Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 30.1917

DOI article:
May, Ernst: Friedhöfe in Russisch-Polen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21302#0074

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
cmdererLänder antreffen wer-
den. Dieses Wesen polnischer
Friedhöfe zu erläutern, soll
meine Aufgabe sein. Die bei-
gefügten Skizzen werden
meine Ausführungen unter-
stützen. Mit dem Instinkt der
Ursprünglichkeit, von west-
licher Überkultur noch nicht
angekränkelt, empfanden die
Bewohner Russisch-Polens
nicht nur, daß die Wahl des
Platzes von grundlegender
Bedeutung für die Wirkung
eines Friedhofes ist, sondern
verstanden es auch, bei der
Auswahl hierzu geeigneter,

Der Fiiedhof von Grosdowitsche liegt auf einer kleinen Anhöhe in leicht gewelltem Gelände, landschaftlich hervorragender
Er wird von einer großen Birke überragt und von einem Holzbalkengeländer umzäunt, das DunWö olno Tnolc^o^lli^a "Ra
sich weich der Bodenbewegung anschmiegt. r/UnKte eine meiSteriiaie De-

gabung an den Tag zu legen.

aus solchem Geiste dann Ernstes, Bleibendes Fast alle Anlagen liegen auf Hügeln und sind

zu schaffen, hat man in zahllosen Fällen die dadurch von weitem kenntlich. Neben der Ab-
Soldatenfriedhöfe an der Front im Geiste etwa sieht, die Friedhöfe weithin sichtbar anzulegen,
großstädtischer Laubenkolonien mit tändelndem sind dabei auch praktische Gesichtspunkte maß-
Zierrat überladen. Wir wollen hoffen, daß es gebend gewesen; im Frühjahr und Herbst ver-
nach dem Friedensschluß möglich sein wird, solche wandeln sich ausgedehnte Teile der Ebenen
Verirrungen zu beseitigen, Anlagen zu schaffen, Russisch-Polens in Sümpfe, so daß oft nur die
die deutschen Geistes würdig sind. Anhöhen trocken bleiben. Zur Sicherstellung der

Wären wir noch im unklaren über die Leit- Entwässerung sind außerdem noch die meisten
gedanken, die uns bei Anlage der Soldatenfried- Friedhöfe, selbst solche auf steiler Höhe, von
höfe im Feindesland beherrschen sollen, zum einem ca. 1 m tiefen Graben umgeben. Fanden
mindesten in all den Fällen, bei denen es sich sich keine Hügel in der Nachbarschaft eines Dor-
darum handelt, noch während des Krieges Dau- fes, so suchte man einen Punkt der Ebene aus,
erndes zu schaffen, so könnten wir kaum besser der möglichst durch einen alten, geschlossenen
lernen was not tut, als durch eingehendes Stu- Baumbestand gekennzeichnet war. Nur wo es
dium und gefühlsmäßiges Erleben der altenLand- an solchen mangelte, schritt man zur Neuan-
friedhöfe, wie wir sie fast bei jedem größeren pflanzung. Wer den Feldzug im Osten mitge-
Dorfe Russisch-Polens antreffen. Die urwüchsigen macht hat, der kennt die typischen Birken- und
kraftvollen Anlagen atmen einen Geist der Ewig- Kiefern-Totenhaine, die schon von weitem die
keit, wie wir ihn tiefer kaum bei den Totenhöfen Nähe einer Ortschaft verkünden.

Was nun die Ausgestaltung
der Friedhöfe anbetrifft, so
kennt man eine Bepflanzung
mit Blumen nicht. Die Anlagen
sind ihremWesen nach Natur-
wachsungen. Ganz unregel-
mäßig werden die Gräber an-
gelegt. Wo gerade ein Platz
frei ist, wird ein Loch ge-
schaufelt und der einfache
Sarg unter feierlichem Absin-
gen von schlichten, ergreifen-
den Litaneien in die Erde
versenkt. Selbst Friedhöfe
von der gewaltigen Ausdeh-
nung des orthodoxen Fried-
hofes in Wilna entbehren
jeden Systems der Anlage.

Der Friedhof von Nowosjolki zeichnet sich durch seinen hervorragend schönen Kiefernbestand Die Gräber Werden ledig —

aus. Er ist hoch gelegen und bis zu 16 km weit sichtbar. Die Einfassung wird hier durch , j i • i i . n

eine niedrige Findlingsmauer gebildet. lieh durctl ein kleines, Oft nur

72
 
Annotationen