Ysengrim und seine Frau in seinen Ge- tauris nahe gelegt8'. In der Tat lässt schon Hierony-

mächern anzubringen. So hatte die Tiersage ja auch mus den Teufel dem hl. Antonius in Gestalt eines

in den benachbarten Munstern von Straßburg und Kentauren erscheinen85.

besonders in Basel ihre Stätte gefunden. Die be- Die mittelalterliche Kunst stellt den Kentauren

sondere Beliebtheit aber gerade unserer Szene er- am liebsten pfeilschießend dar (vgl. Fig. 26 und 33),

klärt sich leicht. Zeigt sie doch am drastischsten was wohl weniger als eine Erinnerung an die Pfeile der

Isegrim als Typus des Heuchlers82. Der Gläubige Bösen, von denen im Psalter so viel die Rede ist

durfte in dieser Darstellung geradezu eine Illustration (vgl. auch Ephes. 6i6) als vielmehr durch Einwirkung

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des biblischen Wortes
(Matth. 7 15) von dem
Wolfe, der seine Bos-
heit unter Schafsklei-
dern birgt, erkennen.

In unserer Betrach-
tung weiterschreitend,
erblicken wir nun auf

dem linken Friese
(Fig. 32) zunächst ein
paar geflügelte Kentau-
ren gegeneinander ge-
stellt. Zwischen ihnen
wachsen zwei verschlun-
gene blütentragendeBäu-
me oder Pflanzen em-
por. Von den Kentau-
ren scheint der eine
jünger, der andere mit
Bart und langem Haar
als älter gedacht. Dass
der Künstler auch die-
sen Rossmenschen ein
züchtiges Röcklein an-
gezogen hat, dünkt uns
spassig genug, begegnet
aber in der mittelalter-
lichen Kunst recht häufig.
Mit Schwert und klei-
nem Rundschild ge-
rüstet, sind sie im
Kampfe begriffen. Wäh-

30. Eine Seite aus der ältesten Handschrift des Wälschen Gastes auf
Streiche ausholt, hat des der Universitätsbibliothek in Heidelberg. (Pal. germ. 389, Bl. 224 b.)
Jüngern Schwert ihm

soeben den schön gespängten Schild zerspalten. zu zweifeln ist. Und dass man solchen Duellen
Die Vorstellung von den Kentauren hat das wirklich einen symbolischen Sinn unterlegte, be-
Mittelalter von der Antike übernommen und sie als- weisen die Beischriften, die in Psalterien zu ähn-
bald in jene allegorische Naturbetrachtung einbezogen, liehen Szenen gegeben werden. In dem berühm-
die einen so eigentümlichen Zug seiner Weltanschau- ten Albanipsalter in Hildesheim ist dem Bilde eines
ung bildet33. Dass man in den Kentauren Vertreter Speer- und Schwertkampfes zweier Ritter eine sehr
des bösen Prinzips erblickte, wird dabei nicht ver- eingehende Erläuterung beigefügt, in der auseinander-
wunderlich erscheinen. War eine derartige Auf- gesetzt ist, wie diese Kämpfer positiv und negativ
fassung doch schon mit Rücksicht auf Bibelstellen ein Vorbild christlicher Lebensführung seien, die
wie Jesaias 34 u: et oecurrent daemonia onocen- „spiritualiter" tun müsse, was jene „corporaliter"

der Tierkreiszeichen zu
erklären ist, wo der
Schütze gerne als Ken-
tauer gebildet wurde8e.
Ganz gewöhnlich stellt
man dann den pfeil-
schießenden oder sonst-
wie kämpfenden Ken-
tauren ein anderes Un-
geheuer entgegen, z. B.
schon an der berühmten
Bronzetür des Augsbur-
ger Doms einen Löwen,
oder auf dem Friese
der Basler Krypta, den
Fig. 33 abbildet, irgend-
welche andere Monstra.
Gar nicht selten aber
erscheinen sie auch ge-
gen ihresgleichen im
Kampfe; auch hier bietet
derselbe Basler Fries
eine Parallele zu der
Freiburger Darstellung.
Im Kreuzgang an der
Stiftskirche zu Neuberg
in Steiermark87 findet
sich ein dem unsrigen
recht ähnlicher Kentau-
renzweikampf (Fig. 34)
mitten unter Physiolo-
gustieren, wie Phönix,
Pelikan, Einhorn usw.,
so dass hier an der
allegorischen Meinung
der Darstellung nicht

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