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Kreuzer, Der Altar im Dettinger Chörlein

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Jerichorose, ist stets als ganz besonderes Bild der
Gottesmutter beliebt gewesen. Als „Rosa mystica",
geheimnisvolle Rose, wird sie in der lauretanischen
Litanei angerufen; „Du Rosenblüt, du Lilienblatt, du
Königin in der hohen Stadt" singt Gottfried von
Straßburg von ihr; „Du lichte Rose ohne Dorn" nennt
sie Walter von der Vogelweide und Dante wird sie
von Beatrice gezeigt mit den Worten: „Die Rose sieh,
in der nach Gottes Wahl das Wort ins Fleisch kam,
Welten zu beglücken" (Parad. XXIII) und den hl. Ber-
nard lässt der Dichter
ihr zujubeln: „In dir
entglomm zur Glut die
Gottesliebe — zur Frie-
densrose wuchsen ihre
Triebe" (Parad. XXXIII).
Die Malerei des Mittel-
alters stellt sie gerne dar
im Rosenhag oder im
Rosental, und von die-
sem Vorbild — die Rose
von Jericho hat nach Al-
bertus Magnus 150 Blät-
ter — hat auch die Ge-
betsweise des Rosen-
kranzes mit ihren 150
Ave ihren Namen.

Auf unserem Altar-
blatt sehen wir rechts
vom Rosenhag einen
Ölbaum: „gleich einem
prächtigen Ölbaum",
„Oliva in campis" (Sir.
24 29), zwischen der
Palme und dem Rosen-
hag einen umzäunten
Garten: „einverschlosse-
ner Garten (Portus con-
clusus) ist meine Schwe-
ster Braut" (Hohel. 412).

Ganz vorn neben dem Ölbaum und der Schrifttafel
des Propheten Isaias steht ein Tempel, wohl der Bäume; sie erinnern an die Stellen (Sir. 24 19): „wie
„Tempel Salomons" (das goldene Haus der laureta- ein Ahorn wuchs ich auf am Wasser neben der
nischen Litanei), bei dessen Einweihung die Herr- Straße" und (Sir. 24 17): „einer Ceder gleich ward
lichkeit Gottes einzog und das Allerheiligste erfüllte ich erhöhet auf dem Libanon und wie eine Cy-
(II Paral. 5 u; 7 12). Vor dem Tempel erscheint der presse auf dem Berge Sion." Hinter dem Brunnen
Stab Aarons, „Virga Aaron", der seitlich, gegen Maria mit Wasserstrahlen (Föns signatus) erscheint ein Bau-
hin, ein Zweiglein mit Knospen und Blüten getrieben, werk, das ohne Zweifel die „verschlossene Pforte"
Es ist der dürre Stab, den (IV Mos. 171 ff.) Gott nach (Porta clausa) vorstellt. Dieses Bild ist einem der
seinem Gericht über Core, Dathan und Abiron und gewaltigen Gesichte des Propheten Ezechiel ent-
über die aufrührerischen Israeliten wunderbar grünen nommen: „Und der Herr führte mich zum Tore
ließ „und aus vollen Knospen brachen Blüten, welche (des Tempels), welches schaut in der Richtung nach
bei Entfaltung der Blätter sich zu Mandeln aus- Osten. Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes
bildeten . . ." Dass dieser Stab außer aller Ver- Israel kam des Weges von Osten, und Brausen war









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Ausschnitt aus dem Altarblatt (rechte Seite).

bindung mit der Erde Früchte trug, ist nach den
heiligen Vätern ein Vorbild der Geburt Christi
aus der jungfräulichen Mutter Maria, zu welcher in
der Weihnachtszeit die Kirche sich betend mit den
Worten wendet: „Tu quae genuisti natura mirante
tuum sanctum genitorem, virgo prius ac posterius",
Die du geboren zum Staunen der Natur den, der
dich erschaffen, Jungfrau zuvor und nachher!

Blicken wir auf die Mondlandschaft zu unserer
Rechten! Links steht ein von hoher Brüstung um-
schlossener Ziehbrun-
nen, in der Mitte ein
Brunnen mit Wasser-
strahlen; sie erinnern an
den „Gartenquell, Brun-
nen lebendiger Wasser
(Puteus aquarum viven-
tium, Föns hortorum),
wie sie niederrauschen
vom Libanon" (Hohel.
4 15), und an die „ver-
siegelte Quelle" (Hohel.
4 12). Der „verschlos-
sene Garten, die ver-
siegelte Quelle" (Hortus
conclusus, Föns signa-
tus), von denen in dem
gleichen Vers des Ho-
henliedes die Rede ist,
sind Bilder der unver-
sehrten Jungfräulichkeit
Marias; der Brunnen-
quell ist ein Sinnbild
der Gnadenströme, die
Gott durch Maria auf
die Erde niederrauschen
lässt, jenes „lebendigen
Wassers", von dem Jesus
(Joh. 4 10) zu der Sama-
riterin am Jakobsbrun-
nen spricht. Zwischen den Brunnen erscheinen zwei

§

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