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Ganz, David
Barocke Bilderbauten: Erzählung, Illusion und Institution in römischen Kirchen 1580 - 1700 — Petersberg, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.13166#0383

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Einführung / Kapitel 1 (S. 16-43)

57 Das hat John Pope-Hennessy gegen die bis dahin vorherrschende
Meinung, der Entwurf stamme vom Architekten Carlo Maderno,
überzeugend nachweisen können. Zwei Zeichnungen Domeni-
chinos in Windsor zeigen, dass dieser bei der Gestaltung weitge-
hende Freiheiten hatte, vgl. Pope-Hennessy 1948, S. 73-74. Die
Ausführung der Stuckarbeiten lag in verschiedenen, ansonsten un-
bekannten Händen, für die figürlichen Elemente wird traditionell
eine Beteiligung Jacques Mazarins angenommen, vgl. Spear 1982,
S. 254-55.

58 Passeri 1674 (1934), S. 45.

59 Auf die Vorbildfunktion von Deila Portas Gewölbegliederung im
Langhaus für Domenichinos Gewölbegliederung verweist Kum-
mer 1987, S. 198.

60 Dazu kommt, dass die trapezoide Form der drei geschlossenen
Bildfelder in Verbindung mit den sich verjüngenden „costole" als
perspektivische Verkürzung (annähernd) rechtwinkliger Malflä-
chen gelesen werden kann (Hinweis Ulrike Ganz).

61 Passeri 1674 (1934), S. 45 beschreibt die gerahmten Bilder in der
Apsis als „quadri colä sü riportati". Ansonsten geht die Vitenlite-
ratur nicht auf Unterschiede in Rahmung und Bildstatus der Fres-
ken ein.

62 Gemeint ist kein tatsächliches Einnehmen solcher Positionen, son-
dern ein Rollenangebot, welches sich immer schon im Kontext der
bildlichen Kommunikation bewegt. Hier wie im folgenden dienen
die *-Symbole der Markierung solcher fiktionaler Produzenten-
bzw. Rezipientenrollen innerhalb der Bilderzählung.

63 Eine vergleichbare Opposition entwickelt Bryson 1983 (2001),
S. 117-63 unter den Begriffen „gaze" (distanzierte, reflektierte Be-
trachtung) vs. „glance" (körpergebundenes, flüchtiges Schauen),
ohne jedoch in seine Unterscheidung die semiotische Schwelle
zwischen „Bild" und „Leben" einzubeziehen. Näher an der
Schwellenproblematik liegt die klassische soziologische Opposi-
tion von „Leilnehmer" und „Beobachter", die jedoch wiederum ge-
rade nicht auf eine Differenz zwischen Modi des Visuellen abhebt.
Vgl. auch Mitchell 1994, S. 329-44.

64 Vgl. Spear 1972.

65 Spear 1972, S. 16.

66 Zu einzelnen Anwendungen vgl. Lavin 1980, S. 44-46; Kessler
1992, S. 288-90; Lindemann 1994, S. 106-07.

67 Vgl. die von W. Kemp 1994 vorgeschlagene Unterscheidung eines
„narrativen" und eines „thematischen" Modus in der christlichen
Bildkunst des Mittelalters.

68 So Thürlemann 1990, S. 44.

69 In der Tat scheint Spears Beitrag wissenschaftsgeschichtlich dem
Kontext der Modus-Diskussion anzugehören, welche die Kunst-
geschichte in den sechziger Jahren beschäftigte, vgl. Bialostocki
1961.

70 Nach Fastenrath 1990, lässt sich der Terminus „quadro riportato"
historisch für einen Kreis von Künstlern, Sammlern und Kunst-
verständigen im römischen Seicento fassen, dem unter anderem
auch Domenichino, Bellori und Passeri angehören (zu letzterem
vgl. Anm. 58).

71 Zur Analyse fiktionalen Erzählens grundlegend Genette 1991
(1992); Iser 1993.

72 So zuletzt etwa Bernini 1982 und Schleier 1983.

73 Schon die Vitenliteratur führte dieses Verwandtschaftsverhältnis
ein, vgl. Bellori 1672 (1976), S. 372. Kunsthistorische Beiträge:
Posse 1919, S. 146; Cavaliere 1951; Gloton 1965, S. 97-120; Ricco-
mini 1980; Kessler 1992, S. 221-23. Kritisch zu dieser Ableitung,
aber weder in der Analyse Correggios noch in der Lanfrancos
überzeugend: Morel 1984.

74 Vgl. Shearman 1980, S. 291.

75 Vgl. den ausführlichen Kommentar zu Carlos Beschreibung bei
Turner 1971.

76 „Resta che si tocchino alcune cose de\Yinventione, nella quäle alcu-
ni ingegni hanno havuto occasione di dubitare non leggermente,
non considerando, che la pittura, come la poesia, fabrica l'imagini,
e s'appartiene alla virtü fantastica, et hä licenza di porre insieme co-
se con qualche verisimilitudine, che per altro non si potriano con-
giungere, e ch'ella di piü ha ottenuto privilegio sopra il potere del-
la natura d'aggiungere i tempi giä molto prima passati al presen-

te [...] et che salva questa impossibilitä; resa perö verisimile da
qualche artificio, sotto la coperta deWanacronismo, ch'e una licenza
di abusare senza biasimo delle diversitä dei tempi in un istesso mo-
mento." (zit. nach Turner 1971, S. 323).

