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die augusteischen Straßen ursprünglich noch keinerlei Pflasterung oder Schotterung
aufgewiesen haben, sondern unmittelbar auf dem planierten gewachsenen Boden an-
gelegt worden sind. So entstand eine Schmutzschicht oder Lauffläche, die immer stärker
und immer dunkler wurde. Der Fußgängerverkehr auf diesen Straßen muß deshalb
bei schlechtem Wetter nahezu unmöglich gewesen sein. Aus dieser Erwägung heraus
können wir verstehen, daß man schon frühzeitig dazu ühergegangen ist, besondere
Gehsteige zu schaffen. Wenn diese aber durch Pfeiler und Bogenstellungen überwölbt
waren, waren sie nicht nur gegen die direkten Einflüsse der Witterung geschützt, sondern
ermöglichten es auch, auf größere Strecken innerhalb der Stadt sozusagen trockenen
Fußes zu verkehren. Vielleicht ist die Entstehung der Kolonnaden mit auf solche Über-
legungen zurückzuführen.
Jedenfalls scheinen sie schon in der frühen Kaiserzeit beliebt gewesen zu sein. Sind sie
doch schon unter Kaiser Nero in Rom und ganz Italien1) in den Städtebau eingeführt
worden. Darüber hinaus traten sie damals auch schon im Lagerbau der Legionslager
auf, wie der Befund von Castra Vetera (Xanten)2) lehrt. Man könnte sich denken, daß
die Ausführung zunächst in Holz erfolgt sei und die Übersetzung in Stein erst späterer
Zeit angehört. Das würde zu den Feststellungen z. B. beim römischen Palast am Dom
und an St. Georg passen; dort sind die Pfeilerstellungen wohl um die Mitte des 2. Jahrh.
n. Chr. entstanden.
Diese Kolonnaden, Portiken oder Hallenstraßen begegnen uns noch heute in Städten
Tirols (z. B. Bozen) und Oberitaliens (vor allem in Turin). In Mailand aber stehen
in der Straße San Lorenzo (Corso di Porta Ticinese) heute noch 16 hohe Säulen mit
mächtigen korinthischen Kapitellen in einer Reihe als Straßenbegrenzung.

x) So sind sie z. B. auch in Ostia vertreten. Vgl. G. Calza, Ostia (Itinerari dei Musei e Monumenti d’Italia 1 [ 1930] 18
Abb. 4).
2) Vgl. H. Lehner, Vetera. Röm.-Germ. Forsch. 4 (1930).

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