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blütigkeit schließen lasse; die Patagiosaurier gehörten nicht mehr
zu den Reptilien, sondern stellten sich gleich den Vögeln zwischen
Reptilien und Säugetiere. Aehnliche Anschauungen vertritt Haeckel
(1895) und dehnt diese auch auf die Dinosaurier aus, die er,
wie schon erwähnt, mit den Patagiosauriern zu den Dracones ver-
bindet. Ich habe mich 1888 eingehender über die supponierte
Verwandtschaft der Patagiosaurier mit den Vögeln geäußert und
eine Abstammung der letzteren von den ersteren abgelehnt; das
streptostyle Quadratum der Vögel läßt sich nicht von dem monimo-
stylen der Patagiosaurier ableiten, und zwischen der Bildung
der Vogel- und Patagiosaurier-Hand gähnt eine Kluft, über die
keine von den Patagiosauriern kommende Brücke führt — ganz
von anderen nicht minder erheblichen Differenzen zu schweigen.
Aber auch für eine Abstammung der Vögel und Patagiosaurier
von einem gemeinsamen Vorfahren erweisen sich die positiven
Instanzen, die dafür herangezogen werden könnten, nicht prägnant
genug, um den negativen gegenüber das Uebergewicht zu bilden;
meist sind die Aehnlichkeiten Parallel- oder Konvergenz-Analogien
und halten einer geschärften Beobachtung und Beurteilung nicht
stand. Entferntere Verwandtschaften sind gewiß vorhanden, die
gemeinsame Wurzel liegt aber sehr tief, und nach wie vor bin ich
geneigt, die Patagiosaurier, wie hoch und einseitig und in unver-
kennbarer Analogie zu den Vögeln sie entwickelt sind, doch zu
den Reptilien zu rechnen und nicht zwischen diese oder die Vögel
zu stellen.

Die von Seeley und Haeckel behauptete und von mir 1888
besprochene Warmblütigkeit der Patagiosaurier halte ich nach
wie vor für eine sehr diskutable Hypothese, finde auch bei den
Patagiosauriern mit ihrem relativ großen Gehirn, ihrer hohen
Organisation, der recht vogelähnlichen Anordnung und Verteilung
ihrer Osteopneumaticität und ihren vermutlich recht kräftigen und
intensiven Flugbewegungen eine Anzahl Instanzen, welche dieser
Vermutung sich nicht ungünstig erweisen; wie es mit dem Wärme-
schutz ihrer Haut stand, ob die Schuppenbekleidung derselben
bereits zur Bildung haarähnlicher Federn tendierte, ist noch nicht
aufgeklärt. Die Annahme der Homöothermie der Patagiosaurier
verfügt aber jedenfalls über bessere Faktoren als diejenige der
Homöothermie der Dinosaurier. Daß Haeckel aber diese Hypo-
these nicht bloß auf die ersteren beschränkte, sondern auch auf
die letzteren ausdehnte, war eine durchaus berechtigte, konsequente
Handlung. Beide Abteilungen verfügen über die gleichen Momente,

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