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II. Die Bildbesdireibung in der christlichen Zeit
A. Christentum und Heidengötter
Die religiöse Auffassung des Altertums gestattete den Griechen
und Römern, ihre Himmlischen zwar stets in überirdischer
Schönheit strahlend darzustellen, allein dabei innerhalb einer wei-
ten Skala zu schwanken, die vom rein geistigen Abstrakten, von
der zartesten und verschwiegensten Hingabe des Menschenherzens
an das dunkle Rätsel des Ewigen, und von den zaghaften Versus
chen, greifbare Form für die unaussprechliche Sehnsucht des Her ¬
zens zu finden, bis zu der derbsten irdischen, sogar komischen Ver-
menschlichung der Götter reichte. Diese Vielgestaltigkeit brachte
es mit sich, daß die alten Heidengötter zwar durch das ganze Mit-
telalter fortlebten, doch in sehrverschiedenerWeise beiTheologen,
bildenden Künstlern, Gelehrten und Dichtern.
Die christlich-monotheistischen Theologen vermochten sich nicht
mehr in das Wesen der antiken Vielgötterei hineinzudenken: in jenes
Nebeneinander verschiedener Ortsgottheiten, oder in den mannig-
fachen Ausdruck, den ein nämlicher religiöser Gedanke bei einem
mit schöpferischer Phantasie begabten Volke finden kann, noch in
die Zerspaltung eines einheitlichen Begriffs in zahlreiche sekundäre
Inkarnationen. Für die christlichen Schriftsteller von den Kirchen-
vätern bis ins 15. Jahrhundert ist ihre Gottheit nicht, wie es bei Pulci
sein wird, einfach eine neue Formulierung des seit den Anfängen
der Menschheit bestehenden einen religiösen Gedankens, sondern
sie ist eben ein „anderer" Gott,der die bisherigen unrechtmäßigen
Inhaber des Himmelsthrones beiseitestieß. Für die Apologeten
und Kirchenlehrer waren die Heidengötter im tiefsten Grunde
Teufel, die sich als Götter ausgaben, wirklich existierende „dae-
monia", welche die Menschen verführten und antrieben, falsche
Götzenbilder anzubeten. Diese Götzen waren dabei ursprünglich
einfach Naturkräfte, die man vergottete, oder auch euhemeristisch
bedeutende Menschen gewesen, die im Andenken der Nachwelt
 
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