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Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern [Hrsg.]; Württembergischer Altertumsverein [Hrsg.]; Württembergischer Anthropologischer Verein [Hrsg.]; Württembergischer Geschichts- und Altertumsverein [Hrsg.]
Fundberichte aus Schwaben — 16.1908

DOI Heft:
Alamannisch-Fränkische Zeit
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Goessler, Peter: Alamannische Grabfunde aus Obereßlingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.43786#0109
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■schlägrest, 2 Schnällchen,. 1 Zierplättchen, 6 Riemenzungen; 2 Elfen-
beinreste in Bronzefassung; endlich aus Eisen 2 Messerchen.
Alamannische Funde sind in der Umgegend Eßlingens nicht selten
beobachtet worden; am berühmtesten sind die 1857 bei Rudern auf
dem sagenumrauschten Ölberg unweit des Wartturms gemachten
Goldfunde. Cannstatt, Untertürkheim, Mettingen, Altbach, Berk-
heim ergaben gelegentlich alamannische Waffen und Schmuckstücke
vorwiegend des 6. Jahrhunderts. Den Römerspuren folgten unsere
alamannischen Vorfahren, als sie vom 3. Jahrhundert 11. Chr. ab in
immer stärker werdendem Ansturm der römischen Herrschaft bis zu
den Alpen südlich und dem Wasgenwald westlich ihr Ende bereiteten.
Sie liebten — das sagt schon Tacitus von den Germanen überhaupt —
Einzelsiedlung. Dem entspricht auch die Vereinzelung der Gräber
und die Anlage kleiner Grabfelder bei den Alamannen. Wir haben
es hier sicher mit einem Familienbegräbnisplatz zu tun, vielleicht Vater,
Sohn und Mutter. Der Schmuck häufte sich nur im Grabe der Frau;
die zwei andern wurden einfach begraben, zu einfach, als daß wir an
das Sippenhaupt, dessen Namen wir aus „Eßlingen“ erschließen müssen,
an den Azzilo oderHetsilo denken dürfen. Aber der Fund verknüpft sich
doch mit der ältesten Geschichte Eßlingens, die man mit Recht
früher schon, vor allem der Tübinger Kirchenhistoriker Karl Müller
in seiner Arbeit: „Die Eßlinger Pfarrkirche im Mittelalter“, Württ.
Viertel].-H. f. Randesgesch. 1907, S.237 bes. S. 245 ff.: „Wo lag das
alte Eßlingen?“ in Obereßlingen gesucht hat! Im Jahr 866 wird ur-
kundlich erwähnt eine „cella“ mit dem Reib des h. Vitalis, genannt Het-
silinga „im Neckargau gelegen über dem Neckarfluß,, und ein daselbst
bestehender Markt aus Karls des Großen Zeit; die Zelle selber ist aber
schon 777 urkundlich erwähnt. Diese Benennung setzt die Existenz
einer Ansiedlung voraus, die nach altalamannischem Brauch nach einem
Sippenhaupt genannt ward die Siedlung zu den „Hetsilingen“, d. h.
den Deuten, dem Geschlecht des Hetsilo oder Azzilo. Das Christentum,
das die Zelle für die Gebeine des h. Vitalis gründete, und zwar auf dem
vom Alamannen Hafti dem Abt Fulrad von S. Denis geschenkten Grund
und Boden, ließ sich etwa um den Anfang oder die Mitte des 8. Jahr-
hunderts nicht direkt in der alamannischen Siedlung, aber in der alten
Dorfmarkung nieder.
Die ältesten alamannischen Spuren weisen also schon urkundlich
in die Nähe der heutigen Stadt Eßlingen, die aus der Vitaliszelle und
ihrem Markt erwachsen ist, nach dem oberen Eßlingen. Und dafür
paßt die durch den Grabfund festgestellte alamannische Siedlung
von Obereßlingen vorzüglich. Sie stimmt dazu auch in der Zeit. Das
Band- und Flechtwerk, das hier schon kräftig entwickelt ist, beginnt
im 6. Jahrhundert; es ist hauptsächlich nordischem Einfluß zuzu-
schreiben, wie auch die ganze Tierornamentik. Der nicht mehr ganz
naive Ausdruck der Zierscheibe mit dem Danzenreiter, das Fehlen der
Gewandfibeln, das ausschließliche Vorkommen der Schnallen, die
Ähnlichkeit der Schmuckkette mit unseren ins 7. Jahrhundert und
später zu setzenden Pfahlheimer Funden, die geringe Zahl der Waffen-
 
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