77 Auf den Zusammenhang zwischen Kuppelinschrift und Chorfres-
ken weist bereits Lindemann 1994, S. 96 hin.

78 In diese Richtung geht auch Carlos Beschreibung: „Onde s'imagi-
nö il pittore, che, mentre i fedeli assistono ai tremendi misterij del
sacro altare [...] ö taciti, raccolti in se stessi contemplano la propria
miseria [...] squarciandosi l'aria, et aprendosi il Cielo per lo benig-
no raggio del primo lume [...] venga ä disvelarsi in cotal guisa ä gli
occhi dei divoti Oratori la gloria Celeste [...]." (zit. nach Turner
1971, S. 324). Vgl. auch Kapitel 2.2.

79 Kemp 1996, S. 163.

80 So bereits Lindemann 1994, S. 102-04 gegen Möseneder 1988. Mö-
seneder stellt die wenig stichhaltige These auf, die Laterne sei in
Sant'Andrea della Valle und in vergleichbaren Kuppeldekoratio-
nen durch Betonung ihres architektonischen Charakters als „zum
Fresko nicht unmittelbar zugehörig" (S. 239) ausgegrenzt. Vgl. da-
zu auch Kapitel 2.3.

81 Zur Deutung der ikonographischen Attribute vgl. Spear 1982,
S. 248-50.

82 Grundlegend zur „Doppelwertigkeit" der neuzeitlichen Bildfläche
Pächt 1986, S. 17-58 mit Ausführungen zur „Doppelwertigkeit der
projektiven Form" bei den frühen Niederländern, sowie Imdahl
1988, S. 84-98 zur Verschränkung „wiedererkennenden Sehens"
und „sehenden Sehens" in der Malerei seit Giotto. Vgl. auch Bogen
1999a.

83 Zu Zuccaris Zyklus in der Cappella di San Giacinto zuletzt AciDl-
ni Luchinat 1998-99, Bd. 2, S. 234-46; S. Schütze 1999 und Schal-
horn 2000, S. 218-19.

84 Zu Details der dargestellten Szene vgl. S. Schütze 1999, S. 244-50.
In symmetrischer Entsprechung dazu ist das Bild auf der gegen-
überliegenden linken Seitenwand gestaltet, das die Einkleidung
Hyazinths durch Dominikus zum Thema hat. Hier sind im Hinter-
grund des Bildes über den Protagonisten drei Teppiche aufge-
hängt, die von weiteren Ereignissen im Zusammenhang mit der In-
itiation Hyazinths berichten: Hyazinth wird Zeuge eines von Do-
minikus bewirkten Wunders, Ivo vertraut den jungen Heiligen Do-
minikus an, nach der Aufnahme in den Orden wird Hyazinth mit
anderen Novizen nach Osteuropa entsandt; vgl. ebda., S. 242-44.

85 Vgl. W. Kemp 1995a mit Hinweisen zur Theorie des „embedding"
in den Literaturwissenschaften; vgl. auch Thürlemann 1990, S. 91-
109.

86 Vgl. Füredy 1989.

87 Mehr zu diesem Thema in Kapitel 7.2.

88 ELßNER 1999, S. 82. Vgl. auch Feldtkeller 1989, S. 20: „Eine für sich
zu beurteilende äußere Schicht [...] stellt sich nicht als Verkleidung
der Wand dar [...], sondern gibt in ihrem pseudo-tektonischen [...]
Charakter vor, selbst das Ganze der Architektur auszumachen."
Ähnlich Hoffmann 1980, S. 208: „Das Konzept einer Säulen-Wand-
Architektur als selbsttragendes Gliedergerüst mit Füllwänden [...]
ist ästhetisch-logisch und hat nichts mit der tatsächlichen Kon-
struktion und Statik des Bauwerks zu tun."

89 Feldtkeller 1989, S. 20. Vgl. auch Kapitel 3.1.

90 Gleichzeitig mit der Ausfreskierung von Langhaus und Chor wur-
de das Langhaus weiss getüncht, die erste Zahlung dafür ist für Fe-
bruar 1625 belegt, vgl. Hibbard 1971, S. 152; Spear 1982, S. 256,
Anm. 71.

91 Kummer 1987, S. 198 interpretiert Deila Portas Gurtengliederung
des Langhausgewölbes als „Vorkehrung" des Architekten im Hin-
blick auf eine zukünftige Ausmalung des Gewölbes: „Indem er
selbst das Grundmuster für eine potentielle Dekoration mittels des
Gurtenrasters vorgab, konnte er der Willkür eines Malers, der sich
den Gegebenheiten der Architektur möglicherweise widersetzen
würde, rechtzeitig vorbeugen."

92 Diese Modellüberlegung soll veranschaulichen, wie die narrative
Topologie des Bilderbaus und die liturgische Topologie des Kir-
chenraumes in Beziehung treten können. Die Erzählung des Bil-
derbaus konstituiert einen Interaktionszusammenhang für die
Kirchenbesucher, der aufgrund seiner offenen Struktur ständig mit

